Seite 2: Raven's Cry im Test - Trash der Karibik

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Spielerisch heftiger Seegang

Die mangelhafte Designlinie zieht sich auch durch die spielerischen Aspekte. Zwar gibt es einen Skillbaum, bis auf einige passive Fertigkeiten nutzen wir aber kaum je eine davon, weil wir sie schlicht nicht brauchen.

Der im Design-Wellental befindliche Kampf kann zwar durch vier Fertigkeiten unterstützt werden, die sind aber nicht intuitiv ins Spiel integriert - was auch an der suboptimalen Technik liegt. Wann ein Skill bereit ist, erkennen wir nur durch Blick auf unsere Skills unten rechts. Und wenn wir die Fähigkeit dann auslösen, kann es gut sein, dass nichts passiert oder sie nicht trifft.

Ein Schuss aus der Pistole kann das nervige Kampfklicken erheblich abkürzen. Ein Schuss aus der Pistole kann das nervige Kampfklicken erheblich abkürzen.

Die Chance zu verfehlen als Spielelement in allen Ehren, allerdings hauen wir auch mit den normalen, fast völlig feedbacklosen Säbelattacken ständig daneben: Das passiert besonders häufig nach dem ziemlich schlechten Zielwechsel, der mal klappt und mal wieder nicht. Mit einer ordentlichen Waffe jedenfalls sind wir viel schneller mit Gegnern fertig. Warum also Skills nutzen, wenn wir den Feind einfach totklicken können? Stecken wir unsere Klinge ein, können wir zudem mitten im Kampf regenerieren. Tränke brauchen wir nicht, wir laufen solange im Kreis, bis unsere Gesundheit wieder bei 60 Prozent ist. Ächz!

Was an Land langweilig bis nervig ist, macht die Seefahrt zu einem großen Teil wieder wett. In unserem Kahn (vom Schoner über Galeone und Fregatte bis hin zum Kriegsschiff) fechten wir regelmäßig Kämpfe aus. Zwar ist die Schiffsführung nicht so dynamisch wie in Assassin's Creed: Black Flag, aber trotzdem sehr gut gemacht: Mit Schrotladungen dünnen wir die gegnerische Besatzung aus, Kettenkugeln reißen Segel und Masten herunter und dann löchern wir den Rumpf des glücklosen Feindschiffs mit normalem Beschuss, bis das Seemannsgrab neue Dauergäste begrüßt.

Das macht richtig Laune, und das jeweils letzte Schiff einer Begegnung dürfen wir sogar entern. Allerdings läuft das nur in einem Menü ab und ist nur spannend, wenn die Chancen halbwegs ausgeglichen sind. Dann müssen wir uns entscheiden, wie viele Leute wir entern lassen, oder ob wir doch lieber eine entscheidende letzte Salve in den gegnerischen Schiffsbauch feuern. Entern wir das Schiff erfolgreich, können wir die Ladung kapern und später verkaufen.

Der Schiffskampf ist das Highlight von Raven’s Cry: Spannend und spaßig! Der Schiffskampf ist das Highlight von Raven’s Cry: Spannend und spaßig!

Besonders gelungen ist Entwickler Reality Pump das Schadensmodell der Schiffe: zerfetzte Segel, große Löcher in der Bordwand, fallende Masten - da kommt Atmosphäre auf. Die wird aber dadurch wieder gemindert, dass wir nur als Punkt über die Seekarte navigieren können und bloß zu Kampfbegegnungen wirklich aufs Wasser dürfen. Die Besatzung mit ihren Offizieren ist zwar eine gute Idee, aber belanglos umgesetzt.

Neue Offiziere anzuheuern, ist gut und schön - aber auch egal, wir kommen ohne zurecht. Viel besser sind die Schiffs-Upgrades gelungen, denn es motiviert ungemein, eine neue Reihe Kanonen freizuschalten und die Aufwertung gleich mal an einem unglückseligen Schoner zu testen.

Belohnung als Motivation? Pustekuchen!

Das überaus schlichte Missionsdesign mit jeder Menge Hol-, Bring- und Töte-Aufgaben wollen wir nicht übermäßig kritisieren - das kann durchaus funktionieren, wenn der Rest stimmt. Hier haben es die Entwickler aber in puncto Belohnung vermasselt. Waffen oder Ausrüstung gibt's fast ausschließlich bei Händlern - und davon auch nur eine knappe Handvoll im gesamten Spiel.

