Ein stark unterschätztes Kleinod

Eine Ära im Wandel. Strategiespiele im klassischen Sinn erscheinen immer seltener. Der letzte große Ableger des Prinzips „Baue eine Basis. Sammle Rohstoffe....

von RedSamurai am: 12.01.2012

Eine Ära im Wandel. Strategiespiele im klassischen Sinn erscheinen immer seltener. Der letzte große Ableger des Prinzips „Baue eine Basis. Sammle Rohstoffe. Bilde eine Armee aus. Erforsche Technologien. Bekämpfe deinen Gegner.“ Ist Starcraft II von Blizzard. Viele Spiele der Marke „Echtzeit-Strategie“, die vor einigen Jahren noch sehr populär waren, werden heutzutage kaum noch mit Nachfolgern gesegnet. Geschweige denn entstehen neue Marken. Das klassische Prinzip wurde abgelöst. Entweder ist der Basisbau entfernt worden, wodurch das Augenmerk allein auf den Gefechten liegt. (Dawn of War II im Gegensatz zu Dawn of War) oder aber der Aufbaupart ist derart ausgeprägt und komplex, dass hierdurch Gefechte zwischen zwei Parteien in den Hintergrund rücken (Anno-Reihe).
Dieser Wandel ist natürlich nicht schlimm, im Gegenteil. Frische Ideen bringen auch die Welt der PC-Spiele voran. So auch bei Men of War Assault Squad. Zwar hatte der Titel bei seiner Erscheinung mit einigen Bugs, wie z.B. Abstürzen und Performance-Problemen zu kämpfen, diese Probleme wurden aber mithilfe von Patches beseitigt. Zusätzlich wurde noch der Umfang erweitert. So kann nun auch Japan gespielt werden und neue Maps wurden hinzugefügt.

Der Zweite Weltkrieg… mal wieder!

Vom Szenario her ist, Men of War: Aussault Squad, wie die gesamte Men of War-Reihe im zweiten Weltkrieg angesiedelt. Selbstverständlich ist dessen Thematik in Computerspielen mehr als genug abgearbeitet worden, allerdings stört dies bei Assault Squad gar nicht, da das Spiel derart komplex aufgebaut ist, dass selbst Weltkriegsmüde Strategen die ganze Thematik in einem neuen Licht sehen werden.
Denn ganz im Gegensatz zum „Konkurrenten“ Company of Heroes, spielt Assault Squad nicht nur in Frankreich, sondern auch in Ländern, wie Afrika, Russland oder im Pazifikraum. Dementsprechend gibt es auch mehr Parteien als in THQs Strategiehit. Neben Amerika und Deutschland kämpft man auch mit England, Russland und Japan auf den historischen Schlachtfeldern. Abwechslung ist also gegeben, zumal sich die einzelnen Parteien auch unterschiedlich spielen. So hat die Wehrmacht beispielsweise die stärksten Panzer, während Russland mit einer starken Artillerie ins Feld zieht.

Nichts Neues an der Front?

