Es war einmal vor 11 Jahren...

Da liege ich also. Auf dem Boden. Die Füße, eines korpulent aussehenden Mannes mit roter, stattlicher Rüstung, vor der Nase. Das...

von Grizzyplayer am: 17.11.2012

Da liege ich also. Auf dem Boden. Die Füße, eines korpulent aussehenden Mannes mit roter, stattlicher Rüstung, vor der Nase. Das ist aber eine schöne Begrüßung, murmel ich mir zu. Kaum betritt man dieses vermaledeite Gefängnis und schon gibt es Ärger. "Das reicht! Lasst ihn in Ruhe! Macht das ihr weg kommt!", höre ich plötzlich. Und da steht ein anderer Mann vor mir. Ähnlich gekleidet, aber freundlicher. Wir wechseln ein paar Worte und dann geht es los. In eine Welt, die den Startschuss für eine hervorragende Rollenspielreihe gibt.

Was ist hier los?!

Gothic spielt in einem Fantasyreich, namens Myrtana. Sein Herrscher, König Rohbar II., steckt in einem Krieg mit den Orks. Einen Krieg, den er zu verlieren droht. Um sein Reich zu befreien, braucht er Waffen. Waffen aus einem magischen Erz, dessen Träger fast unbesiegbar ist. Dieses Erz schürfen Tausende von Gefangenen in den Minen von Khorinis. Und damit auch keiner dieser Gefangenen einen Fluchtversuch unternimmt, sandte der König die mächtigsten Magier des Reiches aus um eine Barriere um das Minental zu erschaffen. Diese Barriere ließ zwar alles hinein, was sie passierte, aber sollte jemand versuchen herauszukommen, bezahlte er dies mit einem tödlichen Blitzschlag.

Anscheinend ging beim Erschaffen dieser magischen Barriere etwas schief, den die Kraft des Zaubers war so mächtig, dass er sich weiter ausbreitete als geplant. Die Magier wurden mit eingeschlossen und die Gefangenen nutzten den kleinen Moment Unaufmerksamkeit der Wachen, um sich gewaltsam deren Waffen und Rüstungen unter den Nagel zu reißen.

Der König hatte keine andere Wahl: Er musste verhandeln. Während die Gefangenen also weiterhin das Erz aus der Mine beförderten, lieferte der König alles, was die Gefangenen von ihm verlangten, in das Minental.Und hier kommt der namenlose Held ins Spiel. Er wird in die Barriere geworfen, aber nicht um hier, wie die anderen, mühsam Erz nach oben zu befördern, sondern um dieses scheinbar unbezwingbare Gefängnis wieder zu verlassen ...

Spielwelt


Das Minental von Khorinis ist frei erkundbar und hält zahlreiche Verlockungen für Abenteurer bereit. Zwar können diese Ausflüge mit unzureichender Ausrüstung tödlich enden, aber genau das macht den Reiz des Spiels aus. Soll ich jetzt in diese Höhle rein oder nicht? Was ist, wenn ich mich in diesem Wald verlaufe? Ist diese Echse vielleicht zu stark für mich? All diese Fragen schwirren einem Gothic-Spieler durch den Kopf, wenn er etwas Neues entdeckt. Entsprechend hoch ist aber das Erfolgserlebnis, wenn man beispielsweise einen besonders starken Gegner besiegt hat oder neue, mächtigere Ausrüstung findet.

Die Locations sind abwechslungsreich und klasse in Szene gesetzt. Oft sieht man verfallene Häuser an den Wegrändern oder Skellete mit Pfeilen im Gerippe. Das sorgt für einen angenehmen Grusel-Flair, besonders wenn man nachts unterwegs ist. Den Höhepunkt bieten aber die Levels unter der Erde. Hier ist die Atmosphäre unglaublich dicht. Jedes Geräusch, jede Bewegung, lässt einen unwillkürlich zusammenzucken. Hochspannung garantiert. 

