Seite 2: Lizenzen zum Töten - Wenn Fan-Projekte verboten werden

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Protestaktionen

Auf der Webseite »Save The Silver Lining« hat sich Widerstand formiert. Unter anderem sollen eine Online-Petition, Aktionen bei Facebook und Myspace, eine Vorlage für einen Beschwerdebrief sowie E-Mails und Anrufe bei Activision die Wende herbeiführen. Trotzdem bleibt ein Erfolg fraglich. Denn natürlich ist nachvollziehbar, dass ein Publisher ein Hobbyprojekt vor der Veröffentlichung begutachten möchte.

Neil Rodrigues, Projektleiter von King's Quest 9 (Silver Lining). Neil Rodrigues, Projektleiter von King's Quest 9 (Silver Lining).

Erscheint ein Titel minderer Qualität, könnte immerhin der Ruf der Marke leiden. Inwieweit das für eine Serie relevant ist, deren bislang letzter Teil vor zwölf Jahren erschien, sei dahingestellt. Auch etwaige finanzielle Einbußen hinsichtlich der im Verkauf befindlichen King's Quest-Collection von 2008 können wohl nicht ernsthaft als Begründung herhalten.

Angst vor Nachahmern

»Vielleicht hat Activision Angst, dass sich aus dem Fall ein Trend entwickelt und auch bei anderen Marken Nachahmer auftreten«, gibt Rechtsanwalt Stephan Mathé von der Hamburger Kanzlei Rode + Mathé zu bedenken, ein Kenner der Spielebranche.

»Damit ein Markeninhaber seine Rechte behält, muss er die Marken verteidigen, also Marketing machen und gegen Rechtsverletzungen vorgehen.« So gesehen könnte die Entscheidung des Publishers zukunftsorientiert sein. Denn wer weiß: Vielleicht erlebt die King's Quest-Reihe doch irgendwann eine Renaissance? Oder will man die Rechte verkaufen? Als Anwalt müsse er Unternehmen stets raten, gegen Markenrechtsverletzungen vorzugehen, so Mathé. »Wenn man aber eine Zusage für ein Fan-Projekt gegeben hat, sollte man diese einhalten – auch bei einer Übernahme.«

Kleine Sterbeliste

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Fällen, die unter Spielefans für große Enttäuschung sorgten: Die Neuauflage des Rollenspiels Ultima IV: The Dawn of Virtue wurde 2004 von Electronic Arts gestoppt.

Eine deutsche Fan-Übersetzung von Civilization 3 wurde 2001 jäh gestoppt. Eine deutsche Fan-Übersetzung von Civilization 3 wurde 2001 jäh gestoppt.

LucasArts sägte ein Jahr später das Adventure Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes ab, Nintendo beendete 2007 das Dasein des Online-Rollenspiels Pokénet, Square Enix machte erst im Mai des vergangenen Jahres einer Fan-Umsetzung des Konsolentitels Chrono Trigger den Garaus.

Ein gebranntes Kind ist auch Kai Fiebach aus Lübeck, dem 2001 ein Anwaltsschreiben des Spieleherstellers Infogrames (heute Atari) ins Haus flatterte. Fiebach hatte mit einer Gruppe Gleichgesinnter die Textdateien des zunächst nur auf Englisch erschienenen Strategietitels Civilization 3 ins Deutsche übersetzt. »Da Modding vom Entwicklungsstudio Firaxis mit Informationen und Tools aktiv gefördert wurde und eine erfolgreiche und kostenlose Übersetzung sich vorteilhaft auf die Verkaufszahlen auswirken könnte, schrieben wir Infogrames sogar vorher an, um eine Kooperation vorzuschlagen«, erinnert sich Fiebach. Er bekam darauf keine Antwort. Als knapp die Hälfte der Übersetzung abgeschlossen war, ließ der Publisher die Arbeiten durch seine Anwälte untersagen.

Die Begründung: Zum Schutz der Rechteinhaber und wegen Bedenken hinsichtlich der Qualität der Fan-Übersetzung sei der Schritt erforderlich. Die Community stellte ihr Projekt ein und entfernte die kostenlos bereitgestellten Übersetzungsdateien aus dem Internet. Wie andere Leidensgenossen unterzeichnete Fiebach, IT-Ingenieur und heute beruflich als Medienübersetzer tätig, eine Unterlassungserklärung. Bittere Ironie: »Ausgerechnet die offizielle Übersetzung zeigte später qualitative Schwächen«, sagt Fiebich, »sie erwies sich, anders als die untersagte Fassung, als nicht vollständig kompatibel zum englischsprachigen Original.«

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