Genial? Ja, … aber.

  Bioshock Infinite hat zahllose Momente und Szenen, die einem nach dem Spiel lange im Gedächtnis bleiben und das ist natürlich erst einmal...

von TGfkaTRichter am: 12.04.2013

 

Bioshock Infinite hat zahllose Momente und Szenen, die einem nach dem Spiel lange im Gedächtnis bleiben und das ist natürlich erst einmal großartig. In den meisten dieser Momente spielt Elisabeth, die grandiose NPC-Begleiterin eine wichtige Rolle, auch das ist klasse. Alle diese Momente teilen jedoch noch eine Gemeinsamkeit: In ihnen wird nicht aktiv geballert und genau da liegt das Problem.

 

Fantastisches Setting

 

Über das Setting von Bioshock Infinite ist schon so viel geschrieben worden, dass es hier nicht nötig ist, erneut zu wiederholen, wie großartig es ist. Ach, Unsinn! Das Setting ist so toll, dass man es immer wieder wiederholen kann, wenn nicht sogar muss.

 

Infinite spielt in einer fliegenden Stadt, namens Columbia, die dem feuchten Traum einer Sarah Palin entsprungen sein könnte. Die Menschen leben in intakten Familien, alle glauben fest an Gott, den American Way of Life und die Überlegenheit der weißen Rasse. Iren werden als Bürger zweiter Klasse, Farbige konsequenterweise gleich wie Sklaven behandelt. Das alles zeigt das Spiel in wunderschönen Pasteltönen, die der „Utopie“ von der ersten Sekunde an einen unwirklichen, wenn nicht gar verlogen Anstrich verleihen. Technisch bewegt sich die benutzte UE3 zwar nicht mehr auf der Höhe der Zeit, aber durch das grandiose Design, die tolle Beleuchtung und eine teilweise absurde Liebe zu Details kann Infinite diesen „Makel“ mehr als nur kompensieren.

 

Unangefochtener Herrscher diese Welt ist ein Prophet namens Comstock, dessen Worten beinahe alle Bewohner Columbias mit uneingeschränkter Treue folgen. Überhaupt Worte. Neben dem tollen grafischen Design überzeugt Infinite vielleicht noch mehr durch seine Dialoge. Zwar gibt es keine langen Textpassagen, die man durch eigene Antworten beeinflussen kann, wie in Rollenspielen, dafür aber unzählige Gespräche am Wegesrand, an denen man einfach vorbeilaufen, denen man aber auch bewusst lauschen kann und sollte. Jedes dieser Gespräche ist exzellent geschrieben und in der von mir gespielten englischen Fassung grandios vertont. Dazu kommen die Shock-typischen Audiobänder, die überall über Columbia verstreut sind und zahlreiche Hinweise auf die Hintergrundstory oder auch aktuelle Ereignisse beinhalten. Wobei das bedeutendste aktuelle Ereignis in Columbia ist man eigentlich selbst.

 

Schuldenerlass

 

Der Spieler schlüpft in die Rolle des abgehalfterten Privatdetektivs Booker deWitt, der nach Columbia geschickt wird, um dort ein bestimmtes Mädchen zu finden und seinen Auftraggebern zu übergeben. Im Gegenzug versprechen diese, dem verschuldeten Detektiv seine Schulden zu erlassen. So weit, so klar. Ebenso klar ist natürlich, dass hinter diesem so simpel klingenden Auftrag wesentlich mehr steckt. So wird schon nach wenigen Spielminuten klar, dass Comstock die Ankunft deWitts erwartet hat und man den Detektiv überall in Columbia bald als den „falschen Propheten“ kennt. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich auszumalen, wie eine Bande religiöser Waffennarren auf einen falschen Propheten reagiert.

 

Viel mehr kann man leider nicht über die Handlung verraten, ohne sich sofort in Spoilern zu verlieren. Nur zwei Dinge: Erstens mündet Bioshock Infinite in einem zwar abgefahrenen aber absolut befriedigendem Ende. Das konnte man von vielen Spielen der letzten Jahre nicht behaupten. Zweitens: Verliert Infinite über seine Haupthandlung leider irgendwann sein tolles Setting ein wenig aus dem Auge und konzentriert sich stark auf andere Dinge. Dies stört aber weniger, als man denken könnte und ändert nichts daran, dass Infinte eine der besten Handlungen besitzt, die jemals ein Shooter gehabt hat. Womit wir auch beim Hauptproblem von Infinte wären, denn es ist…

 

… ein Shooter

 

Das ist an sich ja nichts Schlechtes, aber leider kann das Gameplay von Infinite nicht mit seinem grandiosen Setting oder der tollen Story mithalten. Rein spielerisch betrachtet ist Infinite bei weitem nicht schlecht, aber eben auch nicht überragend. Die Steuerung geht gut von der Hand und lässt sich frei konfigurieren und auch der Schwierigkeitsgrad lässt sich jederzeit ändern. Freies Speichern gibt es hingegen nicht und das kann teilweise frustrierend sein, weil es nicht immer offensichtlich ist, wenn das Spiel einen Checkpoint anlegt. Zwar informiert eine kleine Einblendung darüber, aber die kann man im Eifer des Gefechts sehr leicht übersehen.

