Seite 4: Battlefield 4 im Test - Mit Rumms und Routine

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Missionsmurks

Dass Battlefield 4 aber auch enttäuschen kann, liegt an seiner Geschichte - und am Missionsdesign. Denn das Spiel hetzt uns nicht nur durch oft allzu schlauchige Levels, sondern legt dabei auch noch allerlei unlogische Ereignislunten, um ein ordentliches Action-Feuerwerk zünden zu können. Daran muss man sich nicht stören, viele Filme und Call of Duty-Abschnitte machen's genauso. Und das aus gutem Grund, denn so bleiben das Tempo hoch und der Bombast … bombastisch. Wer die Kampagne von Battlefield 3 zu dröge fand, dürfte sich in Battlefield 4 tatsächlich besser unterhalten fühlen. Wer sich hingegen eine glaubwürdige Erzählung wünscht, wird an seiner Stirn schnell Handflächen-Einschlagsspuren vorfinden.

Soldat Irish und die Chinesin Hannah haben ein Problem. Soldat Irish und die Chinesin Hannah haben ein Problem.

Fangen wir doch gleich mit der ersten Mission an, die sicher die meisten schon vor Monaten als offizielles Video gesehen haben. Sie wissen schon, das Ding mit Bonnie Tylers »Total Eclipse of the Heart« am Anfang. In dieser Mission muss Team Tombstone, ein Squad bestehend aus vier Männern, wichtige Dokumente aus der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku bergen. Unter heftigem Beschuss fliehen die Soldaten über eine gigantische Baustelle einem Abholpunkt entgegen: Es gilt, sich über ein Feld zu einer Bauruine durchzuschlagen, auf deren Dach der Fluchthelikopter landen wird.

Warum? Das erklärt das Spiel durch den - zugegeben spektakulären - Moment, in dem ein plötzlich aus dem Nichts auftauchender feindlicher Kampfhubschrauber besagte Bauruine und unseren Fluchtheli zu Klump schießt. Es wird geschrien, es geht eine Menge zu Bruch, Explosionen, Einsturz, Pipapo. Dass dabei allerdings auch die Logik zu Matsch zerschossen wird, scheint den Entwicklern entgangen zu sein. Oder es war ihnen egal. Wieso muss der Fluchthubschrauber denn ausgerechnet auf dem Dach landen? Hätte der nicht einfach in einer Sekunde der Ruhe auf freiem Feld runtergehen und die Soldaten einladen können? Von ruhigen Sekunden gibt's vorher nämlich reichlich. Ach ja, wir haben die Lösung ja bereits verraten: Explosionen, Einsturz von Gebäude, Pipapo.

So verquer geht's nahtlos weiter. In Shanghai sollen wir VIPs aus einem Hochhaus retten, die dann vom Dach des Gebäudes mit einem Hubschrauber zu einem Flugzeugträger abhauen, während unser Squad aus irgendwelchen undurchsichtigen Gründen und unter Dauerbeschuss zurück zum Fluss latscht, um dort ein Boot zum selben Flugzeugträger zu nehmen. Und falls jemand fragen möchte: Nein, der Hubschrauber war nicht voll.

Battlefield 4 - Lets Play: Eine Stunde Solo-Kampagne #2 (Gameplay) Video starten 33:18 Battlefield 4 - Let's Play: Eine Stunde Solo-Kampagne #2 (Gameplay)

In Singapur müssen wir auf einem Flugfeld voller feindlicher Düsenjäger eine Signalrakete zünden, um das Zeichen für einen Artillerieangriff zu geben. Doch die Position des Flugfelds und das Feindvorkommen darauf sind dem Oberkommando offensichtlich bekannt, die Signalrakete ist so überflüssig wie ein Kropf. Besser noch: Wir haben nur 30 Sekunden nach Abschuss der Rakete, um aus der Gefahrenzone zu entkommen, andernfalls werden wir von den eigenen Leuten zu Klump gebombt. Wenn die US-Armee auch in Echt so sorglos mit ihren Soldaten umgeht, dann gute Nacht.

Kurzum: Man darf nicht zu genau drüber nachdenken, was da eigentlich gerade warum geschieht - Hirn aus, Abzugsfinger an. Nochmal: Wer's mag, darf's mögen, kein Problem. Nur hat Dice eben in Battlefield 3 gezeigt, dass sie's besser können, mit der sehr persönlichen und nachvollziehbaren Geschichte rund um Sergeant Blackburn. Ja, die war streckenweise ein bisschen trocken, in Battlefield 4 hätten die Entwickler ja eine kluge Geschichte erzählen und zugleich an der Temposchraube drehen können. Stattdessen werfen sie die Logik komplett über Bord und satteln komplett um auf Kawumm. Schade.

China ist böse!

Battlefield 4 ordnet seine Erzählstruktur der Shooter-Action also deutlich unter, und das gilt auch für die übergreifende Handlung: Ein chinesischer General putscht sich in gefühlten Nanosekunden zum Machthaber und bläst sogleich zur Großoffensive gegen den Rest der Welt. Weil eine zumindest merkwürdig große EMP-Bombe nicht nur Shanghai den Strom abdreht, sondern auch die gesamte US-Flotte vor der Küste lahmlegt, schaffen es die Chinesen nahezu unbehelligt bis zum Suezkanal. Einzig ein paar US-Soldaten - darunter wir - stellen sich den Angreifern in den Weg.

