Alan Wake: Q&A mit Remedy - Sam Lake und Matias Myllyrinne im Interview

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Dass das nicht unbedingt schlecht sein muss, erklären uns die Alan Wake-Macher von Remedy im exklusiven Interview.

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In Finnland hat man dank langer Polarnächte zu Licht und Dunkelheit ein ganz besonderes Verhältnis. Im südfinnischen Espoo arbeiten die Entwickler von Remedy Entertainment (Max Payne-Serie) seit einigen Jahren am Horror-Thriller Alan Wake. Im Frühling 2010 soll das Actionspiel nun endlich erscheinen. Wir haben Remedys Chefautor Sam Lake und den Managing Director Matias Myllyrinne zum Interview gebeten, um herauszufinden, ob aus Alan Wake wirklich der erwartete Action-Lichtblick werden kann.

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GameStar: Licht und Dunkelheit sind zentrale Elemente in Alan Wake. Die bisher bekannten Levels spielen ausschließlich bei Nacht. Wie wollen Sie die »Dunkelheit« in die Episoden einbauen, die bei Tageslicht stattfinden? Ist Alan tagsüber in Sicherheit?

Sam Lake: Wenn sich die Spieler zu irgendeinem Moment in unserem Thriller sicher fühlen, haben wir sicherlich etwas falsch gemacht. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Gefahr. Auch tagsüber gibt es jede Menge dunkler Orte.

Matias Myllyrinne: Natürlich sind Bereiche, die von Haus aus dunkel sind, auch zur Tageszeit gefährlich. Manchmal ist Wake gezwungen, ein dunkles Lagerhaus oder eine verlassene Mine zu betreten. Diese Orte könnte man klischeehaft nennen - wir nennen sie Klassiker.

Sam Lake hat sich nicht nur Max Payne, sondern auch Alan Wake ausgedacht. Sam Lake hat sich nicht nur Max Payne, sondern auch Alan Wake ausgedacht.

GameStar: In den bisher gezeigten Spielszenen wird Licht nur als eine weitere Waffe - vergleichbar mit einer Pistole - eingesetzt. Wie wollen Sie Licht außerdem noch als Spielelement einbauen? Wird es auch auf Licht- und Schattenwurf basierende Rätsel geben?

Matias Myllyrinne: Im Spiel sind Lichtquellen wie die Taschenlampe grundsätzlich wichtiger als konventionelle Feuerwaffen. Licht und Dunkelheit sind außerdem zentrale Spielelemente. Die »Dunkelheit« schützt Alans Widersacher, die so genannten "Taken.

Sam Lake: Das ganze Licht/Dunkelheit-Konzept bietet zahlreiche Möglichkeiten für Rätselsituationen. In erster Linie ist Alan Wake ein Actionspiel. Rätselelemente sind aber ebenfalls ein Teil der Spielerfahrung. Es gibt zum Beispiel Situationen, in denen die Spieler einen Weg finden müssen, ein von der »Dunkelheit« besessenes Objekt anzuleuchten um es zu zerstören.

Matias Myllyrinne: Licht ist viel mehr als eine Waffe. Wir sind sehr glücklich darüber, dass die verschiedenen Spielelemente bezüglich Dunkelheit als Feind und Hindernis und Licht als Werkzeug und Rückzugspunkt so gut im Spiel funktionieren. Darüber hinaus sind wir stolz auf die Art wie wir Licht und Dunkelheit nicht nur als Spielelemente, sondern auch als Schlüsselmotive in der Story verankern konnten.

Alan Wake - Screenshots ansehen

Episoden und Erzählweise

GameStar: Bisher wirkt Alan Wake noch sehr linear. Wake läuft durch schlauchförmige Wälder, bekämpft diverse Gegner oder flieht vor ihnen. Auf der anderen Seite soll die Spielwelt frei und offen erkundbar sein. Wie wollen Sie das kombinieren? Wird es Nebenaktivitäten geben?

Matias Myllyrinne: Ein großer Teil von Alan Wake basiert auf dem Entdecken der Spielwelt. Die einzelnen Gegenden im Spiel sind teilweise sehr weitläufig. Alan Wake ist zwar ein Open World-, aber eben kein Sandbox-Spiel. Wir als Entwickler wollen jederzeit die Kontrolle behalten, um aus jeder Szene das Maximum an Drama herauszukitzeln. Deswegen kann der Spieler nicht immer überall hin. Wir haben die Entwicklung von Alan Wake mit einem offeneren Designansatz begonnen, mussten aber an allen Enden Kompromisse eingehen. Ehrlich gesagt hat die Sandbox-Struktur für Alan Wake einfach nicht funktioniert. Letztendlich haben wir uns entschieden, Alan Wake storygetriebener und temporeicher, aber eben auch straffer zu gestalten. Ich bin über diese Entscheidung sehr froh, denn nun können wir eine starke Geschichte erzählen, ohne Gefahr zu laufen, dass die Spielerfahrung verwässert.

GameStar: Alan sieht auf den aktuellsten Screenshots viel erschöpfter und abgespannter aus als auf früheren Bildern. Ändert sich Wakes Aussehen im Spielverlauf? Wird seine Schlaflosigkeit »spürbar«?

Matias Myllyrinne: Schön, dass Ihnen das aufgefallen ist. Wir haben Alan Wakes Aussehen etwas angepasst um einen mitgenommeneren Charakter zu erschaffen - einen Menschen wie du und ich, der eine Grenzerfahrung durchmacht: Passiert das alles wirklich oder ist es nur in seinem Kopf? Wir wollten an Wakes Verhalten erkennbar machen, dass er in einem Alptraum festsitzt, in dem sein letzter Roman Wort für Wort Wirklichkeit wird. Diesem Typus tat ein etwas abgewrackteres Aussehen gut. Wakes Aussehen wird sich zwar im Spielverlauf nicht verändern, die Charakteranimationen werden seinen Geisteszustand aber hoffentlich in jeder Situation klar darstellen.