 

Leider bekleckert sich auf die KI nicht mit Ruhm. Vom Verhalten gibt eigentlich es nur zwei Gegnertypen: Camper, die ihre Position mehr oder weniger halten und von dort aus blind auf Booker feuern und Rusher, die, nun ja, rushen. Ab und an scheint es in den Level auch unsichtbare KI-Grenzen zu geben, die von den Gegnern aus unbekannten Gründen nicht überschritten werden. Auch deshalb gibt die KI kein wirklich gutes Bild ab und wird meistens nur durch ihre schiere Masse gefährlich. Auch die Anzahl der Gegnertypen lässt zu wünschen übrig. Ca 80% bestehen aus Menschen mit verschiedenen Waffen, der Rest sind Automaten oder Spezialfeinde, von denen es aber auch nur drei Typen gibt.

 

Booker kann sich dabei auf zweierlei Weise gegen seine Feinde wehren. Zum einen natürlich klassisch durch den Einsatz verschiedener Feuerwaffen, von denen er immer nur zwei! mit sich führen darf. Auch die Breite des Arsenals lässt zu wünschen übrig. Man hat alle Waffen schon mal gesehen und eigentlich hätte das abgefahrene Setting auch Platz für abgefahrene Wummen geboten. Aber die sind leider Fehlanzeige. Die andere Möglichkeit liegt in den sogenannten Vigors, die sich im Prinzip genauso verhalten wie die Plasmide in Bioshock. Jedoch hat Booker jederzeit Zugriff auf alle Vigors, die er im Verlauf des Spiels gefunden hat und kann mühelos zwischen ihnen wechseln. Es ist übrigens völlig unverständlich, warum nur zwei seltene Gegnertypen ebenfalls auf Vigors, die in Columbia frei verkäuflich sind, zurückgreifen. Da verschenkt das Spiel viel Potential.

 

Sowohl Waffen als auch Vigors lassen sich über spezielle Automaten aufrüsten. Das kostet Geld, von dem es in Columbia reichlich zu finden gibt, aber auch nicht genug, als dass man jede Waffe und jede Fähigkeit aufrüsten könnte. Es ist also eine gewisse Planung vonnöten und Freunde des gepflegten Fertigkeitswechsels werden schnell dazu gezwungen, sich auf zwei Waffen und ein oder zwei Vigors zu konzentrieren. Auch das hätte man besser regeln können, vor allem, da Sterben in Infinte auch einen kleinen Geldbetrag kostet.

 

Es gibt jedoch auch Dinge im eigentlichen Gameplay von Infinite, die das Spiel positiv aus der Shootermasse herausheben: Da sind zum einen die Skylines, an denen sich Booker blitzschnell durch die größeren Areale bewegen und sich auf Feinde stürzen kann. Zum anderen ist da aber vor allem Elisabeth, die dankenswerter Weise niemals Bookers Hilfe braucht und niemals beschützt werden muss. Ganz im Gegenteil hilft sie uns, wo immer sie kann. Außerhalb von Kämpfen wirft sie Booker gerne mal gefundenes Geld zu, in den Gefechten versorgt sie uns mit Healthpacks, Muniton oder Salz (dem Treibstoff für die Vigors). Außerdem kann sie an bestimmten Plätzen zahlreiche Objekte, wie Deckung, Waffen, Kampfroboter oder Haken für Luftangriffe beschwören. Tatsächlich war selten ein NPC in einem Actionspiel nützlicher als die kleine und überaus sympathische Elisabeth.

 

Sehr gut aber insgesamt nicht genial

 

Infinite ist spielerisch auch dank Elisabeth besser als Bioshock 1 und 2, erreicht aber insgesamt gesehen immer noch nicht die Klasse der wirklich guten Shooter wie Half-Life 2 oder Crysis. Dennoch geht das Spiel einen Schritt in die richtige Richtung und wenn die Entwickler diesen Weg weiter verfolgen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis ein nahezu perfektes Spiel entstehen wird. Das Setting und die Story sind es schließlich jetzt schon. Dank des Gameplays ist Infinite für mich auch nicht das beste Spiel dieser Generation, als das es von vielen gesehen wird. Ich habe es dennoch gerne gespielt und rate jedem, der keine latente Shooterallergie hat, dringend zum Kauf!

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Tolles Setting
  • Sehr gute Dialoge
  • Grandiose (englische) Sprecher
  • Interessanter Soundtrack
  • Sehr gute Story mit tollem Ende
  • Ordentlicher Umfang
  • Gute Steuerung
  • Fantastische NPC-Begleitung
  • Viele verschiedene Schauplätze
  • Kräfte lassen sich aufrüsten
  • Skylines sorgen im Kampf für Abwechslung
  • nur zwei Waffen parallel
  • Kräfte unterscheiden sich in der Wirkung zu wenig voneinander
  • Wenig Gegnertypen
  • KI durchschnittlich
  • Kämpfe generell nicht sonderlich mitreißend

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(6)
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