Rund 80 Trittbrettspiele
Der erste Landwirtschafts-Simulator erschien im April 2008 und löste einen ungewöhnlichen Boom aus: eine Welle von Spielen, die angeblich keiner mag, die sich aber trotzdem verkaufen wie geschnitten Brot. Die vergleichsweise aufwändig produzierten, traditionsreichen Flight- und Train Simulators dieser Welt und deren Ableger nicht mitgerechnet, finden sich in den Läden momentan rund 80 aktuelle Trittbrettspiele, die das Wort »Simulator« im Titel tragen. Meist geht’s um Berufe: Beim Kran-Simulator ebenso wie im Fall von Taxi-, Kurierservice-, Notarzt-, Straßenbau-, Pistenraupen-, Gabelstapler-, Polizei-, Feuerwehr-, Schwertransport-, Straßenbahn- und Bagger-Simulator.
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Teilweise ist es knifflig, die Titel auseinander zu halten. Verwechseln Sie bitte keinesfalls den Abschlepp-Simulator und den Abschleppwagen-Simulator sowie den Sprengmeister-Simulator mit dem Spreng- und Abriss-Simulator. Ähnliches gilt für Train Simulator, Trainz Simulator, Rail Simulator und Rangier-Simulator. Sämtliche dieser Perlen zu erwähnen ist platzbedingt unmöglich, denn simuliert wird mittlerweile fast alles. Weitere Beispiele: Mein Aquarium, XXL-Maschinen: Die Simulation oder der Stellwerk-Simulator. Fehlen nur noch der Simulator-Simulator, der einen Simulator simuliert, und der Simulator-Simulator-Simulator, welcher dann Simulatoren spielende Simulatorfans simuliert.
Wertungen sind egal
Dabei ist das Aufkommen einer Simulator-Schwemme nicht unbedingt ein neues Phänomen. Ende der 80er- bis Anfang der 90er-Jahre war Sim City (1989) so populär, dass es einen Rattenschwanz von Folgespielen wie Sim Earth (1990), Sim Life (1992) oder Sim Farm (1993) nach sich zog. Etwa zur gleichen Zeit startete die Tycoon-Ära mit Railroad Tycoon (1990), unter den Dutzenden von Ablegern waren auch exotische Varianten wie der Pizza Tycoon (1994) oder der Bier Tycoon (2006). Mitte der 2000er-Jahre lieferten sich die Katastrophenhelfer-Reihen Emergency und Fire Department ein Wettrennen um die Gunst der Käufer, vor allem der Gelegenheitsspieler, ganz ähnlich wie die heutigen Alltagssimulatoren. Doch in diesen Fällen waren die Spiele meist zumindest ordentlich produziert, nur ein kleiner Anteil fiel spielerisch dürftig aus. Heute ist es eher umgekehrt.
Dass Simulator-Spiele von der deutschen Fachpresse zerrissen werden, ist für die Verkaufszahlen kaum von Belang. »Eine Simulation für 15 bis 20 Euro kann und will gar nicht mit einem Vollpreistitel konkurrieren«, gibt Felix Buschbaum zu, der Pressesprecher des Mönchengladbacher Unternehmens Astragon.
Entscheidender seien Käufer-Rezensionen im Internet oder in Publikationen, die von der Zielgruppe gelesen werden. »Davon gibt es mehr, als man erwartet, Trucker-Hefte, klassische Männermagazine und Angler-Zeitschriften etwa.«
Die meisten Anhänger kratzen niedrige Wertungen in Fachpublikationen wie GameStar sowieso wenig, viele brechen für ihr Programm sogar eine Lanze. »Mich stört, dass das Spiel manchmal einfach nur als Dreck dargestellt wird, weil die meisten zu faul sind, sich bis zu den großen Maschinen vorzuarbeiten«, ärgert sich Markus Fischer, der im Raum Schweinfurt lebt. »Der Landwirtschafts-Simulator ist definitiv kein Außenseiter-Spiel«, betont Till Stiefermann aus der Nähe von Düsseldorf, »unter den Fans gibt es auch Ballerspielfreunde.«
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