Geniale Shooter-Action im Ersten Weltkrieg

Battlefield 1 schlägt mit dem historischen Setting des Ersten Weltkriegs eine neue und revolutionäre Richtung ein. Seit Jahren warte ich auf einen...

von Klugscheißer am: 30.10.2016

Battlefield 1 schlägt mit dem historischen Setting des Ersten Weltkriegs eine neue und revolutionäre Richtung ein. Seit Jahren warte ich auf einen Shooter der den Ersten Weltkrieg bedient (natürlich gibt es "Verdun" das auch nicht schlecht ist aber es hat mich nie wirklich begeistern können) und hätte es am allerwenigsten von DICE und EA mit der Battlefieldreihe erwartet. Dementsprechend bin ich damals bei der Ankündigung im Mai vor Freude an die Decke gesprungen. Allerdings bestanden am Anfang von vielen noch zweifel ob das Setting wirklich gut gewählt wurde, weil der Erste Weltkrieg natürlich sehr riskant ist: das typische Bild wird geprägt von Grabenkämpfen, langsamen und behäbigen Panzern und Flugzeugen, die den Anschein erregen beim kleinsten Lufthauch auseinanderzufallen. Und das lässt viele vor diesem Setting zurückschrecken. Aber als dann die ersten Ingame- und Gameplayszenen gezeigt wurden, war klar, dass Battlefield 1 diese ganzen "Vorurteile" nicht bedienen wird. Denn DICE stellt klar: "Gameplay first", keine langsamen und behäbigen Maschinen sondern rasantes Gameplay wie in den vorherigen Teilen. Grabenkämpfe finden so nicht statt. Denn alle Maps, sofern man es denn so nennen will, spielen zu Offensiven, bei denen aus dem Stellungskrieg Bewegungskrieg wurde. Von daher ist das ganze nicht komplett aus der Luft gegriffen. DICE hat aus den Fehlern von Battlefield 4 gelernt und präsentiert uns anno 2016 vielleicht einen der besten und genialsten Shooter aller Zeiten.

Singleplayer: Auch wenn der Multiplayer das Herzstück ist, bietet Battlefield 1 selbstverständlich auch wieder eine Kampagne. Nach der eher mittelmäßigen Story von Battlefield 3 und der noch schlechteren Story von Battlefield 4 sollte die Kampagne von Battlefield 1 mit seinen verschiedenen Kriegsgeschichten wieder besser werden. Und ja das ist sie zum Teil auch geworden, perfekt ist sie allerdings auch nicht. Vor der historischen Kulisse brauchte DICE natürlich nicht viel dazu erfinden. Auf jeden Fall war es eine gute Entscheidung nicht nur eine Person krampfhaft durch alle Schlachten des ersten Weltkriegs zu prügeln, sondern verschiedenen Akteure in den verschiedenen Schauplätzen agieren zu lassen. So dürfen wir zum Beispiel die Briten bei ihrer Landung in Gallipoli begleiten oder die letzte Offensive der Italiener in der Spätphase des Kriegs in den Dolomiten auf dem Monte Grappa (übrigens mit Abstand die hübscheste Map von allen) führen. Und das ganze wird unterstützt dadurch, dass man endlich mal seine Figur die man spielt sehen und sprechen hören kann. Es klingt banal aber genau das versaut in anderen Shootern die Atmosphäre, weil man immer nur als stummer und skrupelloser Soldat durch die Gegend rennt, der alles niedermäht was nicht bei drei auf den Bäumen ist und dabei keine menschliche Regung zeigt. Überhaupt laufen die Einsätze vielfältiger und spannender ab als zuvor: Flugzeug fliegen, Panzer fahren, Schleichpassagen (das schleichen funktioniert übrigens richtig gut, auch wenn es ziemlich overpowert ist) und natürlich schießen. Außerdem werden immer mal wieder die Schrecken des Ersten Weltkriegs präsentiert, die zeigen dass Krieg eigentlich was abscheuliches ist. Die Geschichten sind alle samt spannend erzählt und im Kontext des Settings glaubhaft. Allerdings sollte man sich nicht täuschen lassen. Die Geschichten nehmen insgesamt nicht mehr Zeit in Anspruch als andere Kampagnen. Sie dauern halt einfach kürzer und kommen alle zusammen auf eine Zeit von um die sechs Stunden. Und natürlich gleicht das Gameplay wie immer mehr einer Morhunpassage als einer Militärsimulation, in der wir selber mehr Schaden aushalten als unsere Kameraden und Gegner genauso wie Ziele selber ausschalten müssen. Aber ganz im Ernst, das ist Battlefield. Es soll natürlich Spaß machen und nicht ewig dauern sich von Deckung zu Deckung zu robben, um dem Sperrfeuer des MGs zu entkommen. Auch die Flugmissionen sind arkadlastig angelegt. Wer also anspruchsvollere Sachen will, möge doch bitte Red Orchestra, Verdun oder gleich Arma spielen. Außerdem kann man trotzdem nicht einfach so durch die Levels rennen. Wer allzu deckungslos agiert, der bekommt schon auf mittlerer Schwierigkeit Probleme mit den doch recht zielsicheren Gegnern. Der größte Kritikpunkt ist allerdings, dass wir nur auf Seiten der Entente spielen. Ich hatte im Vorfeld so gehofft, dass wenigstens eine einzige Geschichte aus Sicht der Deutschen, Österreicher oder Osmanen gezeigt wird. Zwar wird auch so deutlich, dass der Erste Weltkrieg für alle Parteien schlimm war und auch die Deutschen ganz normale Menschen sind (schließlich gab es damals noch keine bösen Nazis), aber es fehlt einfach auch eine Sicht der Verlierer zu präsentieren. Insgesamt ist die Kampagne also besser als in früheren Teilen und auch im Vergleich mit Genrekollegen erzählt und besser inszeniert, aber DICE hätte definitiv noch mehr aus dem Erste Weltkriegssetting rausholen können. Zumal einige Sachen dann doch arg übertrieben sind (brennendes Luftschiff stürzt direkt über London neben dem Big Ben ab...). Aber sie macht Spaß und bietet einen hohen Wiederspielwert.

