Viel ungenutztes Potenzial

Ich möchte gleich im Vornherein klarmachen, dass ich die vorherigen Teile des Dukes nicht gespielt habe. Vielleicht könnte das meine Endwertung...

von Bakefish am: 07.12.2013

Ich möchte gleich im Vornherein klarmachen, dass ich die vorherigen Teile des Dukes nicht gespielt habe. Vielleicht könnte das meine Endwertung beeinflussen. Nach all den schlechten Bewertungen im Internet war ich, als ich Duke Nukem Forever dann selbst spielte, etwas überrascht, da ich es deutlich besser fand als erwartet. Doch perfekt ist das Spiel nicht annähernd, es gibt noch Unmengen an Potential, die ausgenutzt hätten werden können.

They`re back, Baby!

Der Anfang des Spiels dürfte mittlerweile ja bekannt sein- wir spielen im Spiel ein Videospiel, in welchem wir den Endgegner des vorherigen Teils plattmachen. Dann fährt die Kamera zurück und wir werden… nun ja, von unseren Lieblingsmädchen „beglückt“. Kurz darauf erfahren wir, dass die Aliens, welche bereits vor 15 Jahren auf der Erde für mächtigen Ärger gesorgt haben, wieder da sind, allerdings bleiben sie passiv. Vorerst, es dauert nicht mehr lange, und schon fangen sie an, mit Raumschiffen und Truppen die Menschen anzugreifen. Dem Duke geht das Ganze vor allem dann auf den Strich, als seine Mädchen entführt werden.

An sich betrachtet ist die Story eher wie ein B-Movie erzählt. Es gibt zwei Ziele, nämlich erst die beiden Weiber zu retten und danach die Menschheit. Das war`s aber auch schon. Die Geschichte an sich besitzt nicht die geringste Tiefe, es werden keine Hintergrundinformationen gegeben, eigentlich braucht man diese auch nicht. Nur selten kommt es vor, dass wir uns mit Personen direkt im Gespräch befinden, und dann sagen sie eher solche Dinge wie „Duke, rette uns!“ oder „Duke, die Menschheit zählt auf dich!“

Das Spiel verläuft durchgehend linear und ist in dieser Struktur CoD nicht unähnlich. Ab und zu gibt es Scriptsequenzen oder solche Stellen, an welchen wir an Geschützen sitzen und auf Gegner ballern, während unsere Kumpels den Flieger steuern. Dieses System funktioniert recht gut, aber dass es keine Hintergrundinformationen gibt, finde ich etwas schade. Es hätte doch beispielsweise erklärt werden können, was in den letzten 15 Jahren so alles passiert ist oder was die Aliens jetzt genau auf der Erde treiben. Dass Duke Nukem in der Zeit schweinereich geworden ist, hat mir nicht gereicht.

Die Stärke der Story liegt aber nicht auf diesem Punkt. Humor ist das, was Duke Nukem ausmacht. Und dieser ist, wie ich finde, doch recht gut geraten. Nicht nur, dass Duke sich wie ein Klischeemacho feinster Art verhält und die meisten Charaktere nicht gerade durch Intelligenz bestechen, nein, das Spiel parodiert den amerikanischen Patriotismus aufs Feinste. Allein schon wie häufig man die amerikanische Flagge irgendwo flattern sieht… sehr schön gemacht, regelmäßig habe ich mich köstlich amüsiert. Dennoch liegt ungenutztes Potential in der Story, auch wenn diese eher Nebensache ist.

