Von (König-)Reichen, Rittern und einer Sandbox

Mount&Blade: Warband ist eines dieser Spiele, die viel zu Unrecht in einem Schwarzen Loch (Wahlweise auch als Kerker interpretierbar) verschwunden sind....

von Larsibärchen am: 07.03.2016

Mount&Blade: Warband ist eines dieser Spiele, die viel zu Unrecht in einem Schwarzen Loch (Wahlweise auch als Kerker interpretierbar) verschwunden sind. Dabei ist es eines der besten Spiele die ich in den letzten 2 jahren Spielen durfte. Wer sich nun Screenshots davon anschaut wird vielleicht angewidert die Nase rümpfen, einen "Aus welchem Jahrhundert kommt den DIE Grafik?" ausstoßen und erstmal seinem ärger hier in den Kommentaren Luft machen. Und das auch zurecht: Auf der technischen Ebene ist das Spiel in seiner Urfassung ein Wrack. Unvollständige Übersetzungen, keine Dialog-Vertonung, teilweise wirklich schlimme Bugs und dazu eine Grafik die mit heutigen Standards nicht annähernd mithalten kann. Warum ich das Spiel trotzdem für eines der besten meines Lebens halte, und was es den etablierten Entwicklern sowie den Spielern in der Sanbox-Diskussion zeigen kann, will ich im folgenden näher erklären.

Hinweis: Ich beschreibe hier die Steam-Version des Spiels, da die Disk-version wegen eines Falschen Codes nicht funktionierte. Unterschiede kann ich deshalb nicht benennen.

Endlich im Spiel - Und jetzt?

 

Wir beginnen unser Abenteuer wie in vielen Rollenspielen mit der Charaktererstellung. Dabei bewegt sich Mount&Blade: Warband (ab hier M&B genannt) im soliden Mittelfeld. Individualisierungsenthusiasten kommen hier nicht so auf ihre kosten wie in einem Fallout 4, allerdings stehen reichlich Möglichkeiten zum Anpassen des Gesichts zur Verfügung. Auch das Geschlecht lässt sich frei wählen. Cool: Die Wahl hat einen Einfluss aufs Gameplay (dazu später mehr). Nachdem wir unser aussehen angepasst haben, können wir die Geschichte unseres Helden bestimmen. Von einem Bettlerjungen aus ärmsten Verhältnissen bis zum Adeligen im Dienste eines Ritters (Inklusive Familienwappen) ist alles drin. Unsere Wahl hat dabei Auswirkungen auf den Schwierigkeitsgrad: Ein mann aus reichem hause hat es natürlich Einfacher in Calradia, so heißt der Kontinent auf dem wir uns befinden, Fuß zu fassen, als ein Bauernsohn der keinen Cent in der Tasche hat. Sollten wir zudem eine Frau als Charakter gewählt haben wird es noch schwieriger: Alle Nase lang werden wir mit Sexistischen Vorurteilen konfrontiert und müssen uns das Ansehen erst erarbeiten. oder wir heiraten einfach. 

Solche Gedanken liegen allerdings für Ferdinand, meinen Charakter, noch in ferner Zukunft. Gerade hat er seine ersten Schritte in Praven, der Hauptstadt von Swadien getan (einem von 5 Wählbaren Startpunkten) da wird er auch schon von Banditen überfallen. Nachdem es uns gelungen ist die Wegelagerer Nieder zu strecken, eilt uns ein Händler zur Hilfe der uns Obdach gewährt. Von ihm erfahren wir, das die Banditen offenbar mit Honorationen der Stadt unter einer Decke stecken. Wenn wir ihn bei einem Angriff auf das Banditenlager unterstützen, so will er uns Entlohnen. Diese Quest dient gleichzeitig als Ingame-Turtorial und kommt ohne großartige Erklärungen aus. Wir können sie auch einfach Ablehnen und direkt loslegen, so haben wir dann aber erschwerte Startbedingungen, da uns Gold fehlt.

