Kammerjäger...

.. seit es Menschen gibt, wird gesammelt und gejagt, früher war es mit der Holzkeule die Jagd nach Mammuts, heute ist es die Jagd mit virtuellen Schießprügeln...

von - Gast - am: 02.11.2009

.. seit es Menschen gibt, wird gesammelt und gejagt, früher war es mit der Holzkeule die Jagd nach Mammuts, heute ist es die Jagd mit virtuellen Schießprügeln nach ... einer Kammer? Richtig Kammerjäger ist hier in zweierlei Hinsicht richtig, einmal als Ungezieferbeseitiger und als verstaubter Archäologe in eigennütziger Mission auf der Suche nach „der“ Kammer. Borderlands schafft als erster Vertreter eines Mischgenres den Spagat zwischen Ego-Shooter und Rollenspiel. Ähnliche Ansätze gab es zwar schon zu Zeiten von System Shock, aber eben nur ansatzweise.

Story

Pandora – treffender konnte der Planet gar nicht betitelt werden auf den es unsere Protagonisten verschlägt, denn auch hier erwartet uns das Unbekannte. Und wie die gleichnamige Blechdose müssen wir die sogenannte „Kammer“ (engl. Vault) finden, die uns unsäglichen Reichtum, Ruhm und Frauen verspricht. Ob diese Kammer nur Gutes oder Schlechtes beinhaltet, das bleibt Pandoras Geheimnis, bis wir es im Verlauf der Story von Borderlands lüften.
Aber mal ehrlich, wer erwartet in einem Ego-Shooter schon eine Story. Trotzdem ist sie vorhanden und zieht uns wie ein roter Faden durch einzelne aneinandergereihte Missionen durch das gesamte Spiel. Dabei gibt es verschiedenste Wendungen und das Ende unserer Reise mag den ein oder anderen etwas überraschen, wenn nicht sogar enttäuschen.

Charaktere

Borderlands bietet uns nach einer kurzen Vorstellung der 4 wählbaren Charaktere die Auswahl zwischen Lilith (Schleichen), Mordecai (Scharfschütze), Roland (Soldat/Geschützturm) und Brick (Nahkämpfer). Jeder dieser 4 hat drei unterschiedliche Talentbäume, die ab Level 5 mit Skillpunkten gefüllt werden möchten. So kann man bei allen verschiedene Heilskills ausbauen, mehr Schaden verursachen, Schilde erweitern oder die Nachladezeit und Genauigkeit der Waffen verbessern. Richtig zur Geltung kommen die 4 aber erst im Koop-Modus des Spiels, hier sind die Aufgaben ganz klar verteilt. Brick dient als Tank, Roland als Heiler, Mordecai als Damagedealer und Lilith als Support. Im Einzelspielermodus ist es eigentlich egal welche Klasse man wählt, mit allen vier und jeglicher Skillvariante ist das Spiel zu schaffen.

Tip:
Wer allerdings sehr viel Geld und Gegenstände sammeln möchte, sollte Modecai mit Schurkentalenten spielen, da dieser alle 13 Sekunden seinen „Bloodwing“ Falken losschickt um die Feinde zu beharken und bei jedem Treffer bis zu 5 Geldbündel fallen gelassen werden und das bei bis zu 6 Gegnern. Also alle 13 Sekunden 30 Geldbündel. Zusätzlich lässt sich ein Talent skillen, das bei jedem getöteten Feind mind. 1 Gegenstand fallengelassen wird.

Attribute

Klassische Rollenspielwerte wie Stärke, Geschick, Ausdauer etc. gibt es nicht, hier schafft Gearbox eine neuartige Referenz. Stattdessen hat man verschiedene Slots, die man mit Gegenständen ausrüsten kann. Davon gibt es 4 Waffenslots, einen Schildslot, Granatenslot und einen Klassenslot, der z.B. Skills aufwertet.

Der Schildslot gewährt uns einen Schild, der sich mit der Zeit bei Nichtbeschuss wieder auflädt. Die meisten haben passive Vorteile, wie z.B. Säure- oder Feuerresistenz. Es gibt aber auch so nette Schilde mit +30% bis +60% Lebensenergie, was die Lebenspunkte unseres Tanks gleich mal locker um 1000 Punkte nach oben katapultiert!