Es gibt drei Lager, die allesamt verschiedene Charaktere und Bauweisen beinhalten. Es macht Spaß sie zu erkunden und mit allerlei Personen zu plaudern. Zumal die Dialoge unglaublich informativ und amüsant sind.Was einem allerdings auf die Nerven geht, ist aber das sich ständige wiederholen von miteinander redenden NPCs. Zum dritten Mal von einem Buddler hören zu müssen "Manche lernen halt gar nichts dazu." treibt einen schon mal zur Weißglut. Dennoch entdeckt man unglaublich viele Details und brauchbare Gerätschaften. Diese sind oft auf der Erde verstreut zu finden. Häufig sind die Lager auch Zufluchtsorte, um in der Nacht Schutz vor Monstern zu finden.

Und damit wären wir auch beim Letzten und gleichzeitig einer der wichtigsten Aspekte in Gothic: die Monster. In der Strafkolonie wimmelt es nur so von ihnen. Und es ist alles dabei: vom mickrigen Jungvogel bis zum riesigen, muskelbepackten Ork. Theoretisch gibt es keinen einzigen Moment, an dem man sich außerhalb der Lager sicher fühlen kann. Und das ist auch gut so. Denn dank dieser Monster ist man in Gothic stets wachsam und überlegt sich jeden Schritt zweimal.

Grafik

Damals hui, heute pfui. Keine Frage: Technisch ist Gothic hoffnungslos veraltet. Matschige Texturen, hakelige Animationen und unzumutbare Lichtverhältnisse trüben den Spielspaß merklich. Aber wenn man so etwas in Kauf nimmt und über diese Fehler hinwegsehen kann, dann wird Gothic sogar zu einem recht schicken Spiel. Man beachte die malerischen Landschaften und die innovativ gestalteten Gebäude, Höhlen und Kreaturen. Natürlich kann Gothic sich heute nicht mehr mit aktuellen RPGs vergleichen, wer sich aber tolerant benimmt, den stört die veraltete Technik kaum. Wer dennoch Wert auf ein schönes Spielerlebnis legt, der kann die Grafik mit einem HD-Patch veredeln.

Steuerung

Wer eine tadellose Fortbewegung in Gothic wünscht, der sollte erst ein paar Minuten im Steuerungsmenü verbringen. Die Befehle sind frei wählbar und lassen sich somit perfekt an den eigenen Spielstil anpassen. 

Und das sollte man auch tun. Denn einige Aktivitäten, welche in Gothic von hoher Priorität sind, werden auf teilweise total merkwürdigen Tasten ausgeführt. Beispiel gefällig? Um eine Aktion auszuführen (Sachen benutzen/aufheben; Angreifen) müssen sie erst die Aktionstaste (Strg) betätigen und dann W drücken. Hier kommen zwei Fragen auf: Warum auf einer recht schwierig zu erreichbaren Taste? Und warum überhaupt? Reicht es nicht einfach einen Gegenstand anzuklicken? Zumindest was Gegenstände benutzen bzw. aufheben angeht.

Denn im Kampf geht es hier schon etwas taktischer zu. Man kann von drei verschiedenen Richtungen schlagen und ebenso Schläge abblocken.So wird schon der Kampf mit einfachen Personen interessant. Schlägt man entweder kraftvoll von oben auf den Gegner herab, braucht dann aber mehr Zeit, um neu auszuholen, oder haut man mit zwei leichten Schlägen von links und rechts zu. Hier kann das Rollenspiel punkten, vor allen Dingen, weil auch Gegner verschiedene Kombos ausführen, die es abzuwehren und dann zu kontern gilt.

Völlig unverständlich ist aber der Wechsel vom Erkundungs- in den Kampfmodus, welcher über die Leertaste erfolgt. Bis man verstanden hat, dass man mit Space nicht springt, hat einen schon so mancher NPC umgehauen. 

Alles in allem lässt sich Gothic trotzdem gut steuern. Und wenn man den Dreh, mit den einigen unlogischen Tastaturbefehlen immer noch nicht raus hat, kann man diese ja immer noch ändern.

Sound

Der Soundtrack von Gothic ist große Klasse. Oft blieb ich einfach nur einige Minuten im Hauptmenü, um den wunderbaren Klängen zu lauschen. Für einige Zeit hat er bei mir sogar die üblichen Popsongs als Ohrwurm verdrängt.

