Ordentlicher Diabloklon mit groben Fehlern

ACHTUNG: Dieser Test beschäftigt sich mit der Silverfall Gold Edition, in der neben dem Hauptspiel ebenfalls das allein lauffähige Addon Wächter der Elemente...

von - Gast - am: 29.04.2009

ACHTUNG: Dieser Test beschäftigt sich mit der Silverfall Gold Edition, in der neben dem Hauptspiel ebenfalls das allein lauffähige Addon Wächter der Elemente enthalten ist. Dadurch profitiert man auch im Hauptspiel von vielen Neuerungen des Addons.

Diablo 2 gilt bis heute als Nonplusultra unter den Action-Rollenspielen, jedoch galt es lange Zeit als ungewiss, ob ein Nachfolger erscheint. Mittlerweile ist klar: Er wird kommen, aber ein Termin scheint noch lange nicht in Sicht. Da ist es Zeit für andere Entwickler, das Zepter in die Hand zu nehmen. So auch der französische Entwickler Monte Cristo, der bisher nur mit mäßigen Spielen wie City Life oder 7 Sins auf sich aufmerksam machen konnte und mit Silverfall und dessen Addon Wächter der Elemente neue Ideen in das Genre bringt.

Der Anfang ist das wichtigste!

Ungewöhnlicher Anfang: Im Auswahlmenü dürfen Sie zunächst nur Ihr Volk auswählen und dezent das Aussehen Ihres Helden ändern. Eine Unterscheidung in Klassen gibt es nicht in Silverfall, Sie können Ihren Charakter flexibel in jede beliebige Richtung ausbilden. Außerdem unterscheiden sich die Völker sowieso kaum, da nur ein kleiner Bereich Ihres Talentbaums ausschlaggebend ist, aber dazu später mehr.
Danach geht es los und zwar ebenfalls ungewöhnlich. Ihren selbst gebastelten Helden parken Sie nämlich zunächst in der Garage, wenn Sie das Tutorial beginnen. Dieses bestreiten Sie mit einem hochleveligen Magier und schlagen einen Angriff in der Stadt Silverfall zurück, die von einer dunklen Macht eingenommen wird. Mit Ihrem übermächtigen Magier ist dies kein Problem und gleichzeitig werden Ihnen in Textfenstern die Grundlagen des Spiels erklärt.

Aufstrebende Handlung

Nach dem kurzen Intermezzo in Silverfall, das kein gutes Ende nimmt, befinden Sie sich mit Ihrem selbst erstellten Helden in einem Flüchtlingslager, wo Sie Ihre ersten Quests bekommen. Eine Besonderheit in den Quests liegt darin, dass Sie nicht nur Belohnungen nach Erfüllen bekommen (die aber meist sehr dürftig sind), sondern auch Auswirkungen auf Ihre Gesinnung haben. Silverfall stellt Ihnen nämlich die Wahl, ob Sie als Anhänger der Natur oder Technik spielen wollen. Konkret wirkt sich das auf bestimmte Fähigkeiten aus, viele Gegenstände benötigen eine bestimmte Ausrichtung.
Die Hauptquest wird dadurch aber nahezu gar nicht beeinflusst: Ziel ist es am Ende die böse Macht zurückzuschlagen und die Welt Nelwë zu befreien. Die eigentlich nette Geschichte mit überraschenden Wendungen wird aber fast ausschließlich in vorgelesenen Textfenstern präsentiert, die Texte der Nebenquests werden noch nicht einmal vorgelesen.

Niemals allein

Ebenfalls ungewöhnlich für ein Action-Rollenspiel: Schon sehr früh im Spiel bekommen Sie Begleiter, mit denen Sie in einem Dialog Taktiken absprechen können. Die Begleiter haben Sie auch dringend nötig, denn schon zu Anfang ist Silverfall recht schwierig und nichts für Anfänger. Mit dem Addon entschärft: Wenn Sie auf der untersten von drei Schwierigkeitsstufen sterben, stehen Sie im nächsten Ort wieder auf ohne Ihre Ausrüstung zu verlieren, auf den höheren Schwierigkeitsgraden (die Sie jederzeit ändern können) verlieren Sie diese.
Ihre Begleiter verhalten sich meist Ihren Anweisungen gemäß und nur selten blieben sie hängen. Zum Glück, denn im Kampf können Sie Ihre Begleiter nicht steuern oder Ihnen Anweisungen wie in Guild Wars Nightfall geben. Dafür können Sie sie mit Gegenständen aus Ihrem Inventar ausrüsten.
Manchmal ist das Verhalten aber auch nicht nachvollziehbar, wenn z.B. der Nahkämpfer (namentlich Klinge) wild zwischen zwei Gegnern hin und herläuft. Anscheinend hatte die KI ein Problem unsere abgesprochene Taktik umzusetzen.