Je nach gewähltem Granatenmod verändert sich die Verhaltensweise der Granaten grundlegend. So gibt es Gummigranaten, die schon mal ein paar hundert Meter weit hüpfen oder wie ein Ping Pong Ball durch den Raum zischen, bevor sie einen Gegner treffen. Oder sie steigen nach dem Werfen in die Luft und bilden einen Clusterteppich aus Granaten und es gibt sogar Granaten die den Gegnern Lebenspunkte klauen und uns zukommen lassen.

Zu guter Letzt kann man durch den Klassenmod, einen Titel erwerben (wird im Koop unter dem Namen angezeigt) und man ist dann z.B. Assassine, Überlebenskünstler, Schwerer Schütze etc. Dabei handelt es sich einfach um Mods, die unsere Skillpunkte erhöhen, bzw. verschiedene Boni auf unsere Grundfertigkeiten geben. So kann man seine Talente je nach Situation und gefundenem Mod anpassen, indem man an jeder New-U-Station gegen bare Münze die Skillpunkte resettet. Vor allem im Koop zu Beginn einer Mission eine klasse Sache, wenn die Rollen verteilt werden müssen!

Was auch sehr schön ist die Tatsache, dass man trotz relativ eindeutiger Klassenwahl nicht an bestimmte Waffengattungen gebunden ist, sondern jeweils durch häufigeres Benutzen desselben Waffentyps besser wird. Je nach erreichtem Level lädt man dann schneller nach, schießt genauer oder macht mehr Schaden.

Waffen

Seinen großen Reiz zieht Borderlands aus dem Sammeltrieb, der uns konsequent durch die Gegend scheucht und nur noch 1h spielen oder die nächste Mission noch abschließen lässt. Gearbox selbst betitelt die Auswahl der Waffen auf ca. 1 Million Kombinationsmöglichkeiten, da diese durch einen internen Zufallsgenerator erstellt werden. So setzt sich eine Waffe aus verschiedenen Einzelteilen wie Griff, Magazin, Lauf, Visier und je nach Schadenstyp leuchtenden Komponenten und der Gehäusefarbe zusammen. Die Wertigkeit ist an ähnliche Spiele angelehnt: Weiß = normal, Grün = selten, Blau = sehr selten, Lila = Episch, Orange = Legendär. Es kann aufgrund des Generators aber vorkommen dass man in einer Kiste eine blaue Waffe findet, die besser als eine lila Waffe ist. Deshalb sollte man den Farben nicht all zuviel Beachtung schenken.

Die Waffentypen selber sind eingeteilt in Pistolen (Halbautomatik), Revolver, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, Scharfschützengewehre, Schrotflinten (Halb- und Vollautomatik), Raketenwerfer und Alienwaffen. Weiter gibt es die Unterscheidung zwischen normalen, Doppelschaden und Elementarschadenstypen, also Waffen die statt physikalischem Schaden z.B. Säureschaden machen. Damit aber noch nicht genug hat sich Gearbox viele verschiedene Waffenhersteller ausgedacht, die je nach Firma verschiedene Boni bieten. So haben die einen extrem kurze Ladezeiten, dafür aber kleine Magazine und laut eigener (InGame-)Werbung: „Wer mehr als einen Schuss braucht, hat keine Jakobs benutzt!“

Einige Waffen sollte man sich genauer anschauen, denn z.B. die Marke „Atlas“ gilt als Sammlermarke und hat keinerlei Nachteile, sondern vereint die Vorteile aller Hersteller in einem. Da wundert es nicht dass die Atlas-Corporation der stärkste Gegenspieler auf Pandora ist. Einige Waffen haben z.B. Kugeln die von Wänden abprallen, andere verschießen mehrere Schuss auf einmal, an Originalität und Vielfalt mangelt es bei Borderlands auf keinen Fall!

Aufmachung / Grafik

Ein Hauptaugenmerk von Borderlands liegt ganz klar in der Wahl der Grafikengine. Dies ist eine Mischung aus Cel-Shading Grafik und handgemalten Texturen, die trotz Comicstyle eine enormen Detailgrad erlauben. Insgesamt sieht das Ganze aus wie ein gemaltes Fallout 3, wirkt aber in sich abgerundet und stimmig. Wer schon immer mal in gefährlichen Canyons und staubigen öden Wüsten Urlaub machen wollte ist hier genau richtig!

