…aber Kevin Spacey! – Na und?

Da stand ich nun zufällig im Elektrofachmarkt, in meiner rechten Hand ein Gutschein und den Blick auf ein großes Regal gerichtet, nur gefüllt...

von L_ONE am: 06.11.2014

Da stand ich nun zufällig im Elektrofachmarkt, in meiner rechten Hand ein Gutschein und den Blick auf ein großes Regal gerichtet, nur gefüllt mit einem Spiel: Call of Duty: Advanced Warfare. „Stimmt ja, das Next-Gen CoD ist ja heute auf dem Markt gekommen.“, dachte ich mir und im nächsten Moment stand ich auch schon mit der Packung an der Kasse. Vor meinen Augen spielten sich die Bilder der E3 Präsentation ab, die recht schick anzusehen war. Ich wusste zwar schon, dass mich keine spielerischen Innovationen erwarten würden, aber zumindest dachte ich daran, dass dieses Spiel vielleicht technisch etwas Neues wird. 4,99€ kostete mich der Titel dank Gutschein schließlich an der Kasse. Mit so einem Schnapper konnte ich ja nichts falsch machen… oder?

 

 

[Singleplayer]

Call of Duty der nächsten Generation?

Next-Gen ist ein Begriff, der im Moment die ganze Spielelandschaft begleitet. Also fangen wir hier mal mit der Optik an. Denn das Spiel ist ja dank Release für die aktuelle Konsolen das so beschriebene Next-Gen CoD. Doch dieser Beschreibung wird das Spiel nur teilweise gerecht, obwohl es auf vielen Bildern und in einigen Videos nach grafischer Verbesserung aussieht.

Advanced Warfare hat nämlich stark in die Trickkiste gegriffen. Denn das Gameplay sieht nahezu aus wie schon seine Vorgänger (sprich: nicht Next-Gen), wurde nur mit Tiefen- und Bewegungsunschärfe, sowie mehr Lichtquellen ausgeschmückt. Einen Touch von toller Optik bekommen wir jedoch erst mit den Zwischensequenzen. Also immer dann, wenn uns die Kontrolle genommen wird und die Kamera übernimmt. In diesen Momenten schaltet das Spiel auf schön - sieht dank toller Modellierung, gut gesetzter Tiefenunschärfe und toller Beleuchtung richtig schick aus. Doch sobald wir wieder die Kontrolle erlangen schwindet dieser Look - leider. Teilweise kann man richtig beobachten wie sich das Bild von Zwischensequenz zu Spiel ändert.

 

 

 

Kurz vor dem Ende einer Zwischensequenz...

 

 

 

 

 

 

 

 

...und kurz nach dem Ende.

 

 

 

 

 

 

Und dann wären da noch die Rendersequenzen vor jeder Mission, die die Ladezeiten überbrücken sollen. Die sehen logischerweise optisch am besten aus, sind jedoch schlecht aufgelöst und bieten wenig Bilder pro Sekunde. Zudem kam es bei mir zu immensen Rucklern von Bild und Ton in den Videos durch den Ladevorgang, was außerdem zu fehlender Lippensynchronität führte – das muss nicht auf jedem Rechner so sein, in meinem Fall störte das jedoch die Spielerfahrung erheblich.

 

 

Die Rendersequenzen sehen richtig gut aus, wirken nur nicht flüssig. Hier sehen wir Mitchell, unseren Protagonisten.

 

 

 

 

Auch in der Levelarchitektur selbst hat sich nicht viel getan – im Gegenteil. Wie immer möchte das Spiel, dass wir, wie in einer Actionachterbahnfahrt, den Kopf nach vorn gerichtet lassen und die Effekte genießen. Auf den streng linearen Wegen macht der Titel auch einen guten grafischen Eindruck. Schöne Beleuchtung sorgt an einigen Stellen für tolle Stimmung und die typischen Knalleffekte werden uns im Sekunden Takt um die Ohren gehauen. Nur die Unschärfeeffekte greifen teils total daneben oder wirken zu aufgesetzt, doch das kann dem Spiel verziehen werden. ABER: Von der Optik im Gameplay kann man nicht behaupten, dass wir hier ein Next-Gen CoD spielen. Die optische Qualität schwankt von Level zu Level, der Detailgrad ist mal hoch, mal ernüchternd. Und schauen wir nur ein bisschen zu den Seiten, dann wird’s teilweise sogar richtig hässlich.

 

 

 

Während einige Momente sehr stimmig wirken...

 

 

 

 

 

 

 

 

... sind andere Stellen schlichtweg hässlich, wie hier hinter der Levelgrenze.