Oh Gott, mein Ego…

Was Duke Nukem Forever so besonders gemacht hat, ist der Ego- statt Gesundheitsbalken. Duke Nukem reicht es nicht aus, überall Plakate von sich hängen zu lassen, er ist so arrogant, dass er diesen Egobalken hat. Dieser Egobalken kann im Laufe des Spiels durch total verrückte Aktionen vergrößert werden. Startet es anfangs noch bei einem Blick in den Spiegel (mit einem „Damn, I´m lookin´ good.“) oder bei einem Gewinn am eigenen Flipperautomaten, hauen wir bald schon gegen außerirdische Wandauswüchse, welche weiblichen Brüsten sehr ähnlich sehen oder wir stellen uns vor eine Toilettenwand mit einem mysteriösen Loch, um kurz darauf eine Frau würgen und husten zu hören, während wir stöhnend mit der Faust gegen die Wand schlagen. Diese Aktionen liegen überall in den Leveln verteilt, allerdings dürfen wir eine Aktion immer nur einmal durchführen. Erledigte Bossgegner erhöhen unser Ego ebenfalls. Ein erhöhtes Ego ist auch bitter nötig, da das Spiel im Laufe der Zeit recht schwer wird- entsprechenden Schwierigkeitsgrad vorausgesetzt. An sich betrachtet verhält sich diese Egoleiste aber wie eine klassische Gesundheitsleiste- sie sinkt, wenn wir Schaden aller Arten nehmen, und nach einigen Sekunden lädt sie sich wieder auf.

Auch an Waffen macht Duke Nukem Forever einiges anders als andere Shooter. Die meisten Waffen, die wir im Spiel benutzen, sind außerirdischen Ursprungs und verschießen Plasmastöße, Laserstrahlen oder sogar Schrumpfstrahlen, welche Gegner dauerhaft kleiner machen. Es gibt zwar nicht besonders viele dieser Waffen, doch sind sie sich insgesamt sehr verschieden. Eines an diesen Waffen fällt aber auf- wir laden sie nicht manuell nach, sondern laufen einfach über andere Waffen desselben Typs und plopp, sind sie wieder voll. Eine schöne Anspielung auf die Zeit der Arenashooter und späten 90er, also an die Zeit des Vorgängers. Wer keine Lust auf diese Alien-Schießprügel hat, kann alternativ auch mit den konventionelleren Waffen der Menschen herumschießen- welche allerdings recht rar sind. Eine Pistole, eine Pumpgun und schon recht bald ein Sturmgewehr- dabei bleibt es auch. Das Spiel wäre mit diesen Waffen auch recht bequem durchspielbar, wenn es (zumindest in der ungepatchten Version) nicht so wäre, dass wir nur zwei Waffen mit ins Feld nehmen dürfen. Mensch, das ist doch Duke Nukem! Warum dann nur zwei Waffen?

Die actionreichen Shooterparts werden zwischendurch mal immer wieder durch ruhigere Momente unterbrochen. Stellenweise gibt es sogar ganze Levelabschnitte, die wir spielen, ohne auch nur einen einzigen Schuss abzufeuern. Eine schöne Idee, auch sehr abwechslungsreich gestaltet. Die Bereiche, in welchen kaum bis gar nicht geballert wird, teilen sich in Geschicklichkeits- und Suche-den-Gegenstand-Momente auf. So geraten wir im Spiel manchmal in einen Schrumpfstrahler und hüpfen nun als winzige Figur durch die Gegend. Dabei müssen wir dann etliche Hindernisse überwinden, über welche wir auf normaler Größe nur lachen würden. Oder wir müssen einfach Batterien für Fahrzeuge oder Ersatzteile für Mechanismen finden. Dann müssen wir manchmal an Schaltern und Steuerungen herumexperimentieren, um so irgendwelche Wege freizumachen.

An einigen Stellen des Spiels steuern wir Fahrzeuge auch direkt durch ziemlich große Level, einmal sogar einen Gabelstapler. Diese Idee ist zwar ziemlich cool, allerdings ziehen sich diese Stellen (vor allem später) enorm in die Länge. Das nervt ziemlich, da man auch recht bald keine Lust mehr darauf hat, überall hingurken zu müssen, ein Ende aber nicht in Sicht ist.

Die Schießereien allgemein spielen sich nach klassischer Shootermanier- ballern und den Kopf unten behalten, und sollte man mal zu viele Kugeln geschluckt haben, in Deckung bleiben, bis sich das Ego wieder regeneriert hat. Etliche Gegner- welche teilweise schon recht merkwürdig aussehen- greifen allerdings auch im Nahkampf an, daher ist immer eine Schrotflinte empfohlen. Vor allem auf den höheren Schwierigkeitsgraden (anfangs gibt es drei, haben wir den höchsten durchgespielt, noch einen weiteren) wird das Spiel an einigen Stellen echt schwer, da wir nichts aushalten, unsere Gegner Kugeln jedoch zum Frühstück essen.

