Ein Spiel, das zum Hassen einlädt!

Eigentlich kann man es sich ja leicht machen: von der Platte löschen und den 10€ auf dem Gebrauchtmarkt nachtrauern, aber trotzdem zieht man es bis zum bitteren...

von - Gast - am: 22.02.2009

Eigentlich kann man es sich ja leicht machen: von der Platte löschen und den 10€ auf dem Gebrauchtmarkt nachtrauern, aber trotzdem zieht man es bis zum bitteren Ende durch. Die Egomanie der Gamedesigner ist dann doch zu faszinierend und bietet mit 'Alone In The Dark 5' ein Musterbeispiel an misslungener Spielgestaltung.
Man möchte die Verantwortlichen am liebsten ebenfalls zur Hölle schicken. In diesem Fall würde ein Trip nach New York reichen, wo man als Edward Carnby sich mit Luzifer persönlich rumschlägt, der gerade die Metropole und vor allem den Central Park aufmischt.

Das Szenario ist genau mein Fall! Der Untergang der Stadt ist sehr ansehnlich ausstaffiert, aber an allen Ecken und Enden hakt es wegen dem unausgegorenen Ideenreichtum der Entwickler.

Das beginnt mit der berüchtigten Steuerung der Spielfigur. Nach der Lektüre einiger Kritiken war ich zwar vorbereitet, aber dass sich Edward in der Third-Person-Perspektive tatsächlich wie ein Sattelschlepper lenkt, erstaunt dann doch. In der umstellbaren First-Person-Einstellung fluppt es dann für Shooter-Geübte wesentlich angenehmer, das Spiel findet allerdings immer wieder Momente, die einem den Blickwinkel aufzwinken. Selten zum Vorteil des Spielers. Es nötigt mir fast schon etwas Respekt ab, wie man eine so dermaßen unkomfortable Bedienung durch sämtliche Qualitäts-Prüfungen eines millionenschweren Titels prügeln kann. Man gewöhnt sich zwar daran, aber dann geht das Spiel auch schon dem Ende entgegen.
Die Nahkämpfe mit allen Arten von Monstern sind viel zu oft Glückssache. Der Gegner ist weniger ein Schlurf-Zombie sondern generell flinker als Edward, der keine Faustkampf- oder Ausweich-Funktion besitzt. Man muss sich erstmal umständlich eine Waffe suchen oder bauen, z.B. einen Stuhl in Brand setzen und damit herumschwingen oder sonstwas Brennbares mit Klebenband, Tempos, Mückensprays, Alkohol, Autos usw., vorher geht nichts.
Richtig übel sind die zahlreichen Fahr-Szenen. Es gilt dann eine Strecke abzufahren, was bei einstürzenden Skylines und berstenden Strassen schön aussieht, spieltechnisch aber eben eine Katastrophe ist. Bei Fehlern ist Neustart angesagt und kein Wagen bietet eine nachvollziehbare Fahrphysik. Oder überhaupt eine Physik. Es ist mir gelungen, unfreiwillig ein Taxi mit 3km/h und einem Steuerradius von 2m auf's Dach zu legen! Das man jedes Auto in einem Minispielchen Kurzschliessen kann ist wieder eine der netten Ideen, die beim zehnten mal lästig werden. Das Motorengeräusch klingt bei jedem Wagen wie ein popeliger Fön, so dass sich beim Cruisen schönstes 'Out Run'-Feeling breit macht. Zum Finale verpufft da viel Dramatik. Das Heizen zwischen emporschiessenden Stalagmiten ist klasse, steuert sich aber wie ein Seifenkistenrennen.

Das Inventory hingegen ist gelungen angedacht. Kein Klicken durch Menüs, man blickt an seiner Spielfigur herunter, um die Jackentaschen zu inspizieren, ohne aus der Spielumgebung gerissen zu werden. Beim Heilen von Wunden verhält es sich genauso und erlaubt das Verarzten mit Bandagen und Eisspray 'live'. Schöne Idee - unzureichend ausgeführt, denn wenn man während eines Kampfs durch seine Taschen wühlt, pausiert das Geschehen leider nicht und kassiert dafür öfters mal eine unvermittelte Abreibung. Wenn man sein PDA aktiviert, hat man hingegen alle Zeit der Welt. Ausserdem kann man den eigenen Gesundheitszustand nur erahnen, wenn grade keine Zeit ist, seine Wunden zu beglotzen.