 

 

 

 

 

Unverständlich ist dabei, wieso das Spiel so einen heftigen Hardwarehunger hat. Besonders das Antialiasing schluckt brutal viel Leistung. Und da man in der Regel in einem so schnellen Spiel viele Frames möchte, so muss die Kantenglättung eben drunter leiden. Wer am PC spielt und trotzdem nicht viel Wert auf das Aussehen des Spiels legt, der kann mit einem Klick die Einstellungen der Grafik auf seinen PC im Menü optimieren. Dann läuft es problemlos, verliert jedoch stark an optischen Glanz. Doof nur: Jedes Mal, wenn wir Einstellungen an den Grafikoptionen im Spiel vornehmen, muss der Level neu geladen werden. Und das dauert sehr lange.

In den Missionen fällt Storybedingt übrigens oft der Name Prophet. Wen das an Crysis 3 erinnert, den erinnert das auch an die tolle Optik des Spiels bei gleichem Hardwarehunger. Nur mal so.

 

 

In den Zwischensequenzen sieht das Spiel recht gut aus.

 

 

 

 

 

 

…aber Kevin Spacey! – Na und?

Durch ein Gameplayelement beißt sich das Spiel ins eigene Fleisch. Denn wie immer in der Serie können wir Sammelobjekte finden. Dafür schaut man sich schon mal genauer im Level um, nur sollten wir das eigentlich am besten nicht tun, um die grafische Illusion aufrechtzuerhalten. Zumindest sind die Animationen im Spiel, auch fernab der Zwischensequenzen, wieder toll anzusehen. Außerdem knallt und rumst es mal wieder an allen Ecken. Das Spiel hat sich auch in diesem Jahr wieder den Titel „Popcornspiel des Jahres“ verdient.

Ach ja, die Geschichte. Viel kann man (leider) wieder einmal nicht erwarten. Trotz Kevin Spacey, der dem Spiel zwar ein prominentes Gesicht leiht, sich jedoch einfach als Marketingfigur entpuppt. Die Figur, die Spacey spielt, ist nämlich nicht wirklich tiefgründig und jeder frei modellierter Charakter hätte genauso gut in diese Rolle gepasst.

 

 

 

Ein knalliger Moment jagt den nächsten. Das kann das Spiel genauso gut wie seine Vorgänger - also wie wir es kennen.

 

 

 

 

Für die Story nur wichtig zu wissen: Sie spielt in der nahen Zukunft. Wir verlieren kurz nach Beginn des Spiels unseren Arm sowie unseren besten Freund, der gleichzeitig der Sohn von Jonathan Irons (Spaceys Rolle) war. Irons wiederrum ist der Leiter der größten privaten Militärmacht der Welt, genannt Atlas. Für die Gerechtigkeit steigen wir, Jack Mitchel, bei Atlas ein und bekommen dafür einen neuen, künstlichen Arm spendiert. Fortan gewinnt Atlas immer mehr an Macht. Und was passiert, wenn man zu viel Macht besitzt? Man dreht durch.

Wir spielen diesmal nur Mitchell und nicht, wie teilweise in den Vorgängern, verschiedene Hauptpersonen. Zudem bekommen wir unseren Hauptcharakter in den Rendersequenzen oft zusehen und sprechen kann dieser auch, wenn auch nur selten in den Missionen selbst. Die Anzahl an weiteren, wichtigen Personen in der Geschichte ist überschaubar und jedes Gesicht bleibt farblos. Trotzdem ist das für ein CoD ganz gut, denn so hebt das Spiel nicht komplett ins Wirrwarr ab und bleibt mit seiner Erzählung trotz Logiklücken bodenständig. Auch dieses Jahr kann man somit zwar keine tiefgründige Geschichte erwarten, aber zumindest folgen wir einem roten Faden bis zum Schluss, auch wenn das Ende etwas abgehackt wirkt.

 

 

 

Auf uns warten die typischen Call of Duty Gefechte, an denen hat sich nicht viel getan.

 

 

 

 

 

Morgen ballern wie gestern

Die Gefechte laufen ab wie gewohnt. Wir laufen von A nach B und schießen zwischendurch hunderte Gegner um. Das Ganze wird genauso wie immer von einem fetten Effektgewitter begleitet. Ständig passiert oder explodiert irgendwas, richtige Atempausen gibt es eher selten – und wenn, dann nur kurz. Auch Fahrzeugpassagen gibt es ab und zu wieder. Sind wir jedoch mal nicht schnell genug, z.B. wenn wir unseren Kollegen teilweise nicht rechtzeitig folgen oder einen Quicktime Knopf nicht gedrückt haben, verlieren wir. Und entfernen wir uns auch nur einen Meter von der Levelgrenze, droht das Zurücksetzen zum nächsten Speicherpunkt. Das höchste an Bewegungsfreiheit bietet nur eine viel zu kurze Schleichmission. Aber insgesamt wird spielerische Freiheit wiedermal ganz klein geschrieben.