Alles in allem ist das Spiel vom Gameplay her sehr solide geraten, mit ganz klassischen Shooterdingen, eben Oldschool. Allerdings fällt ab dem letzten Drittel des Spiels auf, dass dieses sich in die Länge zieht und der Ideenreichtum teilweise stark abnimmt. So geht auch ein Teil des Spaßes verloren, was den Gesamteindruck des Spiels trübt. Schade, das Gearbox an dieser Stelle erneut das Potential nicht ausnutzt.

America, dear America

Dank der ständig wechselnden Umgebung bleibt die Atmosphäre recht hoch. Starten wir in unserem eigenen Wolkenkratzer, kämpfen wir uns schon bald durch Las Vegas, in ein Sportstadion, durch ein Fastfoodrestaurant und und und. Dabei kommt immer wieder der Humor zugute, welcher das Spiel so zu einer Amerikanerparodie allerfeinsten Ausmaßes macht. Auch das typische Verhalten des Dukes- Sex (und vor allem der, wenn man mal bedenkt, wie oft wir im Spiel mir sexsüchtigen und halbnackten Weibern konfrontiert werde), Drugs and Rock´n´Roll- kommt wieder hervorragend zu Geltung, auch durch seine (in der englischen Version) sehr rauchige Bassstimme. Halt eben typisch Duke Nukem.

Doch auch die Atmosphäre leidet unter dem letzten Drittel des Spieles, da die Ereignisdichte insgesamt abnimmt und damit auch die spaßigen Elemente. Erneut verschwendet das Spiel so Potenzial.

Unter aller Sau

Was das Spiel allerdings komplett in den Sand gesetzt hat, ist die Grafik. Texturen, Wasser und Partikel sind alles andere als gut geraten, was mich jedoch am meisten störte, war dieser Unschärfeeffekt, welcher sich durch das Spiel zog. Ich konnte höchsten zehn Meter weit sehen uns schon verschwamm die Umgebung. Zum Glück hat Gearbox das recht schnell nachgepatcht und neben dem Entfernen dieses Effektes auch Texturen insgesamt verbessert. Mit Shootern wie Battlefield 3 kann Duke Nukem Forever aber lange nicht mithalten, dafür ist die Unreal Engine 3 mittlerweile einfach zu alt. Normalerweise interessiert mich die Grafik an Spielen nicht sonderlich, aber der Unschärfeeffekt hat mich wirklich frustriert. Vielleicht ist das bei anderen Systemen nicht so gewesen, aber bei mir verschwand dieser Effekt erst nach dem Patch.

Fazit

Duke Nukem Forever ist keineswegs schlecht. Der gearbox-typische Humor, die satte Action und die ruhigen Zwischensequenzen haben mich sehr gut unterhalten. Doch vor allem am Ende des Spiels kränkelt dieses strak, wodurch Story, Atmosphäre und Gameplay allgemein leiden. Einige Neuerungen wie das Egosystem oder die Alienwaffen hübschen das Ganze etwas auf, doch spielt sich Duke Nukem Forever eher wie ein ganz normaler Egoshooter. Halt eben „Oldschool“. Es hätten noch einige Ideen mehr eingebaut werden können, welche das Spiel dann auch richtig vervollständigt hätten. Vor allem deswegen gebe ich dem Spiel 78 Punkte.

Ach so, den Merhspielermodus habe ich nicht ausgetestet, aber ich kenne kaum Leute, die ihn gespielt haben. Bitte nehmt mir das nicht übel :-(


Wertung
Pro und Kontra
  • Recht lange
  • Egosystem ist gut gemacht
  • Sehr witzig gestaltet
  • Viele ruhigere, abwechslungsreiche Zwischenparts
  • Waffen mit stellenweise sehr lustigen Funktionen
  • Auf höheren Schwierigkeitsgraden anspruchsvoll
  • Flach gegen Ende immer mehr ab und zieht sich so in die Länge
  • Story hätte besser ausgebaut werden können
  • Grafik auf ungepatchter Version saumies

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(1)
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