Men of War – Assault Squad bietet keinen Basisbau. Denn genauso wie andere aktuelle Ableger der Strategie-Reihe, liegt das Hauptaugenmerk auf den Gefechten. Somit entfallen die anfängliche Aufbauphase und das Sammeln von Rohstoffen und man landet direkt im Gefecht. Spieler, die erst einmal in Ruhe ihre Basis aufbauen wollen, sind somit vielleicht mit anderen Titeln besser bedient.
Die Gefechte an sich spielen sich extrem Taktisch: jede Einheit hat ihr eigenes Inventar, einen begrenzten Munitionsvorrat und kann, ganz wie in COH, hinter Objekte in Deckung gehen. Dementsprechend ist es logisch, dass in einem Feuergefecht nicht jeder Schuss ein Treffer bedeutet, sondern diese auch an der Deckung abprallen können. Hierbei kommt auch die hervorragende Physik des Spiels zum Tragen, denn nahezu jedes Objekt lässt sich zerstören. Ob es nun ein kleiner Holzzaun ist, der bereits durch MG-Feuer zerbröselt oder ein komplettes Haus, das in sich zusammenfällt, wenn ein Panzer durchrasselt. Dementsprechend bekommen hart umkämpfte Frontabschnitte nach und nach ein entsprechendes Aussehen: Bombenkrater, die den Boden durchziehen, Zerstörte Häuserabschnitte, Panzerwracks, die herumstehen und größere und kleinere Trümmer, die auf dem Boden liegen, lassen deutlich erkennen, wo während der Schlacht die erbittertsten Kämpfe getobt haben. Das verleiht dem Geschehen mehr Glaubwürdigkeit.
Aber all das gab es so vorher bereits schon in anderen Spielen, wie Company of Heroes oder auch Dawn of War II, wo also ist das Innovative, das Men of War Assault Squad ausmacht?
Die Innovationen, die den Titel aus der Masse hervorheben, liegen ganz wo anders, nämlich beim Realismus. So besitzen die Fahrzeuge individuelle Panzerungen, auf die jedes Geschoss unterschiedlich reagiert. Das ist bei Fahrzeugen, wie dem Kübelwagen oder Jeep noch recht simpel, da nahezu jede Panzergranate (sofern sie trifft) das Gefährt zerfetzt. Interessanter ist es allerdings schon in Panzergefechten, da sogar die Neigung der Panzerung ausschlaggebend ist für einen Treffer. Hinzu kommen noch Faktoren, wie Entfernung, dicke der Panzerung und Art der Panzergranate. Selbstredend sind Panzer frontal am besten geschützt und durch Treffer am Heck und an den Seiten leichter zu zerstören. Zum Thema Zerstören: auch hier glänzt wieder die herausragende Physik, denn den Fahrzeugen können einzelne Panzerplatten abgeschossen oder sogar die Kette/Räder zerstört werden, was das Fahrzeug manövrierunfähig macht und praktisch zu einem Angriff auf das Heck einlädt, zumindest so lange, wie das Fahrzeug nicht von der Besatzung repariert wurde. Somit bietet die Physik auch mehr taktische Möglichkeiten. Auch weil ein Zerstörtes Fahrzeug nicht, wie in bester Hollywood-Manier, explodiert, sondern in der Regel stehen bleibt und sogar die Besatzung noch hinausklettert, welche anschließend noch weiter kämpfen kann.

Die Spielmodi – Keine Kampagne!

