Seite 4: Crytek erklärt Stereoskopie - Der S3D-Modus der CryEngine 3

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Die CryEngine 3 in 3D

So weit die Theorie. Wie hat sich die Umsetzung nun aber tatsächlich abgespielt? Um das Thema S3D richtig anzupacken, haben wir mit unserem Team ein experimentelles Spiel entwickelt, das von Anfang an als ein rein stereoskopischer 3D-Titel geplant wurde – eine parallele Spielbarkeit unter 2D-Bedingungen haben wir dabei ganz bewusst ausgeschlossen, um sich ausschließlich auf die kommenden Herausforderungen zu konzentrieren. Dieser Weg klingt recht aufwendig, ist aber auf lange Sicht für uns der richtige gewesen, weil die Erkenntnisse direkt in die CryEngine eingeflossen sind.

Die ersten 3D-Tests wurden bei Crytek mit einem unveränderten Crysis durchgeführt. Die ersten 3D-Tests wurden bei Crytek mit einem unveränderten Crysis durchgeführt.

Wer eine langfristige Nutzung anstrebt, sollte über einen simplen 3D-Patch hinaus denken. Erste Tests wurden ganz simpel mit einem unveränderten Crysis auf einem 3D-Monitor durchgeführt, der mithilfe eines Treibers dem Rechner ein Stereobild entlockt hat. Schon zu diesem Zeitpunkt war zu erkennen, dass die räumliche Wirkung dem Spiel noch einmal mehr Atmosphäre verlieh – aber wir haben auch gemerkt, dass sich einige implementierte Effekte nicht eins zu eins auf 3D übertragen ließen, wenn diese nicht noch einmal direkt in der Engine angepasst wurden.

Der erste Eindruck

Mithilfe unserer »Research & Development«-Abteilung konnten wir auf einem vorhandenen 3D-Monitor schnell die ersten Resultate betrachten. Intern hat der Renderer zur normalen Kamera eine weitere Kamera gerendert. Trotz diverser kleiner grafischer Fehler war das Ergebnis schon ansehnlich und hat das Potenzial für ein großartiges Spielerlebnis gezeigt. Die »kleinen« grafischen Fehler haben dann eine Überarbeitung in der Engine nach sich gezogen. So wurden zum Beispiel Schatten nicht korrekt für beide Augen berechnet. Daher mussten noch diverse Algorithmen an die zweite Kamera angepasst werden. Das größere technische Problem stellte aber die Performance dar.

Auf dem PC sind es die Spieler gewohnt, selbst an diversen Einstellungen drehen zu können, um den eigenen Rechner auf die Gegebenheiten der Hardware und Software anzupassen. Es ist aber nicht zu vermeiden, dass die allgemeine Performance für S3D unter diesen Umständen immer auf Kosten der Qualität gehen wird. Für das experimentelle Game spielte das zwar erst einmal nur eine untergeordnete Rolle. Es war aber klar, dass auf lange Sicht eine andere Lösung für das Problem gefunden werden musste.

Für Menüs benutzt die CryEngine 3 Scaleform Gfx als Middleware, um Flash-Objekte in 3D zu verarbeiten. Für Menüs benutzt die CryEngine 3 Scaleform Gfx als Middleware, um Flash-Objekte in 3D zu verarbeiten.

Eine weitere Herausforderung stellte das HUD dar, also die grafischen Elemente wie Statusanzeigen, Fadenkreuz, Objektmarkierungen und auch Menüs. Diese waren alle in 2D gerendert, selbst wenn sie einen 3D-Look hatten. Über der S3D-Darstellung liegen diese Elemente alle in der gleichen Tiefenebene, nämlich der des Monitors. Für Menüs ist dies erst einmal kein technisches Problem. Es fühlt sich aber für ein S3DGame deplatziert an, weil das gesamte Menü in einer einzigen Raumtiefe dargestellt werden sollte. Kaum etwas fällt in einem S3D-Spiel mehr auf als das plötzliche Fehlen von Tiefe!

Dazu benutzt die CryEngine 3 eine Middleware namens Scaleform Gfx, die Flash-Objekte in 3D verarbeiten kann. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass gerade die Entwickler, die sich mit dem Stereo-Code beschäftigt haben, häufiger von ihren Augen genarrt wurden – »Ist das jetzt Stereo oder nicht ...?« Denn häufig können die Augen eine Menge Fehler kompensieren, ja manchmal sogar 3D vortäuschen, obwohl die beiden Bilder links/ rechts-vertauscht sind. So ist es mehr als einmal passiert, dass wir uns eine neue Version anschauten und nur sehr langsam merkten, dass irgendwas nicht stimmte. Ein Drehen der Brille öffnete im wahrsten Sinne des Wortes die Augen – mal wieder beide Bilder vertauscht.

Die Tiefenproblematik

HUD-Elemente lassen sich in zwei Gruppen unterscheiden: in solche, die Informationen mitteilen, die unabhängig von ihrer 3D-Position sind, und in Elemente, die ihre Information in direktem Zusammenhang auf Objekte in der Spielwelt beziehen. Erstgenannte lassen sich gemeinsam in einer Tiefe darstellen bzw. unabhängig vom sonstigen Spielgeschehen. Grundsätzlich lassen sich Objekte grob in drei Tiefen einteilen: vor dem Monitor (also mit negativer Parallaxe), genau auf der Projektionsebene und in der Tiefe des Raumes, also hinter dem Monitor (mit positiver Parallaxe). In den meisten S3D-Anwendungen werden die handlungsrelevanten Teile hauptsächlich hinter der Projektionsfläche platziert, weil dies dem gewohnten Sehen am nächsten kommt. Alles, was vor der Projektionsfläche liegt, kann den 3D-Effekt zwar deutlich verstärken, bringt aber Probleme mit sich.

Negative Parallaxe Das Objekt befindet sich vor der Bildebene. Die beiden Einzelbilder sind quasi vertauscht, wodurch sich die Augen »kreuzen« und das projizierte Bild nach vorn schieben.

Positive Parallaxe Das Objekt befindet sich hinter der Bildebene, beide Einzelbilder verschieben sich positiv voneinander weg. Der Abstand zueinander definiert die räumliche Tiefe.

Keine Parallaxe Das Objekt ist in der Bildebene – beide Einzelbilder liegen aufeinander und haben keine Parallaxe.

Welche Tiefe man für die klassischen HUD-Elemente wählt, ist ein bisschen vom Geschmack und vom Stil des Spiels abhängig. Mit zahlreichen Tests haben wir versucht, eine geeignete Position vor dem Monitor zu finden, um eine realistische Wahrnehmung eines HUD, das direkt vor den Augen schwebt, nachzuempfinden. Auch wenn dies einen guten Effekt ergibt, haben wir uns letztlich dagegen entschieden. Anstatt sich harmonisch in das Spiel einzufügen und es zu unterstützen, wurde die Darstellung als zu aufdringlich empfunden. Zusätzlich müssen die Augen des Betrachters deutlich mehr »arbeiten«, um den Unterschied in der Fokussierung zu leisten, was eine schnellere Ermüdung nach sich zieht. Wenn man das HUD näher an der Fokusebene des eigentlichen Spielgeschehens positioniert, wirkt der Gesamteindruck des Spiels deutlich runder.

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