Das bessere Amnesia

Im Jahr 2010 landete der Entwickler Frictional Games (bekannt geworden durch die Penumbra-Reihe) einen Indie-Volltreffer: Amnesia - The Dark Descent lehrte...

von marioworld2013 am: 05.10.2015

Im Jahr 2010 landete der Entwickler Frictional Games (bekannt geworden durch die "Penumbra"-Reihe) einen Indie-Volltreffer: "Amnesia - The Dark Descent" lehrte jeder Menge PC-Spieler das fürchten. Nur mir nicht...ich hab es irgendwie nie gespielt.

Höchste Zeit das Ganze nachzuholen!

Es ist dunkel, viel zu dunkel. Die Dunkelheit lässt mich bzw. meine Spielfigur den Verstand verlieren. Dazu diese Geräusche...wo kommen diese Schritte her? Hilfe, was knarzt da? Ich versuche mich noch tiefer in meine dunkle Ecke zu ducken, obwohl das gar nicht mehr möglich ist. Rums! Rums! Mist, "es" versucht, die Tür einzutreten, was mach ich nur? Das ist zu viel für mich. Ich breche zusammen, kann nur noch kriechen.

Wer "Amnesia - The Dark Descent" spielt, muss wissen, worauf er sich einlässt. Hier geht es um Horror. Und damit meine ich keinen billigen Ekel-/Splatterhorror mit Blutfontänen, umherfliegenden Körperteilen und matschigen Innereien. Ich meine wirklichen Horror. Horror, der vorwiegend im Kopf des Spielers abläuft, hervorgerufen von einer einzigartigen Atmosphäre aus Dunkelheit, furchterregender Soundkulisse, waffenloser Hilflosigkeit und... Unwissenheit!

Eben Amnesie: Ich wache in einer Burg im 19. Jahrhundert auf. Mein Name ist Daniel und ich bin auf der Flucht. Das ist alles, was ich zu Beginn des Spieles weiß. Wie ich hierher komme und warum und wovor ich flüchte - habe ich vergessen. Ich blicke mich um...da sind rote Flecken auf dem Boden. Vielleicht sollte ich dieser Spur folgen? Oder besser gerade nicht? Da liegt eine Notiz! Es ist die erste des Spiels und viele weitere werden folgen. Diese Notizen und einige "Flashbacks" erzählen die spannende, mitunter erschreckende Geschichte von "The Dark Descent". Wer die Notizen nur anklickt und ungelesen wegklickt, verpasst sehr viel von dem, was das Spiel ausmacht.

In der Burg ist es zumeist dunkel und Dunkelheit macht mir Angst. In meinem Inventar kann ich jederzeit nicht nur schauen, wie mein körperlicher Zustand ist, sondern auch mein geistiger. "Leichte Kopfschmerzen" steht da im Moment, damit kann ich noch leben. Verbringe ich zu viel Zeit in der Dunkelheit, wird aus den Kopfschmerzen mehr... um dem vorzubeugen kann ich Licht machen. Es gibt jede Menge Fackeln an den Wänden, die ich mit Hilfe von im Spiel zu findenden Zunderbüchsen entflammen kann. Doch Vorsicht! Mit den Zunderbüchsen sparsam sein, sie könnten ja ausgehen. Eine entzündete Fackel dient angesichts der teils verwinkelten Gänge auch als Markierung - ah! Da war ich schon mal. Darüber hinaus verfüge ich über eine Lampe. Doch auch die funktioniert nicht unbegrenzt, sondern benötigt Öl. Auch das muss ich immer wieder erst finden.

In klassischer First-Person-Ansicht schleiche ich mich durch die Burg, durchsuche die Räume, lese Notizen und packe die Gegenstände, die ich finde, in mein Inventar. Denn wie in einem Adventure muss ich auch in Amnesia Rätsel lösen, dafür Gegenstände finden, diese mitunter auch kombinieren. Die Herausforderung hält sich aber in überschaubaren Grenzen. Das Hauptelement des Spiels ist das Durchstreifen der Burg, das Finden des Ausgangs, der mich in den nächsten Abschnitt führt, das Erleben der Geschichte und das Angst haben. Dabei gibt es ruhige und gehetzte Abschnitte, was für Abwechslung und so manchen Adrenalinschub sorgt.