Dazu addiert sich ein ominöser VIP (der, den wir zu Beginn des Spiels aus dem Hochhaus gerettet haben), dessen Gesicht allein reicht, um die Soldaten um General Chang in einem Herzschlag davon zu überzeugen, dass das mit dem Krieg irgendwie doch keine so tolle Idee sein kann. Natürlich erst, als schon fast alles den Bach runter gegangen ist.

Nanu? Ist das nicht Bombenpunkt A auf Siege of Shanghai? Nö, das ist eine Garage in Singapur. Nanu? Ist das nicht Bombenpunkt A auf Siege of Shanghai? Nö, das ist eine Garage in Singapur.

Wer der VIP ist, welche Rolle er spielt, wieso die Chinesen bei seinem Anblick austicken - keine Ahnung. Warum auch sonst niemand etwas gegen den General und seine Armee unternimmt - keine Ahnung. Wieso die Russen munter mitmischen - keine Ahnung. Und was der gute, alte Dima (ein Charakter aus der Solo-Kampagne von Battlefield 3) im Gefängnis im Kunlun verloren hat - keine Ahnung. Dima jedenfalls kann die löcherige Handlung leider auch nicht stopfen. Da hat selbst Modern Warfare 3 seine verquaste Handlung besser erklärt.

Wer ist dieser Recker?

Womit wir bei den Charakteren wären, die allesamt spätestens nach der dritten Mission schnurzegal sind. Was auch an der fehlenden Bindung zwischen den Figuren und uns beziehungsweise unserem Helden liegt. Wir schlüpfen in die Uniform eines gewissen »Recker«, mehr als dessen Namen erfahren wir aber nicht. Er wird nach der ersten Mission (mit Unterbrechungen) zum Squad-Anführer erklärt, ohne dass wir davon etwas merken.

Seine Aufgaben bestehen darin, Türen zu öffnen oder darauf zu warten, dass andere für ihn Türen öffnen. Mal muss er Helikopter vom Himmel schießen, dann wieder ein Boot fahren. Und schießen natürlich. Hauptsächlich schießen, denn die KI-Begleiter sind - wie gesagt - nicht sonderlich brauchbar. Sagen darf er nichts, er steht stumm daneben, wenn den Squad-Kameraden nach einer heroischen Tat gratulierend und dankend die Hände geschüttelt werden. Er hört nur zu, wenn sich Soldat Irish mit der Chinesin Hannah über Familie und Zukunft austauscht. Kein Hinweis darauf, welche Person sich hinter Recker verbirgt. Blasser geht's kaum.

Das mag sich angesichts der ständigen Austausch-Charaktere der Call of Duty-Serie wie Hohn lesen, aber abgesehen von der vergurkten Handlung und Charakterzeichnung in Modern Warfare 3 kommt das in dieser Form in der Konkurrenzserie nicht vor. Wir haben darin immer zumindest eine Figur, an der wir uns festhalten können.

Allein ein winziges »Soap? Was ist das denn für ein Name?« von Captain Price zum Beginn des ersten Serienteils mit anschließendem Training ordnet uns als Rookie ein, der sich beweisen muss. Die Mason-Familie in den Black Ops-Spielen dient uns durchgängig als Identifikationsanker, und von Sergeant Blackburn in der Kampagne von Battlefield 3 wollen wir erst gar nicht anfangen.

Recker hingegen bleibt farblos, selbst wenn er seinem Kameraden Dunn ein Bein absägen muss oder ihn schließlich nach einem entsprechenden Befehl ganz opfert. Und diese Farblosigkeit überträgt sich auf den Rest der Charaktere. Die patriotischen Ansprachen unserer Vorgesetzten bleiben Worthülsen, die nichts in uns bewegen, die Gespräche zwischen Hannah und Irish wirken wie aus dem Schmierentheater. Als wir dem diabolisch grinsenden Chang gegenüberstehen, müssen wir fast schon lachen. Und als uns unsere Kameraden zum circa einhundertsten Mal mit cleveren Anweisungen unsere Rolle als Squadleader erfolgreich streitig machen, seufzen wir nur noch.

Wir spielen aber trotzdem bis zum (enttäuschenden) Ende beziehungsweise bis zu einem von drei alternativen Enden, die sich aber nur minimal voneinander unterscheiden. Zum einen, weil wir das Spiel testen müssen, zum anderen, weil die Solo-Kampagne von Battlefield 4 irgendwie als brillant aussehender und klingender Actionhappen von fünf bis sechs Stunden dann doch ganz spaßig ausfällt. Wenn auch an manchen Stellen vielleicht ungewollt. Oh, die obligatorische Folterszene gibt's übrigens auch. Darauf hätten wir gerne verzichtet.

Battlefield - Die Serie im Überblick ansehen

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