Es war eine Ehre an Eurer Seite gedient zu haben

Letzte Woche war ich gemeinsam mit ein paar Freunden Midnight-Movie. Wir haben ein paar Drinks gekippt denn sonst übersteht man sowas nicht. Die Gruppe vor uns...

von Tsabotavoc am: 18.03.2012

Letzte Woche war ich gemeinsam mit ein paar Freunden Midnight-Movie. Wir haben ein paar Drinks gekippt denn sonst übersteht man sowas nicht. Die Gruppe vor uns hat andauernd Witze über einen 'Bananenbären' gemacht und sich dabei halb totgelacht. Ich hab kein Wort verstanden.
Genauso geht es mit Leuten die in MassEffect3 einsteigen: Sie werden kein Wort verstehen.
Aber für Kenner des ersten und zweiten Teils ist es wie ein Wiedersehen mit alten Freunden.

Achterbahnfahrt der Gefühle

Es ist schwierig über ein Spiel zu schreiben und die bewegenden Momente einzugehen ohne dabei zu spoilern aber ich versuche es dennoch.

Bioware hat im Laufe von drei Teilen den Charakteren soviel Leben eingehaucht dass sie mehr sind als nur Nichtspielercharakter eines Computerspiels. Man fühlt mit Ihnen, man hat um sie Angst und man freut sich mit Ihnen. Ich habe mich in diesem Spiel mehrmals ertappt das ich mich für virtuelle Figuren freue. Kindisch oder doch ein Meisterwerk?

Und ich bin mir nicht zu schade es einzugestehen: Ich habe dreimal geweint. (Macht mich das jetzt unmännlich? xD)

Dadurch schafft Bioware etwas Einzigartiges: Eine emotionelle Bindung zum Spiel. Als schließlich ein Reaper im Kreuzfeuer untergeht denke ich nicht: Nette Explosion sondern ich habe vorm Monitor tatsächlich gesagt: 'Ja! Stirb du Arsch! Ich hoffe es tut weh!'

Man WILL den Reapern weh tun. Man WILL sie vernichten. Und man WILL jeden beschützen der an Bord der Normandy ist. Doch Shepard ist kein Übermensch: Erstmals in der MassEffect-Reihe wird deutlich das auch er an seine Grenzen stößt...

Aber wie immer gilt: Wer MassEffect 1 und 2 nicht gespielt hat der hat diese Bindung nicht. Er versteht nur 'Bananenbär'. Wer die beiden ersten Teile verpasst hat, hat keine Gelegenheit verlorenes Wissen nachzuholen und ruiniert sich nur die schöne Trilogie.

Ausser Kontrolle

Shepard wird in eine Galaxis entlassen die außer Kontrolle ist: Die Reaper greifen an allen Enden an um Ihren Erntezyklus einzuleiten und Shepard und dem Spieler alles zu nehmen was Ihm/Ihr lieb und teuer ist.

Also greifen wir zu mehrfach aufrüstbaren und mit je zwei verschiedenen Aufsätzen ausrüstbaren Waffen: Von der Schrotflinte bis zum Präzisionsgewehr ist alles dabei.

Leider ist die Galaxis nicht das einzige was ausser Kontrolle ist: Seit Bioware die Leertaste zum Universalwerkzeug (geniale Anspielung oder?) erklärt hat steuert sich Shepard so präzise wie eine Ente in der Waschmaschine. Laufen, Aufheben, Reden, Benutzen... all das und noch viel mehr kann die Leertaste.

Mit dem lustigen Ergebnis das man teilweise statt zu laufen sich an der Mauer ausknotzt. Natürlich während man unter Feindfeuer steht. Aber was ein echter Mann ist der geht ohnehin im Kugelhagel unter anstatt feige Deckung zu suchen!

Wobei man in dem Fall besser feige ist. Denn Shepard steckt nur sehr wenige Treffer ein bevor er sein Leben aushaucht. Die Kämpfe sind knallig insziniert können aber nicht darüber hinwegtäuschen das es eigentlich kein wirklich gutes Actionspiel ist. Schuld daran hat die Leertaste. Liebe Bioware-Mitarbeiter: Wir haben auf dem PC mehr als 3 Knöpfe zur Verfügung und wollen diese auch einsetzen!

Hat diese Einheit eine Seele?

Bioware hat viel Liebe in die Trilogie gesteckt. Würde man mich fragen welches SciFi-Universum besser ist: StarWars, StarTrek oder MassEffect - Ich würde ohne zu Zögern MassEffect nennen.

Die Musik passt perfekt in allen Situationen und auch wenn die Grafik schon etwas angestaubt wirkt so haben die Macher doch alles rausgeholt was ging. Der große Vorteil ist dass es hierdurch auch auf älteren Rechnern flüßig abläuft. Für die Grafikfetischisten die ein Spiel nur über die Grafik definieren gibts hier allerdings nichts zu holen.

Was jedoch sehr gut funktioniert sind die Gesichter und Gesichtsanimationen: Niemals habe ich Computerfiguren überzeugender weinen sehen.

Um es auf einen Punkt zu bringen: Die technischen Eckdaten von MassEffect 3 locken keinen Banenenbären aus dem Kino raus aber dafür macht es seine Schwächen durch Inszinierung wett. Um es Worten Legions zu sagen: Hat diese Einheit eine Seele? Ja.

Scanne nach Humor...

Die Überschrift nicht falsch Verstehen: MassEffect hat Humor! Sogar eine Riesenmenge. Aber man muss ein bisschen nerdy sein um ihn zu verstehen und wie immer - MassEffect 1 und 2 kennen.

Beispiel gefällig? Jeff und Garrus liefern sich einen Witzewettbewerb.
Jeff: 'Woran erkennt man das ein Turianer keine Munition mehr hat?'
Garrus: 'Er greift zur Ersatzwaffe. Dem Stock im Arsch.'