Während der Hauptmissionen bekommen wir so gut wie gar keine Belohnungen - nicht mal Knete. Die Nebenmissionen sind - wenn sie überhaupt funktionieren - auch nicht sonderlich lukrativ. Schatzsuche und Aztekenjagd bieten sich an, das reicht aber auch nicht, um sich das fette Kriegsschiff samt Upgrades leisten zu können.

Haben wir ein entsprechend starkes Schiff unterm Hintern, können wir auf lukrative Kaperfahrt gehen. Dabei sollten wir uns immer ähnlich starke Gegner aussuchen (Mouse-Over auf die gekreuzten Schwerter auf der Seekarte für Infos, Linksklick zum Überfallen), denn sonst enden wir ganz fix als Fischfutter. Hier zieht Raven's Cry seine Register, hier kommt Freude auf.

Oder wir machen Handelsfahrten: Das geht in fast jedem Hafen, wir kaufen günstig und verkaufen woanders teuer. Das System funktioniert gut, die Preise passen sich auch an, sodass ständiges Pendeln zwischen den gleichen Häfen bald nichts mehr bringt. Wir müssen also neue Routen bedienen. Was ein gutes Konzept ist, um nebenbei Kohle zu scheffeln, wird durch die Technik zur Qual: Es gibt keine Schieberegler, kein Eingabefeld - für jede einzelne Ware müssen wir einmal klicken. Wenn wir jetzt 200 Einheiten Ware kaufen oder verkaufen müssen ...

Da gehen wir lieber Würfelpoker spielen, denn damit machen wir gefahrlos viel schneller Kohle. Würfeln können wir in Tavernen an bestimmten Tischen. Speichern, würfeln, gewinnen, speichern. Und wiederholen. Im Falle eines Verlustes laden wir den Spielstand neu. Pro Runde können wir bis zu 2.000 Reales gewinnen. Das bringt uns schneller Geld als die Handelsklickfolter. Ist aber so spannend, wie dem Kontinentaldrift zuzuschauen.

Die Piratenatmosphäre haben die Entwickler in tollen Momenten eingefangen. Die Piratenatmosphäre haben die Entwickler in tollen Momenten eingefangen.

Zwischen hübsch und hässlich

Die Technik von Raven's Cry wirkt stark angestaubt und so viele Clippingfehler wie hier haben wir schon lange nicht mehr in einem einzigen Spiel gesehen. Allerdings haben die Entwickler aus der limitierten Engine einiges herausgeholt: Die Hafenstädte sind bildschön, und die vielen NPCs verbreiten eine geschäftige Atmosphäre.

Leider sind die Animationen durchwachsen, und gerade wenn wir näher hinschauen, finden wir jede Menge Klonkrieger mit Skriptfehlern. Während der Tag- und Nachtwechsel noch super gemacht ist (nachts sind viel weniger Leute unterwegs), haben Wetterumschwünge keine Auswirkungen: Der besenschwingende Pirat kehrt auch bei Regen fleißig weiter - inklusive Staubwolke.

Vor allem beim Sound hat der große Patch stark geholfen, denn die anfangs grausame Soundabmischung wurde sehr verbessert. Viel zu laute Zwischenrufe von NPCs in Gesprächen sind seltener geworden, kommen aber leider immer noch vor. Die Umgebungsgeräusche wurden angepasst und verbreiten eine viel bessere Atmosphäre - wenn man nicht zu genau hinhört: Eine allgegenwärtige Ziege mit Dauergemecker ist häufig zu hören, aber nicht immer auch zu finden. Tipp: Im Bordell steht sie hinterm Tresen neben der Empfangsdame.

Immerhin: Das Spiel läuft weitgehend flüssig, trotzdem nerven Abstürze vor allem dann, wenn wir in den letzten Minuten vergessen haben, zu speichern. Und die Chance auf Plotstopper ist leider immer noch hoch. In unserem zweiten Durchgang fehlte mal eben ein Charakter, mit dem wir reden sollten. Und sowas geht einfach gar nicht.

Ravens Cry - Das Sound-Chaos in Ravens Cry vor dem großen Patch. Mit Ziege! Video starten 1:02 Raven's Cry - Das Sound-Chaos in Raven's Cry vor dem großen Patch. Mit Ziege!

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