Men of War Assault Squad bietet für Einzelspieler sogenannte Skirmish-Maps, wo gegen die KI in einem einstellbaren Schwierigkeitsgrad gekämpft wird. In diesem Modus gilt es Flaggenpunkte, die auf der Karte verteilt liegen, einzunehmen und so die Front in Richtung des Gegners zu verlegen. In der Ausgangssituation hält man selbst nur eine einzige Flagge, während die KI den Rest besetzt hält.
Neue Einheiten lassen sich mithilfe von Punkten rufen, die stetig in einer bestimmten Geschwindigkeit auf das Konto des Spielers rieseln. Je mehr Flaggen man besitzt, desto höher ist die Rate, mit der die Punkte unserem Konto gutgeschrieben werden. Außerdem werden mit jeder Flagge auch neue Einheiten freigeschaltet, die auf das Schlachtfeld gerufen werden können. So besitzt man am Anfang lediglich einige Infanteristen, während gegen Ende des Matches die richtig schweren Panzer über das Schlachtfeld rollen. Die KI spielt recht gut. Auch auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad dauert ein Match mindestens eine Stunde, wobei sich der Computer hier recht passiv verhält und hauptsächlich mit der Infanterie vorstößt. Hin und wieder rollen aber auch schwere Panzer auf die Front zu, was das Spiel angenehm knifflig macht aber nicht überfordert, da dem Spieler genug Zeit gelassen wird, sein Vorgehen zu planen, ohne dabei überrannt zu werden. Zumal die eigenen Einheiten auf dem untersten Schwierigkeitsgrad zäher sind, als die des Gegners. Ein blindes Vorpreschen endet dennoch schnell im Desaster. Überlegtes Vorgehen ist Pflicht. Dennoch ist Assault Squad damit auch für Gelegenheitsspieler ansprechender, da die Matches so nicht so fordernd sind, wie die Missionen in den anderen Men of War – Spielen.
Die höheren Schwierigkeitsgrade, es gibt insgesamt vier, fordern dagegen bereits Profis. Die KI spielt besser und ist aggressiver und lässt sich nur einer entsprechend guten Gegenwehr in die Knie zwingen. Somit spricht das Spiel fortgeschrittene Einsteiger und Profis gleichermaßen an. Auch wenn es hin und wieder zu kleinen KI-Macken kommt, wenn z.B. eine Einheit „stecken“ bleibt und sich deshalb nicht mehr bewegen kann. Das lässt sich aber verschmerzen, da man auf Knopfdruck die Einheit manuell steuern kann. Das manuelle steuern der Einheiten ist ein weiteres Highlight von Assault Squad, das auch schon in den anderen Men of War Titeln vorkommt und auch in einer Mini-Kampagne in Company of Heroes. Übernimmt man direkt die Steuerung einer Einheit – das funktioniert mit allen verfügbaren Einheiten – lässt sich diese mit den WASD – Tasten steuern und der Mauszeiger verwandelt sich in ein Fadenkreuz. Mit einem linksklick feuert man auf die Stelle, die vom Fadenkreuz markiert wurde. So kann man bei jeder Einheit das Zielen übernehmen, sollte die KI nicht treffen. Dadurch – Eine tolle Sache
Durch das Flaggen-Erobern bildet sich immer eine Frontlinie, die sich, je nach erfolgreichem oder erfolglosem, Vormarsch in Richtung Gegner oder Spieler verschiebt. Verstärkt wird das Frontlinien-Prinzip durch die Tatsache, dass die Karten an sich recht Schmal sind und es wenige Möglichkeiten gibt, den Gegner zu umgehen. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein. Doch hier sei Entwarnung gegeben, denn die Taktischen Möglichkeiten sind aufgrund der vielen verschiedenen Einheiten, sowie deren Ausrüstung schier endlos groß.
Die sogenannte Einzelspieler-Kampagne bietet für jede der 5 Nationen mehrere Skirmishkarten. Daher kann von einer zusammenhängenden Kampagne mit Story und abwechslungsreichen Missionen nicht gesprochen werden, denn am Flaggen erobern und verschieben der Frontlinie ändert sich bei keinem Skirmishgefecht etwas. Einzig die unterschiedlichen Karten erfordern immer wieder unterschiedliche Vorgehensweisen. Auch wenn somit eine Kampagne praktisch nicht vorhanden ist, kann Assault-Squad dennoch auch Einzelspieler für lange Zeit an den PC fesseln, denn kein Match spielt sich wie das vorige. Der KI, der Physik und den Einheiten sei Dank.
Im Multiplayer hat man die Möglichkeit die Skirmish-Gefechte im Koop zu spielen. Dies ist vor allem gegen die KI auf den höheren Schwierigkeitsgraden sehr spannend. Da hier Absprachen und gegenseitige Unterstützung möglich sind.
Hinzu kommen noch die Modi, die bereits in den anderen Men of War Titeln zum tragen gekommen sind. Bei „Frontlines“ muss eine Linie gehalten oder erobert werden. „Combat“ ist das klassische Death-Match und bei „Assaultzone“ müssen verschiedene Punkte eingenommen werden. Die Abwechslung wird zusätzlich noch durch eine riesige Auswahl an Karten erhöht.

Die Einheiten - Die Qual der Wahl

Jede Nation bringt andere Einheiten mit ins Gefecht. So stehen neben den standartmäßigen Infanteristen auch Mörsertrupps, Panzerabwehrtrupps, Scharfschützen, Commandoeinheiten, schwere Maschinengewehre und noch mehr zur Verfügung.
Bei den Fahrzeugen wird jeder Nation eine große Palette an Panzerwagen und Panzern zur Verfügung gestellt, die sich in leicht, mittel und schwer einteilen. Darunter sind bekannte Einheiten, wie der „Sherman“-Panzer oder der „Hetzer“ - Panzer aber auch weniger bekannte, wie z.B. der Fuhrpark der japanischen Armee. Insgesamt ist der Fuhrpark jeder Nation sehr umfangreich und wartet mit mindestens 5 verschiedenen Panzern auf, in der Regel sogar mehr. Hinzukommen noch Flakpanzer, Artillerie und andere Fahrzeuge. Auch besitzt jede Nation Spezial-Einheiten, die meist nur begrenzt auf das Schlachtfeld gerufen werden können. So besitzt Russland z.B. eine Riesige Kanone, die zwar lange nachgeladen wird und sich nur sehr langsam bewegt, dafür aber sehr weit schießen kann und verheerenden Schaden anrichtet. Die Amerikaner können Fallschirmspringer beordern, die auf jedem beliebigen Punkt der Karte landen können. Ideal für Angriffe von hinten. Mit diesen Spezial-Einheiten und der der sonstigen Auswahl bieten sich schier endlose Möglichkeiten den Feind zu bezwingen und somit auch eine enorme Abwechslung – auch im Einzelspieler.

