Ein gut gemachter Titel, der leider ein paar Macken hat.

Alan Wake von Remedy erschien ursprünglich exklusiv für die XBox und ging damit komplett an mir vorbei. Als ich neulich lesen konnte, daß das Spiel auch für den...

von Moldmaker am: 12.03.2012

Alan Wake von Remedy erschien ursprünglich exklusiv für die XBox und ging damit komplett an mir vorbei. Als ich neulich lesen konnte, daß das Spiel auch für den PC erscheint, habe ich zugeschlagen – ich mag Steam zwar nicht, muß aber zugestehen, daß diese Plattform gut funktioniert. Die Bezahlerei wickle ich mit Paysafecard ab, so daß ich nicht namentlich in Erscheinung treten muß – wie auch immer.
Alan Wake war also irgendwann auf der Platte. Der Anfang war vielverspre­chend – eine Art Tutorial, in dem die Grundzüge des Gameplays vermittelt werden. Gut gemacht, atmosphärisch, spannend. Das machte Lust auf mehr!

Worum es geht

Bei Alan Wake muß sich der Protagonist durch eine zunehmend surreal wer­dende Szenerie kämpfen, um seine Frau zu befreien, die von der „Dunkelheit“ gefangengehalten wird. Nach dem Tutorial, das einem als Alptraum des Prot­agonisten verkauft wird, springt die Handlung ins wirkliche Leben von Alan Wake, einem erfolgreichen Schriftsteller mit Schreibblockade, der mit seiner Frau Alice Urlaub in Bright Falls machen will, einem Kaff im Nordwesten der USA mit viel, äh, Gegend.
Und gleich zu Beginn geht eini­ges schief, zum Beispiel das Abholen des Schlüssels zur Ferienunterkunft. In diesem Ort scheint einiges nicht zu stim­men. In der Hütte selbst dann ent­gleist die Wirk­lichkeit, und Alan Wake stürzt in die Geschichte hinein, in der er zuerst eine Woche nach den soeben durch­lebten Ereignissen aufwacht und nur noch weiß, daß Alice einen Unfall hatte, er sie aber nicht finden kann. Wurde sie entführt? Jedenfalls ist sie in Gefahr – und Alan Wake macht sich auf den Weg, um ihr zu helfen. Dabei steht ihm ein geheimnisvoller Mitstreiter zur Seite, der ebenfalls Schriftsteller war und der die Dunkelheit kennt, und zwar so gut, daß er Alan immer wieder wichtige Hinweise geben kann. Dieser Aspekt verleiht der Geschichte zusätzliche Tiefe und sorgt für einige Span­nungsmomente.
Alan findet heraus, daß er in der Woche, an die er sich nicht erinnern kann, ein Manuskript verfaßt hat, dessen einzelne Seiten als sammelbare Objekte im Spiel herumliegen. Dieses Manuskript beeinflußt auch die aktuellen Ereignis­se und führt Alan immer tiefer hinein in die Handlung.

Spielaufbau

Das Spiel ist in Kapitel unterteilt; ursprünglich waren es sechs, aber zusam­men mit den zwei Add-Ons, die Steam gleich mit auf die Platte spült, sind es acht. Jedes Kapitel ist recht lang, so daß man mit einem Durchlauf auf etwa 12 Stunden Spielzeit kommt. Hört sich kurz an, ist es aber nicht. Wie bereits er­wähnt, setzt das Spiel selbständig Speicherpunkte. Freies Speichern ver­mißt man selten.
Die Einteilung in Kapitel strukturiert das Spiel stark; jedes Kapitel ist ein klas­sischer Schlauchlevel. Alan Wake ist das Gegenteil eines Open-World-Spieles. Dennoch kann es interessant sein, den jeweils zugänglichen Bereich gründlich zu erkunden bzw. abzusuchen, denn es gibt einiges einzusammeln – neben den obligatorischen Batterien, Waffen, Munition, Leuchtfackeln etc. auch sammel­bare Gegenstände wie Manuskriptseiten (später mehr dazu), Thermoskannen (deren Sinn sich mir bis jetzt nicht erschlossen hat; sie steigern jedenfalls nicht die Gesundheit, wie man erwarten könnte), oder ebenso sinnlose Wecker und Videospiele in den Add-Ons.
Alan hat immer ein bestimmtes Ziel, das oben links im HUD eingeblendet wird. Dort befindet sich auch die Gesundheitsanzeige, die als Zweidrittelkreis um das Radar herum gestaltet ist (warum es kein ganzer Kreis ist, habe ich auch nicht verstanden; anfangs erwartete ich immer, der ungenutzte Bereich würde später noch für irgendwas anderes verwendet, aber dem ist nicht so). Der gelbe Punkt auf dem Radar zeigt an, wohin man laufen muß – und manch­mal verliert man tatsächlich vollkommen die Orientierung. Im Zweifel läuft man immer zur nächsten Lichtquelle.