Multiplayer: Ich hatte es bereits angedeutet, dass Battlefield 1 einer der besten Shooter aller Zeiten werden kann. Denn das was auf dem Schlachtfeld alles abgeht ist aller erste Sahne und fesselt von der ersten Sekunde an. Es macht grundsätzlich alles besser als Battlefield 4: besserer Netcode, bessere Maps, besseres Balancing, gutes Waffenfeeling... Man merkt dem Spiel einfach an, es funktioniert. Die Maps sind gut designt und für jeden einzelnen Modus perfekt angepasst. Es gibt genügend Deckung, ob für Infanterie oder Fahrzeuge, und nicht wie in Battlefield 4 wo man deckungslos durch die Gegend rennt wenn man kein Fahrzeug erwischt. Jede Hauswand, jeder Stein, jede Sanddüne hat ihren Sinn. Jede einzelne Map ist im Gesamtkonzept ein Unikat und deswegen besser als alle Maps aus Battlefield 4 zusammen. Auch auf die in der Beta häufig kritisierte Map Sinai Desert trifft das zu. Alles greift perfekt ineinander. Es gibt selten Runden, in denen ein Team sehr dominiert. Die meisten Runden enden knapp und bieten Spannung bis zum Schluss. Die neu eingeführten "Behemoths" sind stark aber nicht overpowert und eine sinnvolle Neuerung die das Spiel noch einmal bereichern. Für jeden Geschmack ist etwas dabei: Stadtkampf, Fahrzeugschlachten, Infanterie only, Close Quarters,... Die verschiedenen Spielmodi funktionieren wunderbar. "Rush" ist nach dem Desaster in Battlefield 4 endlich endlich wieder spielbar und die beiden neuen Modi "Operations" und "Kriegstauben" bieten eine erfrischende neue Abwechslung. Besonders Operations, ist vielleicht eine der besten Modi überhaupt und eigentlich ein Muss für alle späteren Battlefieldteile. Der Battlefield Klassiker Conquest ist so eingängig wie eh und je. Außerdem spielt sich Battlefield 1 entspannter als Battlefield 4: keine Lock-on Waffen, keine Dachcamper/Dachsniper mehr, und das sehr gute Balancing sorgen für weniger Stress beim spielen. Gut so! Es macht wieder mehr Spaß bis zum Schluss dabei zu sein. 

Die Technik ist mit der Frostbite 3 Engine wiedermal das Maß der Dinge. Einen so gut aussehenden Krieg hat es so schlicht noch nie gegeben. Licht-, Schatten und Partikeleffekte sehen auch auf niedrigen Details noch umwerfend aus. Wenn sich der Soldat in den Schlamm wirft, bleibt Dreck an der Waffen hängen. Oder wenn ein Panzer explodiert sprühen Funken und Flammen in alle Richtungen. Es sind eben diese Details, die den hervorragenden Gesamteindruck machen. Auch im Regen, dichten Nebel oder Sandsturm (das Wetter verändert sich auf jeder Map dynamisch) sieht alles noch schick aus. Und der Sound ist ebenfalls überragend. Wer schon mal direkt neben einem feuernden Küstengeschütz gestanden hat, wird wissen was ich meine. Waffensounds und Explosionen klingen wuchtig und treiben die Bässe der Anlage auf Hochtouren. Man kann Zielgenau Schritte der Gegner verfolgen und sogar auf welchem Untergrund sich dieser bewegt. Untermahlt wird das ganze von einem sehr guten und stimmigen Soundtrack, der perfekt zum Setting und der jeweiligen Spielsituation passt.

