Fastfood für Casuals

Dirt 3 illustriert nur beispielhaft, wohin die Reise in der heutigen Spieleindustrie geht - weg von komplexen, anspruchsvollen, umfangreichen Spielen mit einer...

von - Gast - am: 01.07.2011

Dirt 3 illustriert nur beispielhaft, wohin die Reise in der heutigen Spieleindustrie geht - weg von komplexen, anspruchsvollen, umfangreichen Spielen mit einer hohen Lernkurve hin zu einfacher, schnelllebiger Kost für Jedermann.

Worauf diese Annahme bezüglich Dirt 3 beruht?

Nun, schauen wir uns als erstes die Events an - abwechselungsreich sind sie, von klassischen Rallye-Disziplinen wie Etappenfahren & Hill Climb über Rundkurs-Rennen bis hin zu dem doch im Rally-Kontext recht absurd anmutenden Gymkhana.
Doch keine der Disziplinen fordert etwas, was ich eigentlich von einem Rally-Spiel erwarten würde - Durchhaltevermögen. Die meisten Events nehmen 1-3 Minuten in Anspruch, kaum eines länger. Genau die richtige Zeitspanne für den Casual Gamer.

Mit Wehmut blicke ich dagegen auf mein erstes Rallye-Spiel, Rallye-Racing '97 zurück, bei dem es nicht nur Nacht-Etappen gab, die mit 50km Länge eine halbe Stunde gedauert haben (und dementsprechend stark an der Konzentration nagten), sondern auch eine richtige Rally-Kampagne.

So etwas fehlt mir bei Dirt total. Eine Kampagne, in der man nach jeder Etappe sein Fahrzeug reparieren muss und man über ein begrenztes Kontigent an möglichen Reparaturen verfügt, sodass man teilweise über mehrere Etappen mit vorhandenen Beschädigungen (z.B. des Getriebes) leben und seine Fahrweise entsprechend anpassen muss. Oder aber mal eine Nachtetappe nur mit Standlicht fahren muss, weil man seine Scheinwerfer zerstört hat.

In Dirt3 dagegen rückt der Konstrukteurs-Aspekt einer Rally total in den Hintergrund. Das Fahrzeugsetup wurde stark trivialisiert, so gibt es nur 5 Einstellungsmöglichkeiten, auch wenn die Auswirkungen bezüglich Bodenfreiheit bzw. Dämpferhärte immerhin deutlich spürbar (und auch sichtbar) sind.

Die Grafik wirkt bei näherer Betrachtung altbacken & detailarm, in ihrem Gesamtbild aber doch recht authentisch. Die Fahrzeugmodelle aber sind z.T. sehr spärlich modelliert, so verfügen viele ältere Modelle nicht einmal über transparente Scheinwerfer. Stattdessen wurde eine Fototextur darauf geklatscht, was unter heutigen Gesichtspunkten als ein grafisches No-Go angesehen werden muss.

Die Cockpits der Fahrzeuge erreichen ebenfalls nicht das Niveau der Konkurrenz (z.B. Shift 2), die Details beschränken sich bei den meisten Fahrzeugen nur auf das Lenkrad und die Armaturen.

Positiv anzumerken ist jedoch die ausgesprochen performante Engine, die selbst auf älteren Rechnern wie meinem sehr flüssig läuft und keinen Input-Lag Eindruck wie bei Shift 2 hinterlässt.

Die Fahrphysik ist für meinen Anspruch bei allen deaktivierten Fahrhilfen viel zu gutmütig, heckgetriebene Fahrzeuge tendieren selbst bei Schnee oder matschigen Untergrund kaum zum Übersteuern. So gut wie jedes Event gewinnt man trotz nicht vorhandener Fahrzeug- & Streckenkenntnis auf Anhieb, da sich die Wagen in ihrer Fahrphysik kaum voneinander unterscheiden und die Eingewöhnungsphase an das Fahrzeug in den ersten Metern der Strecke abgeschlossen ist. Die Motorgeräusche vermitteln ebenfalls nicht den Eindruck, sich großartig voneinander zu unterscheiden, so klingt zum Beispiel ein Hummer H3 wie ein 4 Zylinder japanischer Herkunft.

Gymkhana ist eine Spielerei für Leute, die darauf stehen, wurde meines Erachtens nach aber zu tief in die 'Kampagne' verflochten, sodass auch jene dazu gezwungen werden, die daran kein großes Interesse haben. Ich selbst habe natürlich das Ken Block-Video vor langer Zeit gesehen und fand es recht beeindruckend, finde es aber bedenklich, wie seine Leistung nun durch dieses Spiel mit einer 'Das kannst du auch!'-Mentalität kommerziell ausgeschlachtet wird. Man kann mit gutem Gewissen sagen, der werte Block hat seine Seele an Codemasters verkauft.

Als absolut nervtötend stellten sich mir die pseudo-motivierenden Kommentare nach Abschluss oder Freischaltung eines Events dar. Mag sein, dass dem ein 13jähriger Glauben schenkt, wenn der Kommentar meint, man sei so 'krass' gefahren, dass man davon unbedingt ein Video auf Youtube stellen müsste. Ich dagegen kann das Ganze nur belächeln. Aber spätestens, wenn der Kommentator Sätze mit 'Yo, ...' beginnt, stellt sich mir die Frage, was mache ich eigentlich hier in diesem Kiddie-Spiel...


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(3)
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