Technisch ist "Amnesia - The Dark Descent" sicher kein Meilenstein, aber grafisch absolut okay, zumeist ist es eh mehr oder weniger dunkel. Ein bisschen negativ fällt das Gegenstände-Recycling auf. Man findet in den Räumen immer wieder dasselbe. Schön ist die Möglichkeit, in die Welt zu greifen - eine Schublade klicke ich zum Öffnen nicht nur an, ich greife sie per Mausklick und schiebe die Maus zurück zum öffnen oder nach vorne zum Schließen. Die Soundkulisse sucht ihres Gleichen und trägt einen gewaltigen Teil zur Faszination des Programms bei. Dass das Spiel mitunter (bei eingeschaltetem V-Sync) etwas ruckelig daherkommt ist verschmerzbar. Die Texte im Spiel werden teilweise vorgelesen, allerdings nur auf englisch. Auf dem Bildschirm stehen sie aber auf Deutsch.

Über die Geschichte des Spiels möchte ich nicht mehr verraten, auch nicht darüber, welche Art von Bedrohung(en) uns in der Burg möglicherweise tatsächlich erwarten, das soll jeder selbst erleben. Und glaube mir, lieber Leser, es wird hart für Dich werden...spätestens, wenn Du in Todesangst erstmals ein Versteck im Dunklen suchst, Dich dafür verfluchst, dass Du so viele Fackeln entzündet hast und dann doch noch einen Schrank findest, Dich schnell versteckst und mit schweißnassen Händen darum betest, nicht entdeckt zu werden, während draußen die Geräuschkulisse tobt und Daniel vor lauter Angst kaum noch sehen kann.

Spielstände werden vom Spiel automatisch und regelmäßig erstellt. Sollte man den Bildschirmtod sterben, muss ich keine längeren Gebiete erneut durchstreifen.

Wer gar nicht genug Horror haben kann, der spielt "Amnesia - The Dark Descent" in einem abgedunkelten Raum, mit Kopfhörern und am besten alleine.

Der Horrortrip dauert - für die, die durchhalten und fleißig lesen - rund 10 Stunden und bietet drei unterschiedliche Enden, die allerdings alle nicht unbedingt herausragend sind...Doch zu Ende ist Amnesia dann noch nicht: Mit dabei ist nämlich noch ein kostenloses Addon namens "Justine". Das bietet nicht nur jede Menge Anspielungen auf "Portal" von Valve, sondern wartet zudem mit dem "Feature" auf, nicht speichern zu können. Wer stirbt, muss wieder ganz von vorne anfangen. Dazu ist man in "Justine" nicht ganz alleine...es gibt immer wieder Charaktere, die man durch das Lösen von Rätseln retten kann oder eben nicht... Justine dauert etwa ein bis zwei Stunden, je nachdem, wie schnell man die Rätsel knackt und wie oft man stirbt. Eine Stelle im Addon gibt es, die diesbezüglich extrem knackig ist und die möglicherweise beim einen oder anderen für entnervtes Aufgeben sorgt.

Daneben ist noch ein Nachfolger erschienen: "Amnesia - A Machine for pigs". Warum ich den nicht so gut gelungen finde, habe ich bereits in einem anderen Test erklärt.

Fazit: "Amnesia - The Dark Descent" gilt nicht zu Unrecht als das Spiel, dass das Horrorgenre zurück auf den Bildschirm gebracht hat. Etliche Nachahmer lassen sich inzwischen finden, aber Amnesia hat auch 5 Jahre nach Erscheinen nichts von seiner Faszination verloren. Ja, die Rätsel könnten mitunter etwas anspruchsvoller sein. Ja, irgendwann kommt der Punkt, an dem ich mich ein wenig an den Horror des Spiels gewöhnt habe und das eine oder andere Mal bin ich trotzdem von selber wirklich nicht darauf gekommen, wie man an einer bestimmten Stelle weiter kommt (was natürlich auch an mir liegen kann). Aber es ist Horror in seinem eigentlichen Sinne. Das Spiel kommt größtenteils ohne Jumpscares aus und ganz ohne Ekeleffekte, dennoch sollte man sich überlegen, ob das Spiel das Richtige für einen ist. Zu zart besaitet sollte man sicher nicht sein. Auch angesichts des mehr als ordentlichen Umfangs lässt sich der Preis von knapp 20 Euro durchaus rechtfertigen. Amnesia ist aber häufig auch bei GOG oder Steam im Sonderangebot zu einem Bruchteil des Betrags erhältlich.

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Geniale Soundkulisse
  • ordentliche Grafik
  • bei Laune haltende Horrorgeschichte
  • beängstigende Atomsphäre
  • Umfang
  • Kostenloses Add-On enthalten
  • Rätsel vielleicht etwas zu leicht
  • Keine anderen Personen im Hauptspiel
  • 3 Enden, die aber alle eher mau sind.

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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