Ist ein Brüller wenn man Teil 1 und 2 kannte und Garrus Art. Nicht ganz so lustig für Neueinsteiger.

Kurz und gut: MassEffect 3 ist ein humorvolles Spiel an den richtigen Stellen aber man muss seine Humor-Scanner fein einstellen.

Nicht nur der Spieler muss seine Scanner neu justieren: Auch die Normandy hat ein paar Upgrades in diese Richtung verpasst bekommen.

Mit dem Ergebnis dass das Scanner-Minispiel ordentlich entschlackt wurde. Immer wenn die Normandy nun in ein Gebiet fliegt kann sie Sonarpings abgeben um Anomalien zu orten. Wenn die auf einem Planeten sind muss der Planet gescannt und eine Sonde abgefeuert werden. Das ist nicht mehr so nervig wie im zweiten Teil aber immer noch nervig genug. Warum die Planetenscannerei nicht einfach ganz weglassen wurde? Keine Ahnung. Mit 50 Stunden Spieldauer muss sich der dritte Teil der Trilogie ja nicht gerade schämen.

Zusammen mit EdenPrime dürfen übrigens auch das Hacken und Schlösser knacken als Verlust an die Reaper abgeschrieben werden. Kurz und gut: Der dritte Teil konzentriert sich ganz auf Reden und Ballern.

Actionrollenspiel oder Rollenactionspiel

Wenn man ME3 auf die reinen Eckdaten runterbrechen würde, sieht man einen sehr simplen Skillbaum der noch dazu bis zu Spielende praktisch komplett durchgeskillt werden kann.
Komplexe Talententscheidungen und Kombinationen wie sie in klassischen Rollenspielen üblich waren entfallen komplett.

Dadurch allein kann MassEffect also keinen Anspruch darauf erheben sich selbst 'Rollenspiel' zu nennen.

Nein: Seine Stärke zieht es aus den Entscheidungen die sich das ganz Spiel hindurch ziehen. Wobei einige nur aufgesetzt sind um dem Spieler Entscheidungsfreiheit vorzugaukeln.

Und ich garantiere euch: Spätestens bei eurem Treffen mit der quarianischen Flotte werdet ihr eine Entscheidung treffen müssen die sehr hart für euch ist. Habe ich schon erwähnt das ich im Spiel dreimal geheult habe? Das war Stelle Nummer zwei.

Trotzdem: Wenn Bioware meint sie möchten mehr Rollenspiel haben, so haben sie zumindest im klassischen Sinne versagt. Denn die Fähigkeiten sind untereinander kaum kombinierbar und das Dialogsystem weitgehend vorhersehbar in seinen Auswirkungen: Antworten die oben stehen sind die 'Ich bin dein bester Freund'-Auswahl. Antworten unten sind die 'Ich kau Stahl und scheiss Nägel'-Antwort. Immer. Hier war Teil 1 einfach viel diffiziler und deshalb aus dieser Sicht betrachtet auch klar besser.

Erzähl mir noch eine Geschichte!

MassEffect 3 endet so wie die Trilogie begann. Mit einem großen Knall. Hätte ich mir ein anderes Ende gewünscht? Vielleicht.
Vielleicht liegt es aber auch daran das ich mir gar kein Ende gewünscht habe. Insgeheim hätte ich gerne noch mehr mit Shepard, Tali, Liara, Garrus, Jeff und all den anderen erlebt.
MassEffect 3 ist größtenteils düster. Es beginnt schlimm. Es geht schlimm weiter. Ein Lollipop-Ende hätte nicht gepasst. Ich werde diese Spielereihe vermissen.

Nachträgliche Anmerkung: Ich wollte Spoiler im Test vermeiden. Es dürften jedoch mittlerweile ohnehin die Spatzen von den Dächern pfeifen dass das Ende massive Plotlöcher aufweist. Die Art in die das Ende geht ist Geschmackssache aber die letzten zehn Minuten werden nicht zu unrecht kritisiert.

Commander Shepard! Es war mir eine Ehre und Freude diesen Charakter gespielt zu haben. Doch nun muss ich diesen Test beenden. Warum?
Weil ich sofort Teil 1 und 2 neu durchspielen muss. Ein paar der Entscheidungen damals haben mir nämlich im Hinblick aufs Finale gar nicht gefallen.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Tolle Gesichtsanimatione, Super Lichteffekte
  • Sound: Wuchtige Musik, Perfekte Synchro
  • Balance: Jeder Gegner hat eine Schwachstelle
  • Atmosphäre: Das wohl best ausgearbeitetste Universum!
  • Bedienung: Brauchbare Inventarverwaltung, gutes Zielen
  • Umfang: Über 50 Stunden Spielspaß!
  • Quests / Handlung: Soviel Emotion habe ich in einem Spiel nie erlebt
  • Chraktersystem: Hier hat sich Bioware nicht mit Ruhm bekleckert
  • Kampfsystem: Viele Waffen, knallige Effekte, viele Gegnertypen
  • Items: Zahlreiche Waffen, Gadgets und Rüstungen
  • Grafik: Teils schwammige Texturen, leicht unscharfe Videos
  • Sound: Etwas nerviges Reapergeräusch ;)
  • Balance: Gegner spawnen teils aus dem Nichts
  • Atmosphäre: Manche Völker nur angerissen
  • Bedienung: Leertaste als Universalwerkzeug...
  • Umfang: Levels sehr linear
  • Quests / Handlung: Die Enden wirken aufgesetzt
  • Chraktersystem: Austauschbare Klassen und Talente
  • Kampfsystem: Nahkampfangriff etwas zu stark bei Stealth
  • Items: Keine Rüstungen für Begleiter

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.