Durchgerostet

Insgesamt werden während der Geschehnisse in Black Mesa drei Geschichten erzählt. Während Gordon Freeman nichts Geringeres tut, als sie Welt zu...

von Bakefish am: 22.10.2014

Insgesamt werden während der Geschehnisse in Black Mesa drei Geschichten erzählt. Während Gordon Freeman nichts Geringeres tut, als sie Welt zu retten und Corporal Adrian Shepard einfach nur abhauen will, gibt es da noch einen Charakter, aus deren Sicht wir das ganze Debakel miterleben dürfen. Ein Charakter, welcher im zweiten Teil noch eine wichtige Rolle spielt… Barney Calhoun! Ist er im Nachfolger ein stolzer Widerstandskämpfer, muss er sich im ersten Teil mit der Rolle eines Wachmanns zufrieden geben. Bis die Katastrophe ausbricht.

Tja, und damit bin ich bei der Rezension. Denn nicht nur die Geschehnisse der Geschichte des Add-Ons spiegeln eine Katastrophe wieder, auch das Add-On selbst kann schon fast als eine bezeichnet werden. Warum, lest ihr nun. Ich beziehe mich dabei natürlich auch auf das Hauptspiel und die erste Erweiterung „Opposing Force“, es könnte also zu Spoilern kommen.

 

Abhauen... schon wieder.

 

Eigentlich habe ich die ganze Geschichte des Add-Ons schon im Intro dargelegt. Dennoch versuche ich mal, das Ganze etwas detaillierter zu beschreiben.

Ja, eigentlich sollte es doch nur ein ganz normaler Tag werden. Barney durchläuft Sicherheitskontrollen, legt seine Rüstung an und nimmt die Knarre in die Hand. Das, was ein Wachmann eben macht. Und so sind wir auch nicht überrascht, als wir die scheinbar so einfache Aufgabe bekommen, einfach ein paar Wissenschaftler zu eskortieren.

Tja, wer hätte es gedacht- mitten in einem Fahrstuhl kollabiert Black Mesa plötzlich, alle sterben, nur wir überleben. So, erst mal raus aus dem Fahrstuhl.

Und nun? Na, ganz simpel- abhauen! Wer hätte es denn auch anders erwartet! Dabei soll uns dann ein gewisser Dr. Rosenberg helfen. War ja auch klar, dass die ganze Misere mal wieder deutlich länger und komplizierter ausfällt als erwartet.

Okay, Schluss mit dem blöden Gerede. Merkt ihr, worauf ich hinauswill? Die ganze Geschichte kennen wir im Großen und Ganzen schon lange, bevor sie überhaupt stattfindet. Das Konzept ist fast genauso aufgebaut wie in „Opposing Force“- in der Basis starten, alles geht den Bach runter, wir wollen abhauen und müssen dafür etliche Umwege in Kauf nehmen. Egal, wie wir laufen, egal, was wir machen, das kennt man alles schon, das wirkt alles irgendwie abgenutzt. Auch der Charakter Dr. Rosenberg kann daran nicht viel ändern, ist er doch der erste NPC in ganz Half Life, der auch für einen etwas längeren Zeitraum eine Rolle spielt. Doch Gearbox hat es versäumt, ihm einen handfesten Charakter zu geben, er redet nur vom Abhauen und gibt uns Anweisungen, mehr auch nicht.

Natürlich wird die Geschichte wieder in gewohnt guter Manier erzählt, wir erleben alles live und fast gänzlich ohne Scripts, und der Wunsch, die Anlage so schnell als möglich zu verlassen, ist vorhanden. Allerdings gibt es da überhaupt nichts Neues. Storytechnisch hat das Add-On also extrem viel Potenzial versäumt. Gestaltet es sich dafür im Gameplay besser? Leider nicht.

 

Beschneiden ist die Devise!

