Fischen failed

Gutmütige See Man möchte dieses Spiel wirklich lieben. Mit aller Kraft. Ein kleines, fast schon familiäres Entwicklerstudio mit einem Kopf an...

von ShortSeb am: 12.03.2018

Gutmütige See

Man möchte dieses Spiel wirklich lieben. Mit aller Kraft. Ein kleines, fast schon familiäres Entwicklerstudio mit einem Kopf an der Spitze, welcher bereits selbst über reale Erfahrungen in der norwegischen Hochseefischerei verfügt, möchte uns eben genau diese nun zumindest virtuell näher bringen. An was der Simulationskenner gewohnt ist und was den Genereneuling eventuell abschrecken könnte, sollen die folgenden Zeilen genauer erläutern.

 

Ruhige See

Die Rahmenhandlung von "Fishing: Barents Sea" dürfte wohl in wenigen Sätzen erklärt sein. Das Spielgebiet stellt die namensgebende Barentssee, also das arktische Randmeer dar. Im Gegensatz zu einer großartigen Dokumentationsreihe aus dem Fernsehen hingegen befinden wir uns nicht in Alaska sondern nördlich von Norwegen. Hier gilt es nun als anfänglicher Lonewolf mit einem klapprigen Holzkutter, welchen wir von unserem Großvater geerbt haben (wie originell...) allmählich unser zukünftiges Fischereiimperium aufzubauen. "Allmählich" ist jedoch als sehr relativer Begriff zu verstehen, wie sich später noch herausstellen wird. In einem kurzen Tutorial lernen wir die ersten Grundlagen kennen und werden auch zum ersten mal mit der Langleinenfischerei vertraut gemacht.

Wir folgen hierbei immer einem Schema F. Leine im Hafen mit Ködern bestücken, im Wasser auswerfen, warten und nach etwas vergangener Ingamezeit innerhalb eines kleinen Reaktions-Minispieles wieder einholen sowie den Fang begutachten. Ebenfalls im Rahmen eines Minispieles haben wir nun noch die Möglichkeit, den gefangenen Fisch direkt auf dem Boot auszunehmen und so seine Qualität zu verbessern. Ist nun auch dieser (optionale) Schritt erledigt, müssen wir nur noch zurück in einen Hafen schippern und unsere fischige Fracht am örtlichen Markt verhökern.

 

Trostlose See

Bis zu diesem Punkt dürften wir wohl knapp an die 60 Minuten im Spiel verbracht haben. Viel spannender wird es von diesem Punkt an leider auch nicht. Bereits hier beginnt das sich immer wiederholende Grinding und das monotone Abspulen (hähä... "abspulen"... wegen Fischerei, Leinen und so) der immer gleichen Tätigkeiten und Minispiele. Nach der x-ten ausgenommenen Fischleiche wollen wir nun also einmal herausfinden, mit was uns "Fishing: Barents Sea" noch überraschen möchte und werfen im Hafen einen kleinen Blick in die Docks und die dort noch immer größer werdenden, jedoch zuerst freizuschaltenden Schaluppen. Bereits hier folgt die nächste Ernüchterung. Abgesehen davon, dass die Auswahl mit insgesamt fünf Fischkuttern, dafür jedoch von der bereits erwähnten Holzschale bis hin zur 180ft langen, schwimmenden Fischfabrik, nicht gerade berauschend ist, hängt der Erwerb eines neuen Pottes von zwei Faktoren hab.

Der erste Faktor ist natürlich das gute, alte Geld, was auch noch logisch erscheint. Umso größer der neue Kahn, desto mehr müssen wir für ihn auf den Tisch legen bzw. um so mehr und länger müssen wir davor für diesen grinden. Der zweite Faktor, und nun wird es fies, sind sogenannte Lizenzen. Diese müssen wir uns zuvor verdienen, um das entsprechend nächsthöhere Schiff freizuschalten. Und mit welcher wohl spannenden Tätigkeit verdienen wir uns diese Lizenzen? - Mit dem sturen Abschippern von Kilometern. Nun wird man sich im ersten Moment denken: "Wozu gibt es eine zumindest ganz passable Schnellreisefunktion?". Diese Frage wird einem vom Spiel so geschwind beantwortet: "Pustekuchen!". Kilometer für die nächste, begehrte Lizenz erhalten wir nämlich ausschließlich durch "reale" gefahrene Kilometer. Strecken, die mit der Schnellreisefunktion zurückgelegt werden, fließen nicht in die Wertung mit ein. Auch hier also wieder eine künstlich in die länge gezogene Spielmechanik, welche auffälliger und anstrengender nicht sein könnte.

 

Tote See

Nun, doch was genau könnte denn nun so anstregend sein, während man die insgesamt vorausgesetzten 450 Real-Kilometer zum Freischalten des letzten Schiffes bewältigt? Einerseits liegt dies wohl daran, dass man soetwas wie KI-Schiffe im Allgemeinen verbenens sucht. Man ist somit permanent alleine auf hoher See unterwegs. Auf freier. Offener. See. Mit der Zeit dürfte also sogar der ein oder andere Bildschirmschoner mehr Abwechslung bieten. Hinzu kommen auch diverse Grafikfehler, die bereits in den Vorschauversionen bestanden und es in die bis dato gepatchte Version geschafft haben. Diese wurden nicht nur von mir, sondern auch von der Fachpresse und anderen privaten Testern unabhängig festgestellt. Sie sind somit reproduzierbar und nicht von bestimmten Systemen abhängig. Einer dieser Grafikfehler ist hierbei derart prägnant, sodass ich ihn mit in die Wertung einfließen lasse. Es handelt sich hierbei um einen mehr als penetranten Renderfehler direkt unter dem Rumpf rundherum unter uns im Wasser. Zig Tester haben diesen festgestellt und veröffentlicht, bereits vor Monaten, sodass man den Entwicklern nur freundlich entgegenflüstern kann: "VERDAMMT, NOCHMAL! Sowas muss doch auffallen!".

 

Das fischige Fazit

Trotz der vielen Schwachpunkte zeigt auch "Fishing: Barents Sea" seine Lichtblicke. Da sich jedes der dennoch wenigen Boote und Schiffe zumindest von seiner Art und Aussattung abhebt, kann durchaus eine Art Belohnungsgefühl entstehen, wenn man nach stundenlangem monotonen Rumschippern und Grinden es nun doch noch zum größeren Schiffchen geschafft hat. Wer bereits Erfahrungen mit Simulations(-spielen) gesammelt hat und innerhalb dieser auch vor monotonen, sich immer wieder wiederholenden Arbeitsschritten, wie sie im Genere durchaus üblich sind, nicht abgeschreckt ist, kann die Anschaffung durchaus riskieren und zumindest ein paar nette Stunden mit dem Spiel verbringen. Allen anderen hingegen empfehle ich, das Geld hierfür lieber in ein ordentliches Menü bei der Nordsee-Filiale in eurer Umgebung auszugeben.


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