 

 

 

In einigen Level steuern wir Fahrzeuge. Dieser Jetausflug sieht zwar gut aus, steuert sich jedoch sehr schwammig.

 

 

 

 

Neu ist jedoch, dass wir kleine Herausforderungen bestehen und somit Punkte zum Verbessern des Soldaten erlangen können. Diese Verbesserungen sind aber nicht umfangreich.

Doch dank Zukunftsszenario ändert sich tatsächlich etwas am Gameplay. So besitzt jeder Soldat ein Exoskelett, was ihm zusätzliche Kräfte verleiht. Etwa hohe Sprünge oder das Klettern an Wänden. Welche Fähigkeiten wir in den Missionen mitnehmen, dürfen wir aber leider nicht selber aussuchen. Und nur wenige, wie etwa eine Zeitlupe oder einen mobilen, tragbaren Schild, dürfen wir nach Belieben benutzen. Alle Funktionen die sich nach abwechslungsreichen Gameplay anhören, wie etwa das Klettern an Wänden, dürfen wir nur limitiert an vorgegebenen Stellen einsetzen.

Sonst noch neu im Gepäck sind die variablen Granaten. Diese Hilfsgranaten können wir zwischen EMP gegen Technik, Blend gegen Gegner oder Warnung zur Aufklärung umstellen. Letzteres deckt alle Gegner in der Nähe wie ein Wallhack auf.

 

 

 

Durch futuristische Gadgets wird das Spiel etwas zu sehr vereinfacht.

 

 

 

 

 

 

Und dann wären da noch die „intelligenten Granaten“ welche sich einfach ein eigenes Ziel suchen, nachdem wir sie geworfen haben - was zunächst mal etwas gewöhnungsbedürftig ist. Auch mit Granatwerfern müssen wir nur noch grob in die Richtung des Gegners feuern, die Granaten suchen sich dann den Rest. Einige Visiere der Waffen lassen außerdem unseren Gegner rot schimmern, was das Treffen stark erleichtert.

So zukunftsmäßig diese Funktionen und Techniken auch sind, sie haben den Nachteil, dass das Gameplay etwas zu vereinfacht wird. Das Spiel möchte das durch die Gegnermassen wieder ausgleichen, doch meistens sind wir schlichtweg zu mächtig. Da hilft nur den Schwierigkeitsgrad hochzustellen. 

Und es hilft auch das Gehirn abzustellen, denn teilweise sind die Situationen im Spiel einfach bescheuert. Beispiel: In einer Mission müssen wir von einer Straßenseite zur anderen, dazwischen herrscht Berufsverkehr. Und natürlich stehen an der anderen Seite Gegner die wild auf uns ballern. Spielerisch müssen wir hier den Autos ausweichen und die Gegner treffen. Logisch könnten wir allerdings die große Überführung rechts neben uns nehmen, um sicher über die Straße zu kommen und ein gutes Schussfeld zu haben. Aber das ist Levelgrenze. Und dass wir wild über die Straße schießen stört die Autofahrer auch nicht, genauso wenig wie einer mal auf die die Idee kommen könnte zu bremsen, wenn ein schwer bewaffnetes Squad schießend über die Straße läuft.

 

 

Bild zum oben genannten Beispiel. Im Hintergrund die Überführung, vor uns die erschrockenen Autofahrer, die vor Schockstarre anscheinend nicht vom Gas gehen können.

 

 

Unterm Strich muss man dem Spiel einfach die Ideenarmut vorwerfen. Nur neue Zukunftstechnologie in die Missionen einzubauen hilft einfach nicht darüber hinwegzusehen, dass selbst einige Vorgängerspiele der eigenen Reihe kreativer waren. Dabei denkt man beispielsweise an den Shooter-Strategie Mix eines Black Ops 2 zurück, oder die Koop Spezialmissionen die mit Modern Warfare 2 dazu kamen.

