Betrugs-Skandal um Earth: Year 2066 - Der Early-Access-Abgrund

Steam zieht nach massiven Betrugs-Vorwürfen gegen das Early-Access-Spiel Earth: Year 2066 die Notbremse und nimmt den Titel aus dem Angebot. Wir klären, wie es zum Skandal um den Phantom-Entwickler Muxwell Bishop und die Killing Joy Studios kam.

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Wenn man Earth: Year 2066 in Aktion sieht, oder es sogar selbst spielt, möchte man glauben, dass das Möchtegern-Survival-Spiel die ersten Gehversuche eines angehenden Hobby-Entwicklers sind. Verwaschene Texturen, schwammige Steuerung und eine winzige »offene« Spielwelt, die aus kostenlosen Unity-Elementen zusammengeklatscht ist.

Doch weit gefehlt: Earth: Year 2066 wurde für 20 Euro im Steam Store als Early-Access-Version angeboten - mit Betonung auf »wurde«. Mittlerweile sah sich Steam aufgrund von Nutzerbeschwerden dazu gezwungen, das Spiel aus dem digitalen Marktplatz zu entfernen und allen Kunden den Kaufpreis zu erstatten. Aber bis dahin war es ein langer Weg.

Crowdfunding-Kampagne mit Gauner-Methoden

Die Geschichte von Earth: Year 2066, dem Entwickler »Muxwell Bishop« und Killing Joy Studios beginnt im November 2013 auf der Crowdfunding-Plattform IndieGoGo.

Muxwell Bishop hatte sich ein sehr bescheidenes Ziel für seine Crowdfunding-Kampagne gesetzt. Nur 500 US-Dollar wollte er für die Finanzierung seines Spiels Project Earth, von denen er aber nur 160 bekam. Der Kniff an IndieGoGo-Kampagnen: Der Entwickler darf jegliches Geld behalten darf, das für sein Produkt gespendet wird - auch bei einem nicht erfüllten Ziel (anders als bei Kickstarter-Projekten).

Ein Ausschnitt aus der »offenen « Spielwelt von Earth: Year 2066. Ein Ausschnitt aus der »offenen « Spielwelt von Earth: Year 2066.

Die Seite zur Project-Earth-Kampagne ist mittlerweile gelöscht. Allerdings berichten mehrere Nutzer auf Reddit, dass Inhalte auf der ursprünglichen Anteaser-Webseite gestohlen waren. Darunter waren ein Trailer, das Spielkonzept und mehrere Screenshots von dem russischen Entwickler-Studio Don Quixote. Allerdings tauschte Muxwell die Assets schnell aus, als bekannt wurde, dass die Inhalte gestohlen waren. Das Spiel selbst sollte eine Hommage an Fallout werden und ebenfalls in einer post-apokalyptischen Welt spielen.

Es ist bis heute unklar, wer Muxwell Bishop ist. Das Einzige, was man zu ihm findet, ist eine gelöschte Seite auf IndieGoGo. Auf Steam nimmt der Entwickler den Namen Muxwell Urban an, was darauf schließen lässt, dass es besagten Muxwell niemals gab und es sich um einen Phantomentwickler handelt.

Zweikampf mit Jim Sterling

Von der erfolglosen Crowdfunding-Kampagne lässt sich Muxwell nicht aufhalten und prescht mit einem neuen Namen weiter auf Steam Greenlight. Earth: Year 2066 schafft es durch den Greenlight-Prozess - zur großen Verwunderung der Steam-Gemeinschaft und des Gaming-Journalisten Jim Sterling, der das Spiel im Rahmen seines eigenen YouTube-Kanals ausprobiert.

Link zum YouTube-Inhalt

Schnell wird Sterling klar, dass das Spiel nicht seinen Erwartungen entspricht. Steam-Mitglieder machten in den Steam-Foren zum Spiel auf das Let's Play von Sterling aufmerksam. Muxwell kommentierte im Forum, dass er nicht wüsste, wer Jim Sterling sei. Sterling wiederum produzierte eine komplette Folge von seiner The-Escapist-Show Jimquisition über das post-apokalyptische Spiel.

Nach dem Beitrag sehen sich viele Leute auf Steam von dem Entwickler und seinem Spiel betrogen. Auf der Steamstore-Seite nutzte Muxwell zudem wieder gestohlene Inhalte. Ein Artwork zu Earth: Year 2066 ist nachweislich von Künstler Jonathan Robe geklaut und nur mit dem Titel des Spiels versehen worden. Findige Reddit-Nutzer entdeckten das Bild mit Hilfe der Google-Bildersuche und haben sich mit dem Künstler in Verbindung gesetzt um zu klären, ob Muxwell die Erlaubnis für das Foto hatte. Die hatte er nicht.

Die Gegenkampagne formiert sich

Der »offizielle« Trailer zu Earth: Year 2066 stieß ebenfalls auf harsche Kritik der Steam-Nutzer, woraufhin Muxwell den Trailer löschte und die angeblichen Macher des Trailers gefeuert hat. Gleichzeitig bezeichnet er den Trailer als Meisterwerk. Aber Muxwell hat nicht nur gestohlene Artworks und Trailer auf dem Buckel, sondern löscht und editiert ebenfalls Nachrichten in den Steam-Foren zu Earth: Year 2066, was wiederum extrem schlecht bei der Steam-Gemeinschaft ankommt und einen klassischen »Shitstorm« auf Reddit startet.

Reddit-Nutzer halten die Änderungen an ihren Foren-Einträgen in Screenshots fest. Reddit-Nutzer halten die Änderungen an ihren Foren-Einträgen in Screenshots fest.

Unbeirrt editierte Muxwell negative Meldungen zu seinem Spiel in Lobeshymnen um. Und natürlich ertappte ihn die Reddit-Gemeinschaft dabei schnell. Das Reddit-Mitglied »jrchaleil« fühlte sich besonders auf den Schlips getreten und startete die Gegenkampagne zu Earth: Year 2066, in der er dazu aufrief das Spiel bei Steam als Betrug anzuzeigen.

Muxwell hat nicht nur die Posts in Steam-Foren verändert und gelöscht, sondern auch seine Steam-Freunde zu positiven Reviews ermutigt. Auf die Vorwürfe angesprochen, dementiert er jegliche Verbindung zu den positiven Bewertungen und schaltete sein Steam-Profil auf privat. Aber die Reddit-Nutzer waren ihm erneut einen Schritt voraus und berichteten über die Freunde-Reviews.

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