GameStar: Wie Max Payne ist auch Alan Wake ein düsterer, angeknackster Charakter. Warum erzählt Remedy Entertainment so gerne die Geschichten von Anti-Helden. Planen Sie, einmal ein fröhlicheres Spiel zu entwickeln?

Matias Myllyrinne: Wir wollten einen Schrifsteller als Hauptfigur, weil es unserer Ansicht nach zu einem Thriller passte. Ich finde, Spiele sind erwachsene Unterhaltung und unsere Charaktere müssen nicht alle ehemalige Navy Seals oder Ninjas sein. Alan Wake ist ein Durchschnittstyp in einer Extremsituation, der mit seinen Ängsten und Alpträumen klarkommen muss. Wake hat eine enorme charakterliche Tiefe und ist viel mehr als eine gewöhnliche, schablonenhafte Figur. Es war ein Vergnügen mit ihm an diesem Projekt zu arbeiten.

GameStar: Warum haben Sie sich für eine in Episoden unterteilte Erzählstruktur entschieden?

Sam Lake: In unseren früheren Spielen haben wir die Storystruktur eines Kinofilms verwendet. Filme sind aber viel kürzer als Spiele - deswegen muss man die Struktur bis zum Äußersten dehnen, damit es funktioniert. Die Länge einer TV-Serienstaffel entspricht mit ihrem Spannungsbogen viel eher der eines Spiels und ist deshalb als grundlegendes Modell ideal.

GameStar: Die Episoden die bisher zu sehen waren sind etwa 10-20 Minuten lang. Wie viele von diesen sind im Spiel enthalten und wie lang soll das Spiel als Ganzes sein?

Matias Myllyrinne: Leider kann ich euch darauf noch keine Antwort geben.

GameStar: Ist das Episodensystem eine Methode, Raum für zukünftigen Download-Content zu schaffen? Planen Sie DLC für Alan Wake?

Matias Myllyrinne: Die Episodenstruktur basiert ausschließlich auf kreativen Ambitionen. Wir haben noch keine Pläne für zusätzlichen Downloadcontent. Ich denke DLC ist ziemlich cool, aber wir werden keine Downloadinhalte einbauen, nur weil wir können. Es muss Sinn machen und sich für Entwickler und Spieler lohnen.

GameStar: Alan Wake ist klar von Twin Peaks inspiriert. Welche anderen Quellen in TV, Kino oder Literatur haben Sie als Inspiration verwendet?

Sam Lake: Stephen Kings Werke waren eine starke Inspiration für uns. Auch viele TV-Serien wie etwa Lost, um nur eine zu nennen. Es gibt überraschend viele Geschichten da draußen in denen der Hauptcharakter Schriftsteller ist. Da fallen mir Bret Easton Ellis' »Lunar Park« oder Paul Austers »Das Buch der Illusionen« ein. Ich persönlich empfand »Das Haus« von Mark Z. Danielewski als starke Inspirationsquelle. Das Szenario mit der verschrobenen amerikanischen Kleinstadt kennt man natürlich aus einigen Fernsehserien wie zum Beispiel »Ausgerechnet Alaska«.

Remedys Managing Director Matias Myllyrinne Remedys Managing Director Matias Myllyrinne

GameStar: Sie haben ein so überraschendes Ende für das Spiel versprochen, dass Sie sogar darüber nachdenken, unvollständige Testversionen rauszuschicken um mögliche Spoiler zu vermeiden. Ist Alan Wake um eine zentrale Storywendung herum gestrickt wie man sie aus Filmen wie The Sixth Sense, Memento oder The Machinist kennt?

Sam Lake: Das sind übrigens alles tolle Filme. Alle haben einen großen Storytwist am Ende, der mögliche Nachfolgefilme praktisch unmöglich macht. Alan Wake ist aber als Anfang einer größeren Geschichte konzipiert und muss deswegen ein Ende haben, das gleichzeitig der Beginn von etwas viel Größerem sein kann. Aber es geht gar nicht so sehr nur um das Ende, sondern allgemein um das Problem mit Spoilern. Wir hassen Spoiler, egal ob in Film, Fernsehen oder Spielen. Sie stehlen dem Publikum die Möglichkeit, die ganze Geschichte zu erleben und mindern deren emotionalen Effekt. Mit dem Ende von Alan Wake haben wir glaube ich etwas geschaffen, was es so vorher noch nie in einem Spiel gegeben hat. Ich werde darauf jetzt nicht näher eingehen - die Leute werden es verstehen oder nicht. Ich kann aber schon so viel sagen, dass wir die Spieler bis zum Ende an ihre Sitze fesseln wollen. Das bedeutet, dass sie nie wissen sollen, was hinter der nächsten Kurve lauert.

GameStar: Sie planen also bereits weitere »Staffeln« von Alan Wake?

Sam Lake: Ich hoffe und plane, dass Alan Wake eine bekannte Marke wird - etwas, das ein einzelnes Medium oder Spiel übersteigt. Hoffentlich verknüpft die Marke Alan Wake irgendwann mehrere Formen von Unterhaltung, inklusive zukünftiger Spiele. Ob dieser Traum wahr werden kann wird aber davon abhängen, ob das erste Spiel ein Erfolg wird oder nicht.

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