Schwierigkeitsgrad

Man kann zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen. Bei so etwas beginne ich immer mit „leicht“, und das war hier auch dringend nötig. Schon auf „leicht“ hatte ich teilweise meine liebe Mühe, die anstürmenden Gegnerhor­den zu bekämpfen bzw. ihnen zu entkommen. Im Verlauf des Spieles steigt der Schwierigkeitsgrad ständig an, wogegen im Prinzip nichts einzuwenden ist, aber gegen Ende, vor allem in den zwei Add-Ons, wird es einfach unfair. Bei­spiel: In einer Art Lagerhalle gibt es einen Kampf gegen die Dunkelheit, in dessen Verlauf man permanent sowohl von Schattenmännern als auch von Pol­tergeistern angegriffen wird – man stirbt schon ein paar Sekunden, nachdem man den Level betreten hat, und hat kaum eine Chance, tatsächlich gegen die Dunkelheit zu kämpfen. Ich habe es trotzdem irgendwann geschafft.
Dabei sind die Kämpfe im Prinzip nicht sonderlich schwierig; die Schwierig­keit wird einfach durch die Länge der zurückzulegenden Strecke, die Anzahl der Gegner und gegebenenfalls akuten Munitionsmangel erzeugt. Spannend ist so etwas nicht. Anfangs betrachtet man es noch als Herausforderung, da­nach empfindet man es als repetitiv und irgendwann nervt es, den letzten Kontrollpunkt zum dritten oder vierten Mal starten zu müssen, bis man end­lich den rettenden Lichtkegel erreicht hat.
Ich habe ein XBox-Gamepad verwendet, aber das ist für dieses Spiel nicht un­bedingt die erste Wahl. Die Gegner spawnen vorzugsweise hinter Alan, so daß er sich immer erst umdrehen muß, bevor er dem Schattenmann (es sind nie Frauen!) mit Taschenlampe und Revolver zuleiberücken kann. Mit dem Game­pad dreht er sich nicht schnell genug herum – mit dem Resultat, daß Alan schon einen oder zwei Hiebe einstecken mußte, ohne sich wehren zu können. Hier ist man mit der Maus besser bedient.

Spielwelt und Grafik

Die Spielwelt ist erstaunlich groß und detailliert. Obwohl die Grafik mögli­cherweisen den höchsten Ansprüchen nicht genügt, ist sie doch gut genug, um die Atmosphäre gelun­gen herauszuarbeiten. Ich habe nichts daran auszuset­zen. Alan bewegt sich gelegentlich etwas ungelenk.
Es ist fast nie hell. Nur in kurzen Passagen darf Alan sich mal im Sonnen­schein bewegen. Aber keine Sorge, es wird bald wieder dunkel …
Es gibt sowohl Innen- als auch Außenlevel, durch die Alan sich durchbewegen bzw. -kämpfen muß. Wie bereits erwähnt, lohnt es sich, die Augen offenzuhal­ten – mit fortschreitendem Spielverlauf allerdings ist man froh, den nächsten Kontrollpunkt erreicht zu haben, und verzichtet dann gerne doch mal auf die verpaßte Manuskriptseite.
Auf meiner Hardware, die ich vor einiger Zeit aktualisiert habe, läuft das Spiel jederzeit mit Frameraten zwischen 60 und 70 FPS absolut flüssig, wobei die Lüfter der Grafikkarte hörbar aufdrehen, vor allem, wenn Alan sich in einen Lichtkegel gerettet hat. Das Spiel ist für moderne Hardware kein Problem.

Gameplay

Die Handlung wird automatisch vorangetrieben. Das aktuelle Missionsziel er­gibt sich also von selbst. Alan muß also einen bestimmten Ort erreichen und dabei die verschiedensten Schauplätze durchqueren, mit Vorliebe jede Menge Wald, aber auch ein Sägewerk, die Polizeistation, eine verfallene Farm, einen Staudamm, das Städtchen selbst, ein Umspannwerk usw. Hierbei trifft Alan immer wieder auf die Dunkelheit, die ihn aufhalten will, sei es mit Besessenen oder mit Poltergeistern (oder beidem gleichzeitig).
Es gilt die einfache Regel: Versorge dich mit Schießeisen jedweder Art und passender Munition – und vor allem mit einer Taschenlampe! Dieses ganze Zeug ist an bestimmten Stellen der Spielwelt zu finden, und man sollte sich kräftig bedienen, denn jederzeit tre­ten Alan Wake schattenhafte Gegner ent­gegen, die mit Äxten nach ihm hauen oder sie nach ihm werfen. Im Spiel ist es fast immer Nacht, und die erwähnten Gestalten sind von der Dunkelheit Be­sessene, die das Licht scheuen. Richtet man den Strahl der Taschenlampe auf sie, halten sie inne – und man kann ih­nen mit dem Revolver oder einem ande­ren Schießeisen Treffer verpassen. Nach zwei, drei, manchmal auch erst vier Tref­fern lösen sie sich in Luft (oder Dunkelheit) auf. Die Lichtkegel von Lam­pen sind Rettungsinseln für Alan Wake. Schafft man es bis zu einem Lichtke­gel, steigt die Gesundheit schnell wieder auf Maximum, und es wird ein (dau­erhafter) Speicherpunkt gesetzt.
Alan Wake erzählt eine Geschichte, und das sehr gut. Hierbei driftet die Sze­nerie immer mehr ins Surreale ab. Am Ende, in den beiden Add-Ons, ist Alan Wake dem Wahnsinn nahe – und entsprechend sind die Schauplätze gestaltet. Das ist sehr gelungen und richtig gut gemacht. Leider haben die Entwickler etwas zu längliche und repetitive Lauf- und Kampfpassagen vorgesehen, die nur ab und zu wirklich interessant sind, wenn man beispielsweise Unterstüt­zung durch die Polizistin des Kaffs erhält. Dann macht die Kämpferei auch mal rich­tig Spaß, genau wie in den Fahrpassagen, wo man die Besessenen mit dem Auto umnieten kann. Vor allem in den späteren Kapiteln sehnt man sich das Ende der Lau­ferei aber genauso herbei wie Alan selbst.