 

[Multiplayer]

Nein, keine Titans als Scorestreak

So richtig entfalten sich die ganzen Exoskelett Ideen und neuen Techniken allerdings sowieso erst im Multiplayer, der – ich nehme es gleich mal vorweg – eigentlich so suchterregend wie immer ist. Dank der Skeletts sind schnelle Schübe zu den Seiten und nach hinten, sowie Doppelsprünge jederzeit möglich.  Das Spiel ist jedoch keine Kopie von Titanfall, sondern einfach nur CallofDuty mit Doppelsprüngen. (Und trotzdem kam bei mir sofort das Verhaltensmuster von Titanfall wieder auf –ständige Doppelsprünge, niemals stehenbleiben, den Gegner von oben überraschen, etc.) Das bisher schon superschnelle Gameplay von CallofDuty mutiert durch diese Funktion in ein unnormal schnelles Gemetzel bei dem man am besten übermenschliche Reaktionen beherrschen sollte, so kommt es einem zumindest oft vor. Und es macht genauso so viel Spaß wie eh und je, sofern man denn bisher Spaß an der Reihe hatte.

 

 

 

Unseren Soldaten dürfen wir relativ frei gestalten.

 

 

 

 

 

 

 

Wir können unseren Soldaten nun individualisieren. Verschiedene Köpfe, verschiedene Kleidung bis hin zu verschiedenen Schuhen stehen zur Auswahl. Vor jedem Match können wir nämlich nun unsere Gegner betrachten. Insgesamt eine nette Neuerung. Neue Gegenstände zum Anziehen verdienen wir z.B. durch Herausforderungen. Genauso wie wir wieder im Level bis zur 50er Grenze aufsteigen und zwischendrin allesmögliche an Waffen, Aufsätzen, Killstreaks und weiterer Ausrüstung freischalten. Wie gewohnt basteln wir uns unsere Ausrüstung und Fähigkeiten im Klasseneditor selbst zusammen, der schon ab dem ersten Level bereitsteht. 13 Slots können wir so frei belegen. Durch die Exoskletts gibt es reichlich neue Fähigkeiten die wir hier einpacken dürfen. Wie etwa einen mobilen Schild am Arm oder eine Funktion zur schnellen Heilung. Es gibt ebenfalls wieder viele Spielmodi die für reichlich Abwechslung sorgen. Unterm Strich machen die Neuerungen im Mehrspieler sehr viel Spaß.

 

 

 

 

Aus dem Klasseneditor heraus können wir unsere Waffen sofort austesten.

 

 

 

 

Fazit

Kein Spiel hatte mir dieses Jahr den Einstieg so schwer gemacht wie Advanced Warfare. Ich habe wirklich viel Zeit im ersten Level verbracht bis die Einstellungen so saßen wie sie sollten – und musste jedes Mal den langen Ladebildschirm über mich ergehen lassen wenn an der Grafik rumgeschraubt wurde. Die technische Umsetzung ist für mich am PC ein Debakel.

Optisch ist es teilweise zwar ganz schick - wenn auch hinter den Erwartungen, da das Spiel mich mit der grafischen Darstellung in den Zwischensequenzen wirklich ausgetrickst hat. Und hinter der nächsten Ecke oder hinter der Levelgrenze wird’s wieder richtig hässlich.

Trotzdem hat die Achterbahnfahrt wieder Spaß gemacht, zumindest wenn man nicht allzu hohe Erwartungen hat. Auch der Multiplayer funktioniert wieder richtig gut, ist dank Doppelsprüngen sogar noch schneller geworden und macht dank der Individualisierung wieder richtig Laune - auch wenn ich witzigerweise beim Spielen irgendwie wieder Lust auf Titanfall bekam.

Ich hätte zwar ein wirkliches Next-Gen CallofDuty erwartet, aber da habe ich mir wohl zu viele Hoffnungen gemacht. Auch das Gameplay bleibt so wie immer, trotz guter Ideenansätze mit den Exoskeletts.

Unterm Strich bereue ich meine 4,99€ nicht, viel mehr würde ich für das Spiel jedoch auch nicht hinlegen wollen. Wer also nicht heiß auf den Multiplayer, sondern auf Popcorn Unterhaltung im Singleplayer ist, sollte auf einen Sale warten. Oder auf das Call of Duty im nächsten Jahr. Mal sehen wer da die Hauptrolle spielt.


Wertung
Pro und Kontra
  • typisch spaßige Achterbahnfahrt
  • Render- und Zwischensequenzen sehen sehr gut aus
  • einige optisch stimmige Momente in den Level
  • Verbesserungen im Singleplayer
  • Fahrzeugpassagen
  • Multiplayer mit Suchtpotential dank vieler Freischaltungen
  • neue Bewegungsmöglichkeiten im Multiplayer dank Exoskelett
  • grafisch unterm Strich eher mäßig
  • flache Geschichte
  • farblose Charaktere
  • Gadgets vereinfachen die Gefechte zu sehr [Singleplayer]
  • schlechte Levelgrenzen
  • kaum spielerische Freiheit
  • schwache KI
  • aufgesetzte Unschärfe Effekte

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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