Schräubchenzähler
Manchem Simulations-Experten sind diese Weichei-Optionen ein Dorn im Auge. Wenn man die einschlägigen Foren besucht, wird man als interessierter Semi-Profi eher abgeschreckt. Da meckert ein Hobbyflieger sogar noch über Ubisofts extrem detaillierte Flugsimulation Cliffs of Dover: »Der Schalter für den Propeller-Einstellwinkel der BF109 ist falsch animiert. Bei dem fraglichen Bauteil dürfte es sich um den sogenannten Luftschrauben-Handverstellschalter Fl 18502 handeln. Hervorzuheben ist, dass der Hebel nach Betätigung automatisch in die Neutralstellung/Mittelstellung zurückkehren soll. Im CloD 1.00.14214 passiert genau das nicht.«
Andere Simulations-Pedanten untersuchen neu erschienene Bahnstrecken auf Fehler - wenn sie bei Google Maps feststellen, dass ein Signal um ein paar Meter verschoben ist, finden sie gleich »die ganze Strecke scheiße«.
Flügelmänner unter sich
Solche selbsternannten Experten sind zwar nur eine Minderheit, aber eben eine laute, und die möchte am liebsten unter sich bleiben. Andere hingegen kennen sich genauso gut aus, sind aber Neulingen gegenüber viel offener: »Du kannst gerne mal eine unserer Online-Trainingsstunden mitmachen - bis jetzt haben wir noch jeden in die Luft bekommen!« heißt es da.
Allerdings sollte man sich dann auch an die Regeln halten. Marc Althaus: »Bei iRacing wird jeder Unfall, jedes Abweichen von der Rennstrecke vom Spiel protokolliert - und wenn jemand andere Fahrer absichtlich abschießt oder laufend Abkürzungen sucht, kriegt er ganz schön Gegenfeuer in der Community.«
Apropos Community: Die ist, je nach Simulationsgenre, deutlich älter als der Standardspieler. Das merkt man zum einen daran, wie viele von der guten alten Zeit plaudern, als noch Flugsimulationen am laufenden Band erschienen. Als es Microprose noch gab, als Falcon, Comanche und Apache den Luftraum beherrschten, Handbücher zentimeterdick waren und aus echtem Papier bestanden, nicht aus Bits und Bytes in einem lieblosen PDF.
Umfragen geben noch mehr Aufschluss, wer genau eigentlich Simulationen liebt: In der Train Simulator-Community zum Beispiel liegt das Durchschnittsalter über 40 - und viele haben beruflich mit der Bahn zu tun. Moment mal, fragen wir uns, die steuern den ganzen Tag einen Zug, und setzen sich nach Feierabend an den PC, um einen Zug zu steuern? »Richtig«, sagt uns Althaus, »das habe ich da auch gefragt - und einer hat mir erzählt, dass er tagsüber S-Bahn fährt und am Rechner einen ICE 3 oder eine schöne Dampflok.«
Der Flieger im Keller
Diese Verquickung zwischen Beruf und Hobby bestätigt uns auch Holger Eyrich, Inhaber eines großen Kurierdienstes sowie Pilot und Fluglehrer. Er hat sich für rund 6.000 Euro rund um Microsofts ganz normalen Flight Simulator 2004 einen eigenen Simulator gebaut und fliegt online in Echtzeit mit anderen Simulator-Piloten. »Dabei kann ich mit einem echten Lotsen kommunizieren, wie in der richtigen Fliegerei. Diese Lotsen sind im wirklichen Leben Fluglotsen, die in ihrer Freizeit nichts anderes tun haben...«
Aber wie realistisch ist so ein Simulator Marke Eigenbau? Holger Eyrich: »Dadurch, dass ich zusätzlich um die eingesetzte Hardware ein ›Cockpit‹ gebaut habe, kommt der Flugsimulator schon nahe an die Realität. Schalter und Anzeigen für Navigation, Funk, Autopilot und andere Funktionen werden wie im echten Flieger bedient und nicht durch die Computertastatur und Maus. Pedale und Steuerhorn funktionieren realistisch. Die Geländestrukturen, Flugplätze und Flughäfen sowie der Traffic anderer Flugzeuge entsprechen annähernd der Realität. Diese habe ich durch Zusatzsoftware verbessert. Durch diverse Einstellungen wie Wind, Wetter, Jahreszeiten, Donner und Gewitter, Seitenwinde, Hagel und Schnee kann ich annähernd Flugsituationen nachstellen. Was fehlt, sind Fliehkräfte, Neigungen und sonstige nur im echten Flieger vorkommende Situationen - dafür wird mir aber auch nicht schlecht...«
Im nächsten Teil unserer Simulations-Serie geht's aufs Land: Warum verkauft sich der Landwirtschafts-Simulator hundertausendfach?
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