 

Im Großen und Ganzen gibt es keine Unterschiede zwischen „Blue Shift“, dem Hauptspiel und der vorherigen Erweiterung. Nach wie vor laufen wir durch lineare Korridore, metzeln dabei Unmengen von Aliens und Soldaten nieder, sammeln Medipacks auf, um die nicht regenerierende Gesundheit wiederherzustellen und lösen gelegentlich kleinere Rätsel. Allerdings hat Gearboy dabei einen entscheidenden Fehler begangen- es gibt keine Neuerungen.

Okay, das ist gelogen. Eine Neuerung gibt es- Barney trägt keinen hochmodernen Anzug wie die beiden anderen Protagonisten, er läuft in ganz gewohnter Manier mit einen Helm und einer Panzerweste durch die Gegend. Oder so: Wenn wir nun eine HEV-Station sehen, die Gordon und Adrian noch zum Aufladen nutzen können, gucken wir dumm aus der Wäsche; bei uns ertönt nur der Fehler-Sound. Wenn wir also so etwas wie eine Panzerung erhalten wollen, müssen wir nach einem Helm oder einer Weste Ausschau halten. An sich sind diese Rüstungsteile sehr selten, doch geben sie uns sehr viele Rüstungspunkte, wenn sie einmal aufgesammelt wurden.

Tja, das war´s auch schon. Ansonsten gibt es nichts Neues. Keine neuen Waffen, keinerlei neue Gegner. Doch damit nicht genug; im Add-On gibt es sogar noch weniger Gegnertypen und Waffen als im Hauptspiel. Die ganzen neuen Dinge, die in „Opposing Force“ eingefügt wurden, suchen wir vergebens- lediglich die bekanntesten Gegnertypen und Waffen sind zu finden. Warum denn das bitte?

Auch die Rätsel haben sich nicht im Geringsten verändert. Weiterhin suchen wir nach Schaltern, um Türen zu öffnen oder hüfen über bestimmte Orte hinweg, um im Level weiterzukommen. Das wirkte schon im Hauptspiel aufgesetzt, auch in „Opposing Force“ war es noch vorhanden, doch immerhin schon in deutlich geringerer Anzahl. Die wesentlichen Kritikpunkte, die das Rätsellösen bzw. Meistern der Geschicklichkeitspassagen auf die Dauer so nervig machten (zu einfache Rätsel bzw. zu schwammige Steuerung des Protagonisten) wurden dabei gar nicht überarbeitet. Blöd!

Warum ist die Waffenauswahl so kastriert worden? Warum nur so wenige Gegner? Warum insgesamt nichts geändert?

Das alles soll jetzt nicht heißen, dass das Gameplay des Add-Ons grundlegend schlecht ist. Das ist es nämlich nicht. Weiterhin machen die Kämpfe sehr viel Spaß, es gibt immer genug Action, gepaart mit einigen ruhigeren Sequenzen. Allerdings weist „Blue Shift“ auch in dieser Sektion das Problem der Geschichte auf- nur mehr vom Alten, alles nochmal. Hätte es neue Gegenstände oder Gegner gegeben, wäre das ja auch kein Problem gewesen. Allerdings kann es schon durchaus vorkommen, dass man sich im Add-On langweilt, weil man alles schon kennt.

Kurzum: Die solide Mechanik des Grundspiels wurde behalten, doch hat es der Erweiterung gar nicht gut getan, dass so viele Dinge fehlen bzw. man einfach nur einen aufgewärmten (wenn auch leckeren) Braten serviert bekommt.

 

Ein öder Job

 

Auch atmosphärisch hängt das Add-On den vorherigen Spielen klar hinterher. Natürlich gibt es die allgegenwärtige Bedrohung durch die Aliens, natürlich auch die Bedrohung durch die Marines, welche auch hier alles Menschliche niedermetzeln. Doch richtige Stimmung kommt dabei nicht mehr wirklich auf- weil man eben schon alles kennt. Selbst solche Höhepunkte wie der Level auf Xen ändern nichts mehr daran, auch hier hat sich nicht mehr viel getan.

