Übermächtig
Der Haken an der eigentlich motivierenden Sache: Nur auf der höchsten Schwierigkeitsstufe bleiben die Kämpfe zumindest leidlich herausfordernd, und gerade bei vielen Gegnern werden sie durch den automatischen Fokus zur fummeligen Fleißarbeit. Selbst vermeintlich starke Schattenlords oder riesige Bestien jagen irgendwann nur noch überzeugten Abstinenzlern so etwas wie Ehrfurcht ein.
Alle anderen kippen sich einfach literweise Fusel hinter die Binde, eine Abklingzeit existiert nicht, die alkoholhaltigen Heiltränke sind übermächtig, zumal wir in mehr als 50 Stunden nie auf dem Trockenen saßen. Hinzu gesellen sich ungewöhnlich taffe Begleiter. Bones, Patty, Jaffar und Co. entwickeln zwar nie eine echte Persönlichkeit, bringen aber immerhin eine Reihe von persönlichen Quests mit - und sind in den Kämpfen teils unkaputtbar.
Während Patty wenigstens gelegentlich mal umkippt, metzelt sich Voodoo-Schamane Bones fluchend durch so ziemlich alles, was ihm vors Messer läuft. Trotzdem: Das zügige Filettieren von Feinden macht Laune, wir fühlen uns irgendwann richtig mächtig. Bis wir auf eine gewisse Margoloth treffen. Und auch der Endkampf ist - anders als in Risen 2 - nicht nach zwei Minuten beendet.
Der Zahn der Zeit
Damit erschöpfen sich die echten Neuerungen allerdings auch fast schon, Risen 3 wirkt in vielerlei Hinsicht wie eine verbesserte Version des Vorgängers, die man um einen erheblichen Teil des Karibik-Kitsches erleichtert hat - auch wenn's von Piraten allenthalben immer noch wimmelt.
In der Südsee nichts Neues also? Nun ja: Der Held kann inzwischen schwimmen, und offenbar haben die Entwickler in der Zwischenzeit mal in Assassin's Creed 4: Black Flag gespielt. Denn in wenigen, aber gut gemachten Sequenzen lenken wir unser Schiff gegen ein Seeungetüm und versenken das Vieh mit Breitseite und Bugkanone.
Aus diesem Ansatz hätte man allerdings mehr machen können, weder dürfen wir gegen andere Schiffe ran (der einzige »richtige« Schiffskampf besteht aus Moorhuhn-Schießen) noch frei von Insel zu Insel schippern - hier gibt's Ladebalken. Immerhin: Schalten wir Teleporter auf den Inseln frei, können wir über das Schiff als Zwischenstation schnell zwischen den Gebieten wechseln.
Diesen Gebieten sieht man die betagte Engine zwar an, vor allem die teils grobschlächtigen Texturen fallen ins Auge, aber Piranha Bytes zaubert aus den veralteten Mitteln ein mehr als beachtliches Gesamtbild. Herrlich abwechslungsreiche, detaillierte Inseln, die zwischen Südsee-Flair und (jawohl!) Gothic-Einfluss pendeln, machen fast jede Momentaufnahme zu einem Erlebnis.
Ein paar graubraune Landstriche wirken ermüdend, sind aber selten. Auch die Animationen sind weicher und runder geworden. Gespräche werden solide, aber weiterhin statisch inszeniert, und die Zwischensequenzen versprühen mittlerweile den spröden Charme von Kniestrümpfen.
Luft nach oben
Erfreulicherweise sind uns in mehr als 50 Stunden keine nennenswerten Bugs aufgefallen, die wenigen Abstürze halten sich im üblichen Rahmen einer Testversion. Möglicherweise hätte am Abschluss der langen redaktionsinternen Diskussionen doch ein Gold-Award gestanden, wenn, ja wenn Piranha Bytes die Höhepunkte der Handlung nicht wieder kolossal in den Sand gesetzt hätte.
An einem solchen »Höhepunkt« nämlich dürfen wir als Lohn der vorangegangenen Mühe das Tutorial noch einmal spielen - mitsamt den Tasten-Tipps, die uns verraten, wie man ein Schwert zieht.
Und nach dem eigentlich guten Endkampf komplimentiert uns das Spiel mit zwei sehr kurzen und enttäuschenden Sequenzen wortlos (!) zur Tür hinaus. Eine gute Trilogie lässt ihre Spieler mit einem Gefühl der Befriedigung zurück. Risen 3 lässt seine Fans ernüchtert im Regen stehen.
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