Seite 3: Project Eternity - Comeback der Partygänger

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Das Rüstungssystem

Früher bei Dungeons & Dragons-Spielen wollten wir immer nur das eine: Den Rüstungswert (Armor Class) so niedrig wie möglich halten. Je kleiner diese Zahl, desto schwieriger ist es, einen Charakter zu treffen und ihm Schaden beizufügen. Doch im Regelwerk von Project Eternity gibt es weder Rüstungswert noch Rettungswurf. Stattdessen verfügt jeder Charakter über vier Verteidigungswerte, die aufgrund von Attributen, Level, Ausrüstung, Rasse und Klasse kalkuliert werden. Sie schützen vor bestimmten Angriffstypen:

Abwehr: Verteidigung gegen die meisten Nah- und Fernkampf-Attacken, die auf einzelne Ziele gerichtet sind (z.B. Schwerter, Pfeile).

Standfestigkeit: vereitelt Angriffe auf Körperfunktionen (z.B. Gift, Krankheit) oder den Versuch, das Ziel gewaltsam zu überwältigen (wie ein Knockdown).

Reflexe: Abwehr von Flächenschaden-Attacken (z.B. Feuerball, Blitz).

Psyche: hilft gegen Angriffe auf Basis von Geist und Willenskraft (z.B. Person an einer Stelle festhalten).

Mit Details zur Handlung hält sich Obsidian bewusst zurück, um den Spielern nicht den Überraschungseffekt zu verderben. Das Element des Unerwarteten war für Josh Sawyer einer der Gründe, warum die Handlung von Planescape: Torment so gut ankam. Was man ohne Spoiler-Gefahr wissen darf: Project Eternity ist im Süden der Welt angesiedelt, in einer Küstenregion namens Dyrwood. »Dein Charakter wird in ein übernatürliches Ereignis verwickelt, und dadurch entsteht ein Riesenproblem« deutet Sawyer an. Reinkarnation ist in der Spielwelt gang und gebe, die Seelen von Verblichenen werden stets wiedergeboren. Wie und warum scheint die verschwundene Zivilisation der Glanfathans gewusst zu haben, aber außer ein paar Ruinen ist von ihr nicht viel übrig geblieben.

Der Weg durchs Dialog-Dickicht: Dieses Editor-Bild zeigt Verlaufsmöglichkeiten in nur einem von mehreren hundert Gesprächen. Der Weg durchs Dialog-Dickicht: Dieses Editor-Bild zeigt Verlaufsmöglichkeiten in nur einem von mehreren hundert Gesprächen.

Besonders viel Wert legt man bei Obsidian aufs Geschichtenerzählen und die Dialogsysteme. Gespräche entwickeln in Projekt Eternity eine verschachtelte Baumstruktur ähnlich den alten Infinity-Engine-Spielen. Nach dem Multiple-Choice-Prinzip wählen Sie im Gespräch immer wieder zwischen mehreren Antworten. Welche Optionen zur Wahl stehen, hängt auch von Klasse und Rasse des Hauptcharakters ab. Zur Verdeutlichung der Komplexität ruft Adam Brennecke einen Beispiel-Dialog im Story-Editor auf: Es erscheint ein komplexes Flussdiagramm mit Dutzenden unterschiedlichen Gesprächshäppchen, zu denen verzweigt werden kann.

Antworten wählen Sie ganz ohne Zeitdruck, wie man es von Baldur's Gate & Co. kennt. Hunderte von Gesprächen sollen für viel Lesestoff sorgen und auch den Spielverlauf beeinflussen. Als Vorbild nennt Josh Sawyer abermals Planescape: »In Torment konntest du durch deine Attribute Aktionen im Verlauf eines Dialogs auslösen, zum Beispiel Jemandem etwas aus der Hand nehmen oder einem Typen das Genick brechen. Das war wirklich cool und wir wollen mehr in dieser Richtung machen.«

Eine Vertonung der Dialoge ist derweil vom Tisch, um die Kosten im Rahmen zu halten und den Autoren mehr Flexibilität zu geben. Wenn die Sprachaufnahmen erst einmal im Kasten sind, ist es nämlich nahezu unmöglich, noch Textänderungen vorzunehmen. Project Eternity gibt sich also stumm, aber keinesfalls wortkarg: Neben den Gesprächen mit NPCs sind auch komplexe Konversationen zwischen den Party-Mitgliedern geplant. So soll eine bessere Bindung zu den anderen Charakteren entstehen - und vielleicht schwatzen wir auch die eine oder andere Begleiter-Quest frei.

In welchem Ausmaß solche personenbezogenen Nebenmissionen eingebaut werden, wird derzeit im Team diskutiert. Und wie sieht es mit weiteren zwischenmenschlichen Optionen für die Party aus? Schließlich verbringen die Helden so viel Zeit zusammen, vermöbeln gemeinsam Monster und kuscheln in Erholungspausen am Lagerfeuer - ist Liebe am Arbeitsplatz da ausgeschlossen? »Wenn es zu Charakteren und Story passt, werden wir Romanzen in Erwähnung ziehen«, meint Adam Brennecke, aber die sollen nicht aufgesetzt wirken und »nicht so unbeholfen wie in manch anderen Spielen«.

Wie »gut« oder »böse« sich der Held bei seinen Abenteuern benimmt, soll weitgehend dem Spieler überlassen bleiben. Witwen bestehlen, Bauern meucheln? Klar, warum nicht! Allerdings können die Entwickler nicht ausschließen, dass es hier Einschränkungen geben wird, damit niemand in einer Story-Sackgasse landet. Josh Sawyer möchte ohnehin weg vom Schwarzweiß-Denken, er vergleicht die Entscheidungsschwere mit der Agonie im Sinne des klassischen griechischen Dramas: »Das ist viel interessanter als ›gut‹ oder ›böse‹. Wenn du zwischen mehreren Kompromissen abwägen musst, von denen keiner eindeutig angenehm ist, fällt die Wahl viel schwerer; du musst mit der Entscheidung ringen.« Wer The Witcher oder Baldur's Gate 2 gespielt hat, weiß, wovon der Mann spricht.

Der Blick auf den Terminplan verursacht derzeit keine Angstzustände: Das Personal ist größtenteils an Bord, ein weiterer Programmierer soll noch angeheuert werden, der sich vor allem um das Interface kümmern wird. Der angestrebte Erscheinungstermin im Frühjahr 2014 wirke realistisch, schließt Adam Brennecke. Und falls Project Eternity aus Qualitätsgründen doch mehr Zeit brauchen soll, hätte die Kickstarter-Community dafür vermutlich mehr Verständnis als ein auf Quartalsergebnisse schielender Publisher.

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