Und so gibt's erstmal Kloppe mit der Bedienung, bevor man effektiv gegen die Höllenbrut antreten kann. Der Plot ist wahrlich nicht komplex, bietet aber eigentlich genug Potential für Drama, Spannung und Horror. Selbst das bekommt man kaum auf die Kette, denn was hier zuweilen an Unvermögen in Sachen Story und Inszenierung aufgetischt wird, taugt zum Fremdschämen. Da wäre vor allem Sarah, auf die der Spieler anfangs trifft und die ihm leider nicht mehr von der Seite weicht, obwohl man sie bereits bei ihrem ersten Auftritt ohne zu zögern den Monstern zum Frass vorgeworfen hätte. Wenn Edward mal nicht Möchtergern-Cooles von sich gibt, plappert Sarah mit deplaziertem Oma-Stimmchen regelmäßig vollkommen Unpassendes vor sich hin. Die Regie der Zwischensequenzen mit Dialog ist bemerkenswert unfähig, was in einer gänsehautpeinlichen Liebesszene gipfelt. Angeblich hat der Autor von 'Sleepers' mitgewirkt, was ich mir bei soviel Unprofessionalität kaum vorstellen kann.

Was 'Alone In The Dark' vor dem Papierkorb rettet ist die stimmig gestaltete Umgebung. Im apokalyptischen Setting wäre es leicht zu versinken, würde man nicht ständig von irgendwelchen Macken aus dem Spielfluss gerissen. Die Monster sind sehr gut gestaltet und in mancher Situation tatsächlich eine bedrohliche Erscheinung. Im Nahkampf erinnern die Animationen dann eher an Harryhausen-Filme, aber das finde ich schon wieder gut. Die Rätsel sind nicht zu schwierig und bereiten keine Kopfschmerzen. Zum Ende hin wird's aber auch da dünn und zieht das Spiel mit einer elend langen Suche nach 'bösen Wurzeln' im Central Park auf dreiste Art in die Länge. Der Park überzeugt mit seinem Nebel, seiner Lichtsetzung und der endzeitlichen Atmosphäre als Grusel-Schauplatz vollkommen, aber diese stupide Schnitzeljagd bleibt ein Armutszeugnis der Entwickler. Kurz vor'm Finale gibt's dann noch ein paar 'Tomb Raider'-Einlagen, die auch nicht viel mehr Spaß machen...

Seinen ganz großen Moment hat das Spiel in einer ca. 15minütigen Szene. Dort ist man mit Sarah in einem engen Raum bei absoluter Dunkelheit gefangen und entwickelt eine Poltergeist-Situation, die wirklich extrem spannend ist! Das alleine und ein paar gute Momente rechtfertigen nicht unbedingt stolze 50€ und auch keine Klagen gegen Kritiker, die das Spiel beim Erscheinen vollkommen berechtigt abgestraft haben. Im Grunde ist man enttäuscht, weil das Spiel so viel mehr könnte und so viel verspielt, dass es einem eben nicht mehr einfach egal ist. 'Alone In The Dark' ist bestenfalls Mittelmaß, was überhaupt nicht sein müsste. Es ist mir schleierhaft, wie solche Extreme in einer Produktion zusammen kommen konnten. Da ist eine zeitgemäße Optik, ein großes Areal, ein verheissungsvoller Plot und viele durchaus wegweisende spielmechanische Ideen, aber eben auch eine dilettantische Steuerung, holprige Inszenierungen und unsympathische Charaktere. Man hat es da fast mit einem Phänomen zu tun.

Für einen Zehner vom Grabbeltisch können Genre-Freunde einen Blick riskieren. Der Rest wartet auf die Spiele, die wieder für Spieler gemacht werden und nicht für Spiele-Entwickler...


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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