Wegweisendes Action-Adventure der ungewöhnlichen Art

Ein 08/15-New Yorker begeht einen Mord. So weit, so gewöhnlich, so Wochentagskrimi, aber der Mörder ist während dem Mord besessen. Das ist ungewöhnlich....

von Parz1val am: 31.10.2008

Ein 08/15-New Yorker begeht einen Mord. So weit, so gewöhnlich, so Wochentagskrimi, aber der Mörder ist während dem Mord besessen. Das ist ungewöhnlich. Überhaupt ist fast alles ungewöhnlich an Fahrenheit, vom Gamedesign bis zur Steuerung.
Vorhang auf zu einem der ungewöhnlichsten Spiele der letzten Zeit.

Ein Esoterik- Mord

Der oben erwähnte Mörder, Lucas Kane sein Name, hat ein Problem.
Er hat also auf einer Restauranttoilette einem wildfremden Mann erstochen und erwacht nun aus seiner Trance, nur um in einer Vision zu erkennen, dass ein Polizeibeamter im Schankraum sich gleich auf den Weg zum Austreten machen wird. Trance, Visionen, verwirrt? Keine Angst, das dürfen sie sein, den die ausgezeichnete Story Fahrenheits packt sie von Anfang an,
und gerade die Anfangsfragen werden erst spät gelöst.
Aber bleiben wir bei Lucas- der wird erstmal panisch und will aus dem Restaurant fliehen. Hier übernehmen sie, und lassen Lucas die Tatwaffe verstecken, die Hände waschen, die Leiche verräumen, und nix wie weg aus dem Restaurant. Wer zu lange braucht, wird vom Polizisten geschnappt, aber bleiben sie vernünftig- Ein Gast, der vergisst die Zecje zu zahlen, den merkt sich die Kellnerin natürlich besonders gut.
Aber dann verlassen sie das Lokal und die Szene wechselt.

Räuber und Gendarm

Ab nun spielen sie die Polizisten Carla Valenti und Tyler Miles, die spätnachts am Lokal ankommen und die Ermittlungen aufnehmen.
Widerwillig betreten sie das Lokal, befragen die völlig verdadderte Kellnerin und sammeln Beweise. Aus dieser Konstellation, Gejagten und Jäger zu spielen, bezieht Fahrenheit viel von seinem Reiz. Das funktioniert gut, denn Fahrenheit spoilert nicht vorab: Wenn Lucas zum Beispiel die Tatwaffe versteckt, haut die Kamera ab, als Polizist suchen sie ahnungslos. Natürlich kommt auch Lucas später wieder zum Zug.
Meistens können zwischen den beiden Cops auch wechseln, die kühle Carla zieht andere Schlussfolgerungen als der emotionalere Afroamerikaner Tyler. Spannend hat Entwickler Quantic Dream Dialoge gestaltet:
Wenn sie sprechen sollen, haben sie nur ungefähr zwei Sekunden zeit, die Antwort anhand von Stichworten zu wählen-aufregend!
In diesem ruhigen Spielabschnitt können sie sich außerdem mit der Steuerung vertraut machen. Zwar steuern sie die Figuren per Third-Person und WASD, alle weiteren Aktionen werden aber durch Mausgesten ausgelöst. Die gerade möglichen werden in der Kopfzeile des Spiels eingeblendet. So bewegen sie die Maus hin und zurück, um Lucas das Blut in der Toilette aufwischen zu lassen. Das klingt zwar interessant, ist aber zusammen mit der mauen\konsoligen Kameraführung sehr umständlich und nimmt einiges an Anspruch aus dem Spiel. So reicht es am Tatort, einmal mit beiden Cops alles abzugehen, und sie haben alle Beweise, weil die Gesten schon in der Nähe zum Hotspot automatisch eingeblendet werden.

Das kenn ich doch!

Die oben beschriebenen Spielelemente machen zusammen mit einer verschwindend geringen Anzahl an simplen Kombinationsrätseln eigentlich den gesamten Adventureabschnitt Fahrenheits aus, und der Anteil nimmt mit fortschreitender Spieldauer ab. In der zweiten Spielhälfte ist Fahrenheit dann ein reinrassiges Actionspiel, dominiert von hervorragend inszenierten Quicktime-Events, die leider teilweise viel zu lange ausfallen. Vor allem ein Basketball-Match mit Tyler nervt mit seiner Endlosigkeit. Von den Quicktime-Events gibt es zwei Varianten (Richtige-Taste-in-richtigen -Moment-drücken und Links-Rechts-Buttonsmashing), sie werden aber vielfältig eingesetzt. So müssen die durch rythmisches Drücken Carla ruhig Atmen lassen, damit sie in einem dunklen Keller keine Platzangst bekommt.
Ein Problem der ersten Variante: Die Anzeigen sind so dominant, dass sie nur mit halben Auge auf die Geschehnisse schauen-schade.
Gut dagegen: Die Splitscreen-Einblendungen ala 24, die viel zur Dramaturgie beitragen. Fehlt nur noch die tickende Zeitanzeige...
Aber nicht nur das Gamedesign, sondern auch die Story wandelt sich.
Nicht nur, dass sie gegen Ende ein Filmzitatfestival macht, sie wandelt sich auch von einer spannenden Detektivgeschichte mit psychologischem Touch zu einer mystischen New-Age-Erzählung mitsamt uralter Geheimsekte, Mayagöttern und einer magischen Energieform, und auch die anfangs toll gezeichneten Charaktere werden immer platter und klischeehafter. Das kann gefallen, muss aber nicht.

Zum Guten Schluss

Wer Fahrenheit als Adventure spielen möchte, für den ist das Spiel nur eingeschränkt zu empfehlen, als Actionspiel schon eher, solange einem bockige Kameras nicht zu sehr nerven.
Grafisch hat das Spiel schon beim Erscheinen 2005 niemanden vom Hocker gerissen, ist aber immer noch halbwegs stimmig.
Zum Sound: Zwar werden die Ohren durch einen ausgezeichnten Soundtrack verwöhnt, die schlechte deutsche Synchronisation lässt sie dagegen bluten. Unbedingt die englische, auch beigelegte Sprache wählen!
Also: Das Spiel selber hat so seine Macken, macht aber als Film trotzdem Spaß und könnte sogar wegweisend sein. Die Quicktime-Events waren es auf jeden Fall, sie kommen heute in jeden zweiten Actionspiel vor.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: gute Animationen,späktakuläre Action,stimmig
  • Sound: toller Soundtrack,gute englische...
  • Balance: stets fair,Folgen des Handelns immer klar
  • Atmosphäre: tolles Katz&Maus-Spiel,super Inszenierung
  • Bedienung: interessante Mausgesten...
  • Umfang: Spielzeit gut gefüllt,freispielbare Inhalte
  • Handlung: Anfangs Spannend,viele Wendungen
  • Mini-spiele: abwechslungsreich eingesezt,gut eingebaut
  • Dialoge: gut geschrieben,cooler Zeitdruck
  • Charaktere: gut gezeichnet,glaubhaft
  • Grafik: polygonarm,Playstation-2-Texturen
  • Sound: ...schlechte deutsche Sprachausgabe
  • Balance: feste Speicherorte und Rücksetzpunkte
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: ...aber umständlich,Kamerazicken
  • Umfang: etwas kurz
  • Handlung: später arg übersinnlich,mäßiges Finale
  • Mini-spiele: etwas zu lang,nur zwei Grundvarianten
  • Dialoge: -
  • Charaktere: am Ende mit Klischees ruiniert

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(3)
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