Man mag fast behaupten Borderlands mit 0815 Normalgrafik wäre nur halb so schön. Die absolut witzige mit schwarzem Humor gespickte Atmosphäre ist einfach grandios inszeniert und bietet den ein oder anderen Lacher oder Querschläger auf andere Genrevertreter. So muss man beispielsweise T.K.s Holzbein in einer Mission finden (hallo Diablo1), nur um ihn ein paar Stunden später an selbigem an einem Ventilator baumeln zu sehen. Sehr makaber aber passend zum Spiel.
Auch unser kleiner Begleiter, Clap-Trap genannt, entpuppt sich gleich zu Beginn als verkorkster beat-boxender Weltenverbesserer, der mit seinen witzigen Sprüchen und Gepiepse ganz Fyrestone aufheitert. Spätestens wenn er einen Moonwalk hingelegt hat und sagt „Mist ich bin aus’m Beat..“ kringelt man sich schonmal vor Lachen.

Aber Borderlands ist nicht umsonst erst ab 18 käuflich, denn hier zerplatzen die Gegner gerne mal in Einzelteile und nach kritischen Treffern gibt das schon mal eine ansehnliche Blutlache und Sauerei. Apropos kritische Treffer, dies ist nicht nur zufällig generiertes Beiwerk, sondern wichtiger Bestandteil der Spielmechanik, denn kritische Treffer sind manchmal notwendig um einige der schweren Gegner bezwingen zu können. Dazu zählen Kopf, Maul, Augen etc. die man unter Beschuss nehmen muss und dadurch doppelten Schaden austeilt (je nach Talenten bis zu 400%-500%!).

Zu den besagten Gegnern gehören unter anderem die Bosse, die allesamt mit Zwischensequenz in Szene gesetzt werden, bevor es zum großen Scharmützel kommt. So hat jeder dieser Bosse seine eigenen Schwachstellen und bedarf einer eigenen Taktik. Einziges Manko der Bosse, diese lassen beim Ableben immer dieselben einzigartigen Waffen fallen, hier wäre ein zufälliger Drop sehr nett gewesen um einen Anreiz zur Wiederspielbarkeit zu schaffen.

Gegner

Neben den Bossen und Humanoiden bevölkert allerlei Gewürm und Getier den Planeten Pandora, die nach einer gewissen Zeit wieder respawnen und beim Neuladen einer Karte auch wieder vor Ort sind. Angefangen beim Skag-Hunde-Verschnitt bis hin zum 3m-Mutanten-Kollos ist alles dabei. Sehr schön umgesetzt sind die einzelnen Herangehensweisen an die Gegnertypen. So bringt der Direktbeschuss bei vielen Gegnern kaum Schaden, während eine Salve auf das empfindliche Hinterteil oder den Kopf sie mit einem Treffer dahinrafft. Später trifft man auf extrem robuste Gegner, die nur durch den Einsatz von rüstungszerfressenden Säurewaffen bezwungen werden können. Gearbox schafft damit vor allem für den Koop Modus eine enorme taktische Tiefe, denn hier halten die Viecher gleich 5-6mal soviel aus und kritische Treffer sind daher Pflicht, wenn man nicht wegen Munitionsmangel oder einer feindlichen Übermacht sterben will.

Koop Modus

Wer Borderlands das erste Mal durchgespielt und den Abspann hinter sich gelassen hat (ca. lvl30), darf einen neuen Versuch starten und in den 2. Spielverlauf einsteigen, der ein angepasstes Gegnerlevel, aber die selbe Story , Missionen und bessere Belohnungen bietet. Alternativ dazu kann man sich auch einfach mit seinem GameSpy Account einloggen und im Koop Modus auf Jäger und Sammlerpirsch gehen. Denn hier entfaltet das Spiel sein wahres Potential. Man kann in laufende Partien direkt einsteigen oder sich in der Lobby verabreden, beides funktioniert sehr einfach. Sollten die Gegner mal übermächtig werden, können verblutende Kameraden durch Mitspieler geheilt und wieder zurück ins Spiel geholt werden und sie so vor einem teuren Respawn am nächsten Wegpunkt bewahren. Ist keiner in der Nähe, kann man noch versuchen einen Kill zu erreichen und mit neuer Kraft weiterzukämpfen, bevor der Bildschirm komplett schwarz und man als DNA-Klon wiederbelebt wird.

