Bitte lesen Sie das Handbuch
Auch an anderer Stelle geriet das dritte King’s Quest wegweisend. Als eines der ersten Spiele enthielt es eine Karte, die neue Orte automatisch protokollierte und schnelles Reisen erlaubte. Die praktische Hilfestellung, heute eine Selbstverständlichkeit, stieß damals auf wenig Gegenliebe: »In den folgenden King’s Quests fiel die Karte wieder weg, weil sich viele Spieler beklagt hatten, dass dadurch die Herausforderung reduziert sei«, erinnerte sich die King’s-Quest-Schöpferin Roberta Williams im Handbuch der King’s Quest Collection (1994).
Apropos Handbuch: Selten war das Heftchen aus der Packung Spielern ein so treuer Begleiter wie in King’s Quests 3. Denn Sierra setzte, frustriert vom hohen Anteil an Raubkopien der ersten beiden Spiele, auf das Handbuch als Kopierschutz. Und schoss dabei übers Ziel hinaus. Zeile für Zeile mussten Spieler die Rituale abtippen, mit denen Gwydion Zaubersprüche wie »Einen Sturm beschwören« oder »Jemanden in eine Katze verwandeln« herstellte; wer sich vertippte, bekam in witzigen Animationen gezeigt, wie unerwartete Nebenwirkungen Gwydion dahinrafften. 140 der 210 erreichbaren Punkte im Spiel stammen aus solchem Zauberbrauen, nur 70 aus echten Rätseln.
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Im Original von 1986 ist diese Fleißarbeit eine ebenso frustrierende Angelegenheit wie die heimlichen Ausflüge ins Land Llewdor, wenn Manannan ohne Vorwarnung erschien und Gwydion zum Aschehäufchen zerstrahlt. Nur wer den Tagesablauf des Magiers auswendig lernt, hat Aussicht auf Erfolg. Das Remake von AGD Interactive ist in beider Hinsicht zahmer; eine Uhr zeigt durch Signalfarben an, wann die Luft rein ist und wann Ärger droht. Weil ein Zufallsfaktor bleibt, entsteht trotzdem noch sanfter Druck -- eine gelungene Lösung. Die Magie-Rituale erfordern immer noch richtige Einzelschritte, die man aber mit der Maus zusammenklickt, statt sie abzutippen.
Redux heißt Erweiterung
Auch abseits solcher Komfortfunktionen hält sich AGD Interactive nicht sklavisch ans Original. Das Wörtchen »Redux« im Remake-Titel King’s Quest 3 Redux soll als Hinweis darauf dienen, dass sich das Fan-Team kreative Freiheiten erlaubt. Dabei ist das Spiel nicht reduziert, sondern im Gegenteil erweitert: die Hobby-Entwickler um den Projektleiter Sean »Navynuke« Nichols haben zahlreiche Dialoge, Sequenzen und sogar einen gänzlich neuen Schauplatz mit eigenen Rätseln eingestreut. Der Spielerfahrung fügt das keinen Schaden zu, auch wenn die sparsame Erzählweise der frühen Sierra-Spiele einen fantasieanregenden Charme hatte, den das (auch technisch viel detailgesättigtere) Remake nicht mehr transportiert. Dafür verwandelt die Redux-Interpretation King’s Quest 3 in ein runderes Erlebnis, gerade weil sie lästige Kanten abschleift und den mitunter kruden Handlungsfaden behutsam dichter spinnt.
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Technisch überträgt AGD Interactive das Spiel mit Hilfe von Chris Jones’ populärer Freeware-Engine AGS (Adventure Game Studio) auf das Niveau von Sierras späteren SCI-Adventures King’s Quest 5 und 6. Dazu gehört die stellenweise bildhübsche Hintergrundgrafik (epochengerecht in der VGA-Auflösung 320x200 und deshalb auf modernen Bildschirmen hochgradig retro-pixelig) ebenso wie die Maussteuerung. Wo man 1986 noch Befehle wie »kick the cat« von Hand in den Parser tippen musste, erscheinen im Remake Symbole für vier Aktionsarten.
Hohes Lob verdient die durchgehend exzellente englische Sprachausgabe. Nicht nur, weil mit dem TV-Schauspieler Robert Adamson (Lincoln Heights) ein echter Profi den scheuen Jugendlichen Gwydion treffend vertont, sondern weil sich in der Sprecherliste auch Sierra-Prominenz wie die Designer Josh Mandel (Space Quest 6, Freddy Pharkas) und Lori Cole (Quest for Glory) befinden, die schon zu Sierra-Zeiten King’s-Quest-Charakteren ihre Stimme liehen -- ein Bonbon für Serienveteranen.
Woher bekomme ich King’s Quest 3?
King’s Quest 3 Redux ist also nicht nur Adventure-Nostalgikern zu empfehlen. Auch jüngere Semester, Katy-Perry-Fans und Studierende erhalten hier eine ausgezeichnete Gelegenheit, ein Stück Spielegeschichte neu zu erleben, zumal das Fan-Adventure nichts kostet. Das 213 MB große Paket bekommt man als Download von der offiziellen Webseite des Spiels, die auch wegen ihrer netten Hintergrundtexte einen Besuch lohnt. Von AGD Interactive stammen außerdem empfehlenswerte Remakes zu King’s Quest, King’s Quest 2und dem hervorragenden Rollenspiel-Adventure-Mix Quest for Glory 2.
Wer eine originalgetreuere Alternative sucht, dem sei ein anderes, schon 2006 erschienenes Remakevom Team Infamous Adventures empfohlen. Auch diese Neuauflage von King’s Quest 3 verpflanzt das Original in den Look und die Steuerung von King’s Quest 5, und auch hier kann sich die Sprachausgabe hören lassen.
Wer’s komplett historisch mag, der kann das Original von 1986 auch heute noch erwerben: Auf der Webseite Good Old Games gibt es den Klassiker im Paket mit seinen beiden Vorgängern für 10 Dollar als Download.
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