Ein gemaltes Bild?

Grafisch gesehen ist Men of War Assault Squad keineswegs auf der Höhe der Zeit. Bei nahem betrachten fallen die matschigen Texturen auf, sowie die steifen Animationen der Einheiten. Von fern, also der Ansicht, die am meisten genutzt wird, entsteht aber ein solides Gesamtbild, denn die Optik kann an sich überzeugen. Vor allem die Explosionen und Raucheffekte sind sehr schön anzusehen. Auch die Partikel, die dank der hervorragenden Physik sehr glaubwürdig umherfliegen sind schön anzusehen und lassen die Gefechte sehr realistisch erscheinen. Men of War sieht somit hübsch aus, bietet eine Menge Effekte, ist aber ansonsten grafisch leicht veraltet.

Mitten im Schlachtenlärm

Der Sound ist dagegen hochwertig. Jede Nation spricht in ihrer Sprache. Während den Gefechten schreien sich die Soldaten, passend zur aktuellen Situation, Befehle entgegen, melden, wenn sie keine Munition mehr haben und wenn jemand verwundet wurde. Die Explosionen klingen super und selbst wenn gerade kein Gefecht tobt. Kann man im Hintergrund den Kriegslärm hören. Dies übermittelt das Gefühl, wirklich gerade mitten in einem Gefecht zu sein, das Teil einer großen Offensive ist. Dazu läuft zum Szenario passende Musik, die im Falle eines Gefechts auch schneller und bedrohlicher wird. Allerdings wiederholt sie sich nach einiger Zeit.

Fazit

Mit Men of War Assault Squad ist ein Strategiespiel erschienen, das sich wie die meisten aktuellen Vertreter, weg vom klassischen Echtzeitstrategiespiel bewegt. Aber man muss froh sein darüber. Da der Basisbau wegfällt, stehen die taktischen Gefechte im Mittelpunkt. Fans von intensiven Gefechten sind hier genau richtig bedient. Company of Heroes – Fans, die etwas Neues ausprobieren wollen, sollten sich diesen Titel unbedingt anschauen. Auch Spieler, die sich über die anfänglichen Bugs geärgert haben, sollten dem Spiel jetzt eine neue Chance geben. Über die immer gleich ablaufenden Missionen, sowie die leicht altbackene Grafik kann aufgrund der schier endlosen taktischen Möglichkeiten, der guten KI und der dichten Schlachtatmosphäre hinweggesehen werden. Da ist es nur zu wunderlich, dass diesem Kleinod nicht bereits mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Verdient hätte es Men of War Assaul Squad allemal.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Detaillierte Karten, Bombastische Explosionen
  • Sound: Toller Schlachtenlärm, Passende Musik...
  • Balance: 4 Schwierigkeitsgrade, KI mogelt nicht
  • Atmosphäre: Stimmige Kriegsatmosphäre, Realismus
  • Bedienung: Präzise mit Maus und Tastatur, Direkte Steuerung
  • Umfang: Jede Menge Skirmishkarten, Multiplayer
  • Missionsdesign: Spannende Stellungskämpfe
  • KI: Spielt gut, Versucht taktische Manöver
  • Einheiten: Jede Nation hat individuelle Einheiten
  • Kampagne: Umfangreich
  • Grafik: Matschige Texturen, Steife Animationen
  • Sound: ... die sich wiederholt
  • Balance: Für Einsteiger längere Eingewöhnungsphase
  • Atmosphäre: Wenig Identifikation mit den Soldaten
  • Bedienung: Deckungssuche manchmal fummelig
  • Umfang: Keine Kampagne
  • Missionsdesign: Ablauf bleibt gleich
  • KI: Gelegentliche Aussetzer
  • Einheiten: Flugzeuge nicht selbst steuerbar
  • Kampagne: Sind nur aneinander gereite Skirmishgefechte

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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