Zu viert macht die die Monsterhatz verdammt viel Spaß und nebenbei kann man auch noch die eine oder andere Mission bewältigen. Die Fahrzeuge im Spiel dienen grundsätzlich zur Überbrückung von langen Wegstrecken, die aufgrund der großen Levels sehr lang sein können. Mit Fahrzeugen lassen sich alle Gegner mit einem Schuss erledigen oder einfach überfahren. Im Koop bedeutet das doppelter Spaß, denn 4 Spieler heißt gleich 2 Fahrzeuge á 2 Fahrer und 2 Kanoniere. So macht ein gemütlicher Wochenendausflug ins nächste Ödland gleich richtig Laune. Wer jetzt aber glaubt sich mit Fahrzeugen durch Spiel zu mogeln hat verloren, denn es gibt kaum Erfahrungspunkte für Gegner die mit dem Fahrzeug erledigt wurden. In die wichtigen Bereiche des Spiels kommt man mit Fahrzeugen sowieso nicht rein.

Ein derzeitiger Knackpunkt im Koop ist das das Sammeln der Gegenstände. Momentan läuft es so: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Und man kann es beobachten, dass alle Spieler wie irre lossprinten sobald irgendwas lila- oder orangefarbenes droppt. Der nächste Patch wird’s hoffentlich richten. Denn derzeit ist das noch arg unfair, wenn man nicht gerade mit Freunden unterwegs ist und sich via integriertem Sprachchat absprechen kann.
Sollte einer eurer Mitspieler euch doch mal ein heißbegehrtes Item gemopst haben, könnt ihr ihn dezent mit einem Nahkampfangriff zum Duell herausfordern und wenigstens so euren Frust darüber ablassen, alternativ geht dies auch in der spieleigenen Arena. So bekommt eSport eine neue Definition.

Bugs

Es gibt derzeit noch ein paar kleinere Bugs im Spiel, die aber allesamt nicht spielentscheidend sind und mit dem nächsten Patch sicher behoben werden. Dann unter anderem auch die langen Ladebildschirme und ein Anzeigefehler bei den Scharfschützengewehren. Insgesamt macht Borderlands aber einen ausgereiften Eindruck.

Fazit

Borderlands ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist es ein erwachsener Ego-Shooter mit flacher Story aber Top-Inszenierung, auf der anderen Seite ein Sammelsucht-Rollenspiel mit zu wenig Charakterentwicklung. Etwas mehr Tiefgang in jeder Richtung hätte diesem Spiel zum Blockbuster verholfen. So ist es ein amüsant, seichtes Spiel das nach zweimaligem Durchspielen nur noch durch den Koop-Modus vor den Bildschirm fesselt. Ausgenommen davon sind diejenigen, die sowieso keine Cel-Shader Grafik mögen.

Allen anderen sei es wärmstens ans Herz gelegt, denn wer der Sammelsucht verfällt, dem wird Borderlands tage-, wochen-, monatelang Spielspaß bieten, bis die letzte legendäre Waffe gefunden und die „Kammer“ das letzte Mal geöffnet wurde.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: setzt die düstere Atmosphäre perfekt um
  • Sound: solide und brachial
  • Balance: im späteren Verlauf sehr gut
  • Atmosphäre: genial bis einmalig
  • Bedienung: Ego-Shooter Standard
  • Umfang: Einzelspieler 10-12h, danach Spielverlauf2 + Koop
  • Leveldesign: geradlinig, Level um Missionen haben eigenes Flair
  • KI: gescriptet
  • Waffen & Extras: unendlich viele Waffen!
  • Handlung: Story ist vorhanden, wenn auch flach
  • Grafik: wer Cel-Shading nicht mag hat verloren
  • Sound: -
  • Balance: am Anfang ohne passende Waffe frustrierend
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: Konsolenportierung spürbar (.INIs ändern!)
  • Umfang: -
  • Leveldesign: -
  • KI: teilweise Masse statt Klasse, wenig Gegnertypen
  • Waffen & Extras: -
  • Handlung: am Ende enttäuschend

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(2)
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