Aber allen positiven Dingen zum Trotz gibt es auch negative Dinge. Die Waffenauswahl ist Augenwischerei. Im Ersten Weltkrieg gab es nun mal noch nicht diese Auswahl wie heute. Aber um zu täuschen, dass es nur wenige Waffen gibt, werden alle Ausführungen einzeln aufgelistet. Dadurch erscheint das ganze mehr, obwohl es eigentlich nur 4 MPs oder 4 DMRs sind. Für jemanden, der gerne viel Waffen- und Gadgetauswahl hat, wird hier vielleicht enttäuscht werden. Außerdem vermisse ich weiterhin schmerzlich eine Klassenlimitierung, besonders für Sniper. Es macht einfach keinen Spaß im Rushmodus alleine zu den Bombenplätzen rennen zu müssen weil alle anderen hinten auf den Felsen liegen und snipern. Oder mörsern, ich will das gar nicht nur auf die Sniper schieben...  Das war schon früher so und jetzt gibt es das immer noch. Es ist einfach schade, da das Gameplay nach wie vor darunter leidet. Dennoch hat DICE trotzdem mit dem wiedermal verbesserten Punktesystem und Klassensystem daran gearbeitet, das ganze mehr einzudämmen. Allerdings wurde die Aufklärer Klasse wieder eingeschränkt. Während man in Battlefield 3/4 den Recon mit seinen PDWs/Karabinern und den Funkfeuern etwas offensiver einsetzen konnte, ist er in Battlefield 1 wieder mehr zur "Ego-Klasse" geworden, und deswegen für Leute mit offensiveren Spielstilen ungeeigneter. Hinzu kommen noch so kleinere Sachen wie, kleinere Grafikfehler, dass man zwischen den Runden nicht ins Hauptmenü zurückkommen kann, man nach seinem Tod die Zeit zum zurückkehren in den Spawnbildschirm abkürzen kann und somit den Medics ihre Arbeit verweigert, die vielleicht wie bekloppt gerade um einen kämpfen nur um einen zu revieven und dann alles umsonst war (deswegen an alle die das machen und das hier lesen: lasst das abkürzen bitte sein, wenn ihr seht, dass Medics in eurer Nähe sind!), oder die Ausrüstung nur während der Runde und Fahrzeugausrüstung nur anpassen kann, wenn man im Spawnbildschirm den jeweiligen freien Slot auswählt, was bei 32 Spielern im Team so gut wie unmöglich ist.

Beim (mittlerweile ja standardisierten) Premium Pass scheiden sich wie immer die Geister. Dieses mal muss ich wirklich sagen, dass dieser keine Unverschämtheit ist, weil man anders als in Battlefield 4 nicht um zusätzliche wichtige Spielinhalte betrogen wird und gleichzeitig Sachen bekommt, die es nicht Wert sind (beispielsweise die schon angesprochenen belanglosen und schlechten Maps aus Battlefield 4). Denn das Basisspiel ist eigentlich schon gut genug. Allerdings ist das nur Spekulation weil noch nicht klar ist wie sich das ganze entwickeln wird und ob die Zusatzinhalte auch wirklich so gut werden wie das Basisspiel. 

Aber wenn das tatsächlich alle negativen Punkte sind, Kleinigkeiten und Erbsenzählerei, die nicht das Gameplay komplett über den Haufen werfen, dann wird denke ich mal deutlich was für ein außerordentlich gutes Spiel Battlefield 1 ist. Ich muss aber dazusagen, dass man mit dem Setting des Ersten Weltkriegs schon etwas anfangen sollte, aber für alle die ihm nicht grundlegend abgeneigt sind ist Battlefield 1 fast schon ein Pflichtkauf. Was einem hier geboten wird, ist Action aller erster Kajüte. Außerdem schickt DICE ja auch für die Zukunft fleißig Inhalte nach. Für mich klar das beste Spiel des Jahres!


Wertung
Pro und Kontra
  • Singleplayer
  • Gameplay
  • Grafik
  • Sound/Musik
  • Netcode
  • Balancing
  • Waffenfeeling
  • Maps
  • Bedienungsschwierigkeiten
  • kleinere aber unwichtige Bugs
  • verkleinerte Waffen- und Gadgetauswahl
  • Premium Pass

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(7)
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