Aber nicht nur der Soundtrack, sondern auch die Musikstücke, welche die verschiedenen Locations und Lager untermalen, sind schön anzuhören.Vor allen, weil diese fast nahtlos ineinander übergehen.

Die Stimmen von Charakteren wiederholen sich leider recht oft, dafür klingen die Sprecher nie gelangweilt oder ausdruckslos. Besonders gut gefallen haben mir die Bewohner des Sumpflagers, die stets danach klingen, als hätten sie etwas zu viel von ihrem Sumpfkraut geraucht.

Quests


Die Aufträge sind wunderbar abwechslungsreich und toll miteinander verknüpft. Manchmal muss man sich als Detektiv bewähren oder bestreitet eine Schnitzeljagd. Natürlich gibt es auch immer wieder Quests des Kalibers finde X bringe es zu Y oder töte soundso viele Monster, aber diese halten sich in Grenzen und machen vielleicht 30 % des ganzen Spiels aus. Der Rest hat etwas mit der Story zu tun und bringt einen zu jedem erdenklichen Ort auf der Spielwelt, wo man entweder alleine oder mit einem Begleiter Geheimnisse aufdeckt und neue Erkenntnisse macht. Zumal es beim Lösen von den Aufgaben massig Erfahrungspunkte hagelt.

Bugs

Bei jedem anderen Spiel, wäre dieser Abschnitt wahrscheinlich überflüssig, aber bei Rollenspielen sind Bugs keine Seltenheit und es ist wichtig zu wissen was einen erwartet, wenn man in ein über 10 Jahre altes Rollenspiel startet. 

Oft sind die Bugs unwichtiger Natur und beschränken sich höchstens auf nicht aufhebbare Gegenstände oder reaktionslose Monster. Manchmal kann der Bug aber auch derart riesig sind, dass man das Spiel nicht weiterspielen kann. In einem Tempel beispielsweise ist es einem nicht möglich eine Brücke zu überqueren, da eine wichtige Texturdatei im Verzeichnis fehlt oder man konnte den Boss eines Abschnitts nicht verwunden.

Am besten rüstet man sich gegen Bugs, indem man verschiedene Patches installiert oder einige unwichtige Aktionen nicht ausführt.

Fazit

Ohne Frage: Gothic ist eine Legende. Ein fantastisches Rollenspiel alter Tugend mit tollen Quests und einer wunderbaren Spielwelt.Erfahrungspunkte und das Finden von neuer Ausrüstung motivieren. Das Kampfsystem ist ausgereift, taktisch angehaucht und macht aus jedem Kampf etwas Besonderes. Der Soundtrack und die Musikuntermalung ist klasse. Dialoge lockern den Spielverlauf mit lustigen Aspekten auf. Die Grafik ist zwar technisch veraltet bietet aber dennoch eine wunderschöne Spielwelt.

Die etwas ungewohnte Steuerung erzeugt viel Frust, sofern man sie nicht ändert. Oft wiederholen sich Stimmen und Charaktere, außerdem reden die NPCs völlig wirres Zeug. Bugs vermiesen den Spielspaß und lassen sich nur durch das mühsame Installieren von Patches entfernen. 

Gothic ist ein tolles Rollenspiel, allerdings hat es einige  Defizite, die den Spaß am Spielen  trüben.

 

 

 

Patch zum veredeln der Grafik: http://www.worldofgothic.de/dl/download_247.htm

 


Wertung
Pro und Kontra
  • frei erkundbare, abenteuerliche Spielwelt
  • tolle und spannende Quests
  • verschiedene Monster
  • großartiger Soundtrack und tolle Musikuntermalung
  • lustige Dialoge
  • viele Anreize zum Erkunden
  • Atmosphärische Locations
  • verschiedene Lager, den man sich anschließen kann
  • trotz alter Technik, recht gut gelungene Grafik
  • taktische Kämpfe
  • frei belegbare Steuerung...
  • ...die Anfangs SEHR gewöhnungsbedürftig ist
  • matschige Texturen und hakelige Animation
  • manche spielentscheidene Bugs
  • oft sich wiederholende Stimmen
  • NPCs reden nerviges, wirres Zeug

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(8)
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