Audio

Die deutsche Synchronisation ist insgesamt einigermaßen gut, mit Ausreißern nach unten. So geht einem Barry, der Agent und Kumpel von Alan, richtig auf die Nerven. Vielleicht soll das sogar so sein, weil Barry eigentlich ein aufge­blasener Blödmann ist, aber man muß so etwas nicht übertreiben. Wer will, kann auch die englische Sprachausgabe aktivieren, was nicht die schlechteste Wahl ist.
Es fällt auf, daß der Pegel zwischen den eigentlichen Spielabschnitten und den Zwischensequenzen unterschiedlich ist. Die Musik untermalt die Gruselatmo­sphäre recht gut.

Umfang

Ich habe etwa 19 Stunden Spielzeit für einen Durchlauf inklusive Add-Ons ge­braucht. Da jedes Kapitel enorm lang ist, kam es mir so vor, als ob ich län­ger gespielt hätte. Man kann nun natürlich noch einen weiteren Durchlauf star­ten, allerdings finde ich dafür nun wirklich keine Motivation. Wenn ich mir vorstelle, daß ich mich auf einem höheren Schwierigkeitsgrad noch einmal durch die ganze Gegend durchkämpfen muß, gruselt es mich mehr als vor dem Spiel selbst, auch wenn es seine Geschichte richtig gut erzählt. Das macht das konzeptionell nicht unähnliche Resident Evil 5 besser. Nach einem absolvierten Durchlauf hat man dort alle Waffen des ersten Durchlaufs von Be­ginn an zur Verfügung, und da sind dann schon einige richtig fette Wummen dabei. Das habe ich allein schon deshalb noch zweimal durchgespielt, um es den ganzen Ty­pen so richtig zu zeigen!
Möglicherweise werde ich Alan Wake später noch einmal spielen, aber im Mo­ment habe ich einfach keine Lust dazu.

Fazit

Alan Wake ist ein sehr gut gemachtes Action-Adventure, das daran leidet, daß die Kampfpassagen zu lang und zu repetitiv ausfallen. Das Spiel an sich ist packend, die zugrundeliegende Spielidee gut und die Atmosphäre überzeu­gend. Einfach klasse ist, wie man den zunehmenden Verfall von Alan Wake und sein Abdriften in den Wahnsinn mitverfolgen kann. Alan ist zwar nicht un­eingeschränkt sympathisch, aber man möchte ihm dennoch helfen, aus dieser Klemme herauszukommen, in der er da drinsteckt.
Insgesamt ein gut gemachter Titel, der leider ein paar Macken hat.

Mm.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Detaillierte, realistische Umgebung
  • Sound: Gute Musikuntermalung
  • Balance: Viele gut gesetzte Speicherpunkte
  • Atmosphäre: Gelungene Horrorfilmstimmung, düsteres Ambiente
  • Bedienung: Mit Gamepad oder Maus+Tastatur gut spielbar
  • Umfang: Gut bemessene Länge
  • Leveldesign: Abwechslungsreich, viele Schauplätze
  • KI: -
  • Waffen & Extras: Begrenzte Waffenauswahl, aber passend
  • Handlung: Gut erzählte Geschichte, gegen Ende surreal
  • Grafik: Aus der Nähe matschige Texturen
  • Sound: Pegelunterschiede
  • Balance: Kämpfe gegen Ende zum Teil unfair
  • Atmosphäre: Teilweise nervende Synchronisation
  • Bedienung: -
  • Umfang: -
  • Leveldesign: Zu lange Lauf- und Kampfpassagen, Schlauchlevel
  • KI: KI trifft gelegentlich zu gut (Poltergeister)
  • Waffen & Extras: Gelegentlich arger Munitionsmangel
  • Handlung: Viele Fragen bleiben offen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(4)
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