Zugegebenermaßen steigt die Spannung im Laufe des Spiels etwas an, da man weiß, dass man der potentiellen Flucht ein Stück näher gekommen ist. Mehr gibt es da aber auch nicht.

 

Kanonen und Halunken- mehr nicht.

 

Optisch weist „Blue Shift“ einige Unterschiede zu den vorherigen Spielen auf, das aber nur an einigen Bereichen.

Wichtig zu erwähnen ist das HD-Texturenpaket, das Gearbox ins Add-On verbaut hat. Damit sehen sämtliche Waffen ein ganzes Stück besser aus, einige Waffenmodelle wurden sogar komplett ausgetauscht- so wird die Glock 18 durch eine Beretta M9 ersetzt, an Stelle der MP5 nutzen wir nun ein M4. Auch die Modelle der Menschen (ob Forscher oder Wachmänner) sehen nun deutlich runder und realistischer aus.

Am ganzen Rest hat sich hingegen nichts geändert. Ich bin ja kein Grafikfetischist, doch sieht das Spiel für das Jahr 2001 stark veraltet aus. Texturen, Partikel- und Lichteffekte sind arg in die Jahre gekommen, auch wirken die nicht vom HD-Pack betroffenen Modelle arg grob. Daran können auch die neuen und auch abwechslungsreichen Levels nichts ändern.

An sich stört mich dieser Fakt nicht, frustrierend fand ich eher, dass der dumpfe Sound nicht aufgebessert wurde. Jedes Geräusch aus dem Spiel wirkt, als hörte man es durch eine Wand. An der Stelle hätte man doch noch nachbesser können! Schade, dass damit schon wieder Potential verschenkt wurde.

 

Pre-Order wäre damals noch gegangen…

 

Ich möchte mich für diese Rezension entschuldigen. Ja, das ist mein Ernst. Ich habe meine eigenen Qualitätsstandards nicht erreichen können und das tut mir Leid.

Warum nicht, ist nun die Frage. Nun, ganz simpel- ich hatte einfach keine Lust, zu diesem Add-On noch einen Test zu schreiben. Wochenlang habe ich das aufgeschoben, bis ich irgendwann bemerkte, dass ich das sonst gar nicht täte.

Nach dem Original und der ersten Erweiterung hatte ich von „Blue Shift“ sehr hohe Erwartungen; sie wurden auf ganzer Linie enttäuscht. Keinerlei neue Dinge, einfach nur das Altbewährte, nochmal aufgewärmt. Man merkt an allen Ecken und Winkeln, dass das Abenteuer um den wackeren Wachmann anfangs lediglich als Bonuskampagne konzipiert war.

Um es kurz zu sagen- an sich ist „Blue Shift“ nicht schlecht. Die Grundmechanik ist solide, das Gameplay spaßig. Doch ein Add-On braucht mehr als das. Es müssen neue Ideen dabei sein, neue Inhalte. Was überhaupt nicht der Fall ist. Dazu kommt dann auch noch, dass die grundlegenden Fehler des Hauptspiels auch hier wieder vorkommen.

Eine Kaufempfehlung kann ich daher nur bedingt aussprechen- der meiner Meinung nach einzige Grund, „Blue Shift“ zu erwerben, ist durch das HD-Texturpaket begründet. Mehr aber auch nicht.


Wertung
Pro und Kontra
  • spaßige Action
  • HD-Texturpaket
  • Geschichte wird spannend erzählt...
  • ... ist aber viel zu vorhersehbar
  • insgesamt nur mehr vom Alten
  • weniger Waffen und Gegner als im Hauptspiel
  • eine einzige Neuerung (Panzerung)
  • dumpfe Sounds
  • überflüssige Rätsel und Geschicklichkeitsspiele

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



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