Egal wie wir uns entschieden haben, früher oder später stehen wir dann da, haben alle Aufgaben abgeschlossen und Fragen uns: "Was jetzt?". Und hier beginnt der Sandbox-Aspekt des Spiels. Ferdinant entschließt sich zu aller erst, an dem Tunier in Praven teilzunehmen. Hier werden Kämpfe zu Pferd, mit dem Bogen, dem Schwert, der Lanze oder Wurpfspeeren in einer Arena bestritten. Da wir allerdings reichlich ungelernt sind und Ferdinant, der Nahekämpfe, ausgerechnet mit einem Bogen startet, kriegen wir erstmal ordentlich aufs Maul. Glücklicherweise ist der Tunierleiter von unseren Kampfkünsten beeindruckt. Er lässt uns zur nächsten Runde antreten. Nun starten wir mit einem Doppelhänder! Die Gegner fallen unter Ferdinants harten Schlägen wie Korn vor der Sense und bald stehen wir von unseren Teamkameraden Flankiert in der Arena und sind Siegreich. Die Siegesserie setzt sich fort und da wir vor den kämpfen Geld auf unseren Sieg gesetzt haben, gewinnen wir auf einen Schlag über 2000 Münzen. Zudem werden wir als Belohnung zum parallel stattfindenden Gelage eingeladen. Dort Lernen wir den König des reiches kennen. Zwar will er uns auf unsere Nachfrage nicht in den Vasallenstatus heben, wir sollen uns erst beweisen. Aber er empfiehlt uns, es bei einem seiner Vasallen zu probieren. und tatsächlich finden wir einen Fürsten, der gute Männer für den Kampf sucht.

 

Von Schlachten und geschlachtet werden

 

So arbeiten wir uns Schlacht um schlacht nach oben, steigen in den rang eines Vasallen auf und können somit lehne (Besitztümer) besitzen, die uns Steuern verschaffen. Diese sind komplett ausbaubar, um zum Beispiel den Wohlstand und somit ihre Steuern zu steigern. Dafür müssen wir sie aber verteidigen, wird ein Dorf geplündert so gibt es für für eine Periode keine Einnahmen, was vor allem in Kriegszeiten fatal sein kann. Eine Armee ernährt sich schließlich nicht selbst und wenn wir als Feldherr erfolg haben wollen, so müssen wir neben Militärischen Erfolgen auch die Moral unserer Truppe im Auge behalten. Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab. Dabei können wir über die F-tasten verschiedene befehle Aufrufen. Tab erlaubt die Auswahl der Truppenart die die Befehle ausführen soll (Kavallerie, Infanterie, Bogenschützen, etc.). Die kampfstärke der eigenen Und gegnerischen Einheiten lässt sich dabei genau so einstellen wie die maximale Anzahl der Kämpfer auf dem Schlachtfeld. Selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad machen Armeen immer noch große Probleme, wenn man nicht ordentlich vorbereitet ist. jeder gewonnene Kampf schüttet XP aus, mit denen wir unsere Kämpfer aufrüsten können. fallen welche können wir entweder Bauern aus Dörfern Anheuern und hochrüsten oder fertig Ausgebildete Soldaten in Tavernen Anheuern. Neben Verpflegung kostet die Truppe auch Sold, der vom Ausbildungsstand abhängt. So muss man also auch darauf achten stehts genug Geld zu haben um die eigenen Leute zu bezahlen. Niemand riskiert schließlich für eine Versprechen seinen Kopf.

Jedes der 5 Reiche hat dabei seine Speziellen Vor- und nachteile. Während die Rhodoks im Kampf eher auf Armbrustschützen setzen, eine Anstürmende Armee dezimieren und dafür aber aber der Kavallerie unterlegen sind setzen die von Vaergis eher auf solide Nahekämpfer, die einen starken Angriff aber eine Schwache Verteidigung haben. Strategen könne sich hier also genau so Austoben. 

Neben "Regulären" Einheiten können wir auch Kameraden anheuern, von denen jeder eine eigene Geschichte hat. jeder von ihnen bringt eine, levelbare Fähigkeiten mit, die unseren Trupp ergänzen. Auch ihre Ausrüstung können wir komplett selbst bearbeiten. Allerdings vertragen sie sich untereinander nicht unbedingt, und so kommt es durchaus vor das wir einen Streit schlichten müssen. Dabei können wir abwinken, uns für eine Partei entscheiden, oder beide zur Ordnung rufen. Jede Entscheidung wirkt sich auf das Verhältnis zum Spieler aus. Wer zum beispiel nur Skrupellose Begleiter hat kann Gegnerische Dörfer Plündern ohne reue zu hören zu bekommen. Allerdings stehen Fürsten einem dann tendenziell mit Verachtung gegenüber.

