Seite 4: Risen im Test - Ein altmodisches, aber sehr gutes Rollenspiel

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Story & Figuren

Die Haupthandlung um den mysteriösen Inquisitor, ein verborgenes Geheimnis der Vulkaninsel und – natürlich – eine dunkle Bedrohung erzählt Risen in vier Akten, wobei »erzählen« schon ein großes Wort ist. In den ersten beiden Akten, also rund 15 bis 25 Spielstunden passiert nämlich ziemlich wenig. Erst danach zieht das Tempo an und es entfaltet sich ein Hauch von Dramatik.

Risen besitzt neben der Außenlandschaft eine weitläufige Unterwelt, die zum Teil aus Dungeons, zum Teil aus Höhlen besteht. Risen besitzt neben der Außenlandschaft eine weitläufige Unterwelt, die zum Teil aus Dungeons, zum Teil aus Höhlen besteht.

Die Schuld für Durchhänger tragen nicht nur die ebenso vorhersehbare wie banale 08/15-Story (die in ein äußerst unbefriedigendes Ende mündet), sondern auch ausgerechnet die Hauptquests vom Schlage eines »Finde diese fünf Bruchstücke, dann jene fünf Bruchstücke«. Generell ist Risen reich an »Sammle und Töte«- Quests, die aber jeweils von netten kleinen Geschichtchen begleitet werden, die dazu noch zum Teil zusammenhängen oder Folgequests auslösen. Der Gothicübliche rotzige Ton der Dialoge und die trockenen Kommentare des Namenlosen entschädigen zum Teil für mangelnden Tiefgang.

Abseits der Haupthandlung gibt es dazu immer mal wieder launige Aufgaben und Charaktere, etwa drei Grabräuber-Brüder, denen man im Spiel mehrmals aus der Patsche hilft, oder die patente Piratentochter Patty. Erwarten Sie aber um Gottes Willen keine Romanze oder überhaupt ausgefeilte Frauenfiguren! Das ist ein weiterer Punkt, in dem sich Piranha Bytes allzu treu bleibt. Schade allerdings, dass selbst die halbwegs starken Charaktere der Begleiter aus den Gothic-Spielen (Diego, Lester & Co) für Risen gestrichen wurden. Auf Ihrem Heldenweg stehen Ihnen nur gelegentlich austauschbare Quest- Mitstreiter zur Seite, und denkwürdige Personen gibt es ebenso wenig wie eine nennenswerte emotionale Entwicklung, weder bei Ihrem eigenen Helden noch bei sonst wem in der Welt.

Warum heißt Risen nicht Gothic

Im Mai 2007 steht das deutsche Entwicklerteam Piranha Bytes vor einer großen Entscheidung. Sieben Monate zuvor hatte Piranha sich mit dem Rollenspiel Gothic 3 überhoben, das zu ambitioniert geplant, zu komplex und zu groß geworden war und mit so vielen technischen und inhaltlichen Macken auf den Markt kam, dass selbst duldsame Fans den Kopf schüttelten.

In der Folge hatten sich Piranha Bytes und ihr österreichischer Publisher Jowood in der Schuldfrage überworfen und waren auseinandergegangen. Piranha Bytes fand in der Münchener Firma Koch Media einen neuen Geldgeber. Die Rechte an der Gothic-Serie blieben bei Jowood. Im Mai 2007 steht Piranha Bytes nun vor der Gelegenheit, ganz neu anzufangen: ein neues Spiel zu machen, ein neues Szenario zu erfinden, neue Ideen, neue Welten, neue Mechanismen. Piranha Bytes entscheidet sich dagegen. Das Spiel, an dem sie die Arbeit aufnehmen, ist Gothic. Es heißt nur anders. Nämlich Risen.

Sieht aus wie Gothic, spielt sich Gothic, heißt aber nicht Gothic. Sieht aus wie Gothic, spielt sich Gothic, heißt aber nicht Gothic.

Um das zu verstehen, muss man zwei Dinge bedenken: Piranha Bytes ist ein One-Project-Studio, sie haben nie etwas anderes gemacht als Gothic; wenn man böse wäre, würde man sagen: Sie können nichts anderes. Tatsächlich aber passt dieses Spiel zum Team und umgekehrt, die Gothic-Serie ist ein Liebeskind. Das gibt man nicht leichtfertig auf. Und die Grundlagen, die Technologie und das »Gewusst wie« sind vorhanden, schließlich hat man schon dreimal üben dürfen.

Dazu kommt, dass Piranha Bytes eine so treue und gleichzeitig große Fangemeinde hat wie wohl kein zweites deutsches Studio. Diese Spieler verehren Gothic. Und letztlich liegt Piranha Bytes wohl auch einiges daran, die Scharte von Gothic 3 auszuwetzen und diesmal zu beweisen, dass man nach drei Anläufen ein Rollenspiel erstellen kann, das von Anfang an fehlerlos funktioniert. Man sollte diese Beweggründe kennen, wenn man in die Welt von Risen eintaucht, denn dort stellt man sehr schnell fest: Risen ist kein inoffizielles Gothic 4. Risen ist die Rückkehr von Gothic 2.

Wo sind die Bugs?

Aufmerksame Helden können an bestimmten Stellen in der Spielwelt Schätze ausgraben. Aufmerksame Helden können an bestimmten Stellen in der Spielwelt Schätze ausgraben.

Bleibt noch eine große Frage: Und die Bugs ...? Unsere Testversion entsprach der Verkaufsversion von Risen, und es sieht so aus, als hätten Piranha Bytes diesmal ihre Hausaufgaben gemacht.

Zwar gibt es diverse kleinere Unstimmigkeiten, Grafikfehler und sogar einen Patzer in der Haupthandlung, der sich zum Glück umgehen lässt, im Ganzen läuft Risen aber erfreulich rund und fehlerfrei. Im gesamten Testverlauf auf sechs Redaktionsrechnern und Dutzenden von Systemkombinationen im Technik-Check stürzte Risen nur einmal ab, und auf einem PC verschlechterte sich die Leistung im Spielverlauf schleichend, sodass das anfangs flüssige Spiel nach einer Stunde stark ruckelte.

Weil wir aber den Grund dafür nicht nachvollziehen können und das Spiel auf allen anderen Testmaschinen flüssig lief, geht das Problem nicht in die Wertung ein. Insgesamt ist Risen also das erste Gothic-Spiel, das von Beginn an tadellos funktioniert und dabei die ganze Faszination sowie den gesamten Charme der Serie erbt. Das beste Gothic bisher – auch wenn es nicht mehr Gothic heißt.

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