Deponia im Test - Lucasarts´ Erben

Schrott, Müll, Abfall, Dreck, Unrat. Es gibt viele Worte um zu beschreiben, in welchem Umfeld das neue Adventure der Edna-Schöpfer spielt. Aber es gibt nur ein Wort, um Deponia selbst zu beschreiben: grandios!

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Das stinkt doch zum Himmel! Müll und dessen Beseitigung stellen die Menschheit vor große Herausforderungen. Müllskandale wie in Neapel oder Demos gegen Zwischen- und Endlager atomarer Abfälle sind dabei nur die Spitze des Eisberges. Unkontrolliert wuchernde Mülldeponien in Megastädten wie dem philippinischen Manila dienen Tausenden armen Menschen als Wohn- und Versorgungsstätte. Im Jahre 2000 begrub nach heftigen Regenfällen ein kollabierender Müllberg über 200 dieser Müllsammler.

Für diese Menschen ist die erschreckende Dystopie, die das neue Adventure Deponia aufzeigt, schon längst Realität. Für sie ist ein Leben außerhalb des Abfalls in Wohlstand, Gesundheit und reiner Luft ebenso fern wie für den Anti-Helden und Bastler Rufus die weiße Wolkenstadt Elysium, die hoch oben am Himmel über dem für unbewohnbar gehaltenen Müll-Planeten Deponia schwebt. Während die Müllsammler Manilas aufgrund gesellschaftlicher Zwänge sowie Korruption und Unterdrückung wohl nie in die oberen Sphären menschlicher »Zivilisation« aufsteigen werden, hält auf Deponia der militaristischen Beamtenapparat Organon die Planetenbewohner davon ab, ihr Elysium zu erreichen.

Ausstattung und Kopierschutz

Deponia kommt für ca. 30 Euro in die Läden und bringt neben der Spiel-DVD noch weitere Extras mit: einmal die Audio-CD zum hervorragenden Soundtrack und zusätzlich zwei Poster. Ebenfalls erfreulich: Deponia verzichtet auf jegliche Kopierschutzmaßnahmen. Hoffentlich honorieren das die Spieler auch.

Für das Story-Dreieck aus dreckigem Planeten, elitärer Oberschicht sowie der Suche nach Erlösung standen in der Kulturgeschichte bereits unzählige Werke Pate: Von modernen Interpretationen wie Wall-E, Blade Runner, Metropolis oder Battle Angel Alita reicht die Palette über das Mittelalter (Die göttliche Komödie) bis zu antiken oder religiösen Erlösungsphantasien (Elysium, Zion, Walhall).

Test-Video zu Deponia Video starten 5:58 Test-Video zu Deponia

Liebevolle Optik

Die Hamburger Adventure-Spezialisten von Daedalic Entertainment (Edna bricht aus, Harveys neue Augen) mischen diesen Ansatz auf ihre Weise mit dem Humor à la Simpsons/Futurama und ihrem ganz eigenen Zeichentrick-Stil (The Whispered World, A New Beginning). Dazu zeichnen die Entwickler alle Hintergrundbilder und jede einzelne Stufe der aufwändig animierten Figuren per Hand. Sogar die Lippensynchronität beim Sprechen wird teilweise in Handarbeit nachjustiert. Ein großer Aufwand, der sich aber auszahlt. Ästhetisch wirkt Deponia dadurch wie aus einem Guss und zählt somit ohne Zweifel zu den hübschesten Adventures und 2D-Spielen unserer Zeit.

Toller Sound, tolle Sprecher

Unterstützt wird das hervorragende Art-Design auch durch die Tonspur. Im Hintergrund erklingen dynamisch je nach Spielsituation wunderschöne Melodien, von denen einige Stücke sogar auf echten Schrott-Teilen von der Müllhalde eingespielt wurden. Dazu überzeugen die ausgezeichneten Sprecher, die ihren Charakteren individuelle und charakteristische Klangfarben verleihen. Vom gemütlichen (um nicht zu sagen: faulen) Spreng-Meister, über die schnippische Ex-Freundin Toni bis zum selbstsüchtigen und kleinwüchsigen Wenzel passt die Wahl und Arbeit der Sprecher zur jeweiligen Figur.

Das Ziel Es ist wohl der x-te der gescheiterten Fluchtversuche von Anti-Held Rufus. Diesmal versucht er sich mit einer an eine Rakete geketteten Kapsel auf einen der Hochbahn-Organon-Kreuzer zu schießen

Der Weg Weil die Kapsel wegen Schraubenmangels auseinanderfällt, zieht es Rufus nun über den halben Planeten – herausstehende Nägel und Strommasten inbegriffen.

Das Resultat Für die Bewohner Deponias keine große Sache. Für sie ist Rufus´ Treiben und Scheitern schon Normalität.

Zwischen den Spielakten hat dann Daedalic-Mitgründer und Autoren-Mastermind (Edna, Harvey, Deponia) Jan Müller-Michaelis (genannt: »Poki«) seinen großen Auftritt. In der Tradition eines Chores aus der griechischen Tragödie begleitet er die Handlung zwischen den Kapiteln kommentierend mit musikalischen Einlagen in klassischer Singer-/Songwriter-Manier (d.h. nur mit Stimme und Gitarre). Von seinen hübschen Wortspielereien und verqueren Reimen können wir dabei gar nicht genug kriegen.

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