Ist ein Kampf aussichtslos, was durchaus mal vorkommen kann (woher hätte ich auch wissen sollen das da ne Armee mit 120 Mann stand?) könne wir uns entscheiden ob wir Männer zurücklassen wollen die den Feind aufhalten oder ob wir uns in die Aussichtslose Schlacht werfen. Eine Wahl die durchaus ernste Konsequenzen haben kann. Flüchten wir, stehen wir als Feigling da, der seine Männer im Stich gelassen hat, retten aber unsere haut und die unserer übrigen Kameraden noch dazu. kämpfen wir, wird unter Umständen der gesamte Trupp getötet, wir landen im Kerker, verlieren einen Teil unserer Beute und viel Geld und müssen unsere Kompagnons mühsam wieder zusammen suchen, da sie in allen teilen der Welt stecken können. Ein wirkliches Game Over gibt es aber nicht, der Charakter ist Unsterblich. Trotzdem ist es gerade zu Anfang des Spiels ein echtes Ärgernis, wenn man sieht wie alle Fortschritte buchstäblich unter den eigenen Augen weggemetzelt werden. Spieler die gerne leiden werden hier ihre helle Freude haben. 

 

Freund? Feind? Verbündeter?

 

Überhaupt ist die Sozialkomponente in diesem Spiel eine der Spannendsten Gameplay-Mechaniken. Von jedem einzelnen Dorf über Städte bis hin zu den Fürsten und Königen der verschiedenen reiche hat jeder eine eigene Meinung über den Spieler, die sich aus den Interaktionen ihnen gegenüber ergibt. Dazu kommen noch der generelle Wert des Ansehens im aktuellen Reich und ein Ehrenwert, der zeigt wie viel Respekt sich der Spieler erarbeitet hat. Diesen kann man durch gute taten wie das befreien von durch Banditen Besetzte Dörfer oder das schlichten von Streit unter den Fürsten erhöhen. So entwickelt sich ein komplexes Geflecht aus Unterstützern und Gegnern, die man natürlich zum eigenen vorteil versucht auszunutzen. Wenn es zum Beispiel darum geht ein neues Lehen zu verteilen, kann ein bisschen Eigenwerbung nicht schaden. Schnell ein paar Gespräche mit den Fürsten die einen mögen geführt und man hat eine Riege aus Unterstützern.

Auch dem gegner kann man gewaltig ins Handwerk pfuschen: Hat man  Verfeindete Fürsten genug von sich überzeugt, kann man sie manchmal überreden die Seite zu wechseln. Dann schließen sie sich dem eigenen Reich an. Hierbei kann man den Fürsten mit der Aussicht auf Besitztümer, Schutz des Adels, Gleichbehandlung aller oder dem Recht auf regieren des eigenen Königs überzeugen.  Und sollte man irgendwann genug Unterstützer haben, darf man auch gerne einen Blick auf den Wert "Recht auf regieren" werfen. Ist dieser hoch genug, kann man zu einem Staatsstreich aushohlen. 


A Game of Thrones

 

Denn das ist es letztendlich worum sich alles dreht: einem Königreich zur Macht über Calradia zu verhelfen. Natürlich können wir als Vasall treu zu unserem König stehen, ein Reich nach dem anderen zu Fall bringen und so das Spiel beenden. Viel spannender wird es aber, wenn man sich mit List und Heimtücke nach oben arbeitet. So kann man durch gezielte Intrigen (heute würde man sagen: Realpolitik) Fürsten, die den eigenen Machtansprüchen im Weg stehen, diffamieren, sodass sie vielleicht sogar gestürzt, enteignet und ins Exil in ein anderes Reich verwiesen werden. Oder aber wir ziehen uns in unsere Burg zurück, sofern wir eine als Lehen erhalten haben, und rufen kurzerhand unser eigenes Königreich aus. So etwas wird natürlich nicht gerne gesehen und vor allem wenn man noch keine großen Städte hat, kann es leicht passieren das dass frisch gebackene Reich von dem nächstgrößeren in einem kurzen Feldzug Platt gemacht wird. Allerdings ist alleine die Vorstellung, mit einem eigenen reich alle Etablierten Parteien zu beseitigen äußerst reizvoll.

 

Fazit

Eigentlich gäbe es noch so viele Dinge die ich erzählen könnte, aber ich möchte das der geneigte Leser die vielen kleinen Dinge, die M&B so faszinierend machen selbst heraus findet. Das Spiel mag schlecht gealtert sein und teilweise der Bughölle Gothik 4 gleichen. Aber wir haben hier DAS perfekte beispiel, wie eine Sandbox sein sollte. Wir haben ein ziel vorgegeben, nämlich die Absolute Herrschaft. Wie wir dieses ziel erreichen, was wir wann und in welcher Reihenfolge tun ist uns aber komplett selbst überlassen. Und für 20 Euro (auf Steam) kann man wirklich absolut nichts falsch machen. eine klare Empfehlung von mir, zumal es unzählige Mods gibt, die das Spiel teilweise komplett umkrempeln (Eine GoT-Mod? Scheiße nochmal, JA!) 


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(2)
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