Ein würfelförmiger Raum hat sechs Seiten, eine davon heißt Boden. Wenn man den Raum um 90 Grad über die z-Achse kippt, dann ist das, was vorher der Boden war, eine Wand. Man kann nicht sagen, dass sich der Indianer Tommy viele Gedanken über derartige mathematische Erklärungen machen würde, während er quer durch den gestürzten Raum fällt. Er flucht eher, und beim ersten Mal kotzt er angemessen, aber er wird sich daran gewöhnen müssen - und Sie sich auch, denn der Ego-Shooter Prey schüttelt und biegt die Gesetze der Physik ordentlich um.
Verflixte Portale
Die Spielerei mit dem Raum sorgte schon 1995 für Aha-Effekte, denn Prey ist seit über elf Jahren in der Entwicklung. Auf der E3-Messe 1998 bestaunten geladene Gäste die so genannte Portal-Technologie, mit der Prey Übergänge zu beliebigen Levelstellen öffnen konnte, als ob man durch ein Fenster in eine andere Welt schaute. Mit dem Konzept hatte sich 3D Realms übernommen; es gab technische Schwierigkeiten, Abgänge im Team und immer neue Verschiebungen. 2001 übernahm das externe Studio Human Head (Rune) die Arbeit. Basis war nun die Doom 3-Engine, die für die Portal- und Physik-Effekte dezent umgeschrieben wurde. So kehrte Prey 2005 offiziell ans Licht der Öffentlichkeit zurück; seit Mitte Juli 2006 steht der junge Oldie nun in den Läden.
Im Schiffsdarm
Tommy, ein Cherokee-Indianer in einem Reservat irgendwo in Texas, wird eines Nachts samt Großvater und Freundin Jenny von Außerirdischen entführt, die auf ihrem riesigen Kugelschiff Menschen zu Protein-Häppchen verarbeiten.
Der Alien-Raumer entpuppt sich als gewaltige Sphäre von mehreren hundert Kilometern Durchmesser, auf deren Hülle High-Tech-Komplexe und organische Strukturen ineinander fließen. So findet sich Tommy in monitorflimmernden Stahlgängen wieder, an deren Wänden darmähnliche Stränge pulsieren; zwischen Energieleitungen und Reaktoren wachsen Tentakel, reifengroße Schließmuskel würgen grünlich Halbverdautes aus. Die schummrig angelegten Korridorstafetten mit ihrem glattglänzenden Look wirken stellenweise wie aus Doom 3 geborgt, wären da nicht einige verblüffende Technik-Tricks, die die Prey-Welt buchstäblich auf den Kopf stellen.
Mal so, mal so
Die Gravitation ist zwar auch auf Riesen-Raumschiffen der Zukunft nicht aufgehoben, denn frei im Raum schwebt Tommy nie. Dafür biegen sich die Außerirdischen die Anziehungskraft so zurecht, wie sie sie gerade brauchen.
Dass Gegner an der Decke stehen oder an den Wänden laufen, gehört dabei eher noch zum gewöhnlichen Budenzauber. Immer wieder sind Räume absurd ineinander geschachtelt: Der Steg, der wie ein unsinniges Metallstück von der Decke hängt, wird einen Portalsprung später zum Boden unter Ihren Füßen; nun steht der Hallenflur senkrecht vor Ihnen, und die Eingangstür klafft in der Decke. Die Sphärenbewohner haben Asteroiden eingefangen, die eine eigene Gravitation besitzen. Auf ihnen läuft Tommy einmal um die gesamte Oberfläche, während sich der Außenraum um ihn dreht. Über Verbindungsrohre gelangt Tommy von einem dieser Brocken auf den nächsten, und über ihm hängt schwerelos der Krater, durch den er gerade noch gelaufen ist. Nicht immer ist die Gravitation gestürzt, sondern nur ausgetrickst: Wenn Tommy auf magnetischen Bändern an der Decke hängt, fällt trotzdem alles nach unten - seine Granaten etwa, die aus seiner Sicht plötzlich nach oben abschwirren, aber auch er selbst, wenn er einen unbedachten Hüpfer machen sollte.
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