Tragende Charaktere

Zu einem Action-Rollenspiel gehört auch immer eine gute Charakterentwicklung und hier punktet Silverfall mit einem sehr ausführlichen Talentbaum, der sich in Kampf, Magie und Sonstige unterteilt und sich in den Punkten noch mal in drei verschiedene Bereiche aufteilt. Hierbei sind Ihnen keine Grenzen gesetzt, wie Sie ihre Talente ausbilden mit zwei Ausnahmen: Erstens ist jedes Talent nur bis zur zehnten Stufe ausbaubar und zum zweiten gibt es die Unterpunkte Natur und Technik. Diese Fertigkeiten können Sie nur ausbilden, wenn Sie sich für eine Seite entschieden haben. Außerdem gibt es den Unterpunkt Rasse, wo Sie nur volkspezifische Fertigkeiten steigern können.
Die Mechanik, wie Sie ihre Fertigkeiten steigern, ist gleich zu anderen Action-RPGs. Pro erledigtem Gegner und erfüllter Quest gibt es Erfahrung und mit genügend Erfahrung steigen Sie im Level auf. Mit jedem Levelaufstieg können Sie Ihre Talente und Ihre Charaktereigenschaften verbessern, was auf Dauer motiviert. Schön: In Silverfall steigen Sie auch im späteren Spielverlauf schnell im Level auf und werden so motiviert, weiterzumachen.

Basteleien

Was ebenfalls zur Dauermotivation beiträgt, ist die ständige Suche nach besserer Ausrüstung. Zu Anfang ist dies noch etwas langweilig, da Sie im Startgebiet nur wenige gute Ausrüstung finden, im späteren Spielverlauf finden Sie aber immer mehr, vor allem weil die Anzahl der Bossgegner zunimmt.
Durch das Addon neu dazugekommen ist ein Handwerkssystem. Bei erledigten Gegnern finden Sie auch immer Materialien, mit denen Sie neue Gegenstände selbst basteln können. Außerdem können Sie Gegenstände mit so genannten „Geistern“ verbessern und Ihnen so spezielle Fähigkeiten geben. Jedoch kommen Sie auch gut ohne dieses Feature zurecht.
Das Inventar selbst ist übrigens nicht gut gelungen, denn jeder Gegenstand ist so klein dargestellt, dass man schlecht erkennen kann, um was für Gegenstände es sich handelt. Des Weiteren gibt es nicht einen allgemeinen Stauraum, sondern das Inventar ist in vier Unterkategorien eingeteilt (Waffen, Rüstung, Materialien, Sonstige). Ist ein Bereich voll, müssen Sie erstmal Sachen verkaufen oder wegwerfen, auch wenn der Rest des Inventars leer ist.

Bedienung aus der Hölle

Ganz verhauen haben sich die Entwickler bei der Bedienung. Sie können zwar entscheiden, ob Sie das Spiel nur per Maus (vergleichbar mit Diablo) oder mit Maus und Tastatur (vergleichbar mit Neverwinter Nights) spielen wollen, aber bei beiden Steuerungen ist die Kamera umständlich. Während Sie bei der einen Steuerung nicht sehen können, wohin Sie laufen, gibt es bei der anderen Kamera Schwierigkeiten bei Bäumen und in Höhlen, wenn Ihr Held verdeckt wird oder die Kamera plötzlich viel näher ans Geschehen zoomt.
Außerdem fällt es dem Helden schwer sich fortzubewegen, da er ständig an Kanten und Gegenständen hängen bleibt.
Auch schlecht gelöst ist die Fertigkeitenleiste am unteren Bildschirmrand. Zum einen gibt es nur wenige Slots, zum anderen können Sie diese nicht ganz frei belegen wie bei Titan Quest (Heiltränke z.B. liegen immer auf der 9).
Achtung: Standardmäßig liegen die Fertigkeiten auf dem Nummernblock, können die Tastenbelegung aber auch selbst editieren.

Die Technik

Die letzte Besonderheit: der erwachsene Comicstil, der durch Konturen an den Charakteren zustande kommt und recht ansehnlich ist. Viele Umgebungen wirken jedoch trist (vor allem das Startgebiet) und bei Kämpfen kommt es zu starken Performanceeinbrüchen.
Der Sound überzeugt mit guter Musik und Kampfgeräuschen, die deutschen Sprecher sind aber nicht ganz so gut, wenn die Texte überhaupt gesprochen sind.
Insgesamt ist die Technik also ordentlich umgesetzt.

Erweiterte Freude

Noch zum Addon: Dessen Geschichte knüpft an die Handlung des Hauptspiels an, ist aber etwas uninteressanter. Dafür können Sie mit einem neuen Charakter direkt auf Level 45 das Addon alleine spielen, wobei Sie bei der Charaktergenerierung auch die Gesinnung und die Ausbildung Ihres Reckens auswählen können, sodass Sie auch ohne das Hauptspiel zu kennen eine Chance haben. Sie sollten jedoch die Augen auf machen, da Sie sonst z.B. die Begleiter verpassen.
Auch der Umfang wird mit dem Addon hochgeschraubt: Die ohnehin schon lange Kampagne wird erweitert und es gibt zwei neue Völker, nämlich Echsenmenschen und Zwerge. Die Anzeigen wurden verändert im Vergleich zum Hauptprogramm und sind jetzt frei verschiebbar.

Die Katastrophe

Rundum glücklich? Keineswegs, denn Silverfall hat in der vorliegenden Version Bugs. Lieblingsbug im gegenteiligen Sinne: Die Hauptquest des Addons kann nicht beendet werden, da ein Zwischengegner, der besiegt werden muss, im Kampf verschwindet oder das Spiel beim Kampf abstürzt. Ich vermute, dass die Addon-Kampagne ähnlich lang wie die des Hauptspiels ist.
Da neben gibt es Bedienungsfehler, z.B. dass nicht immer die Fähigkeit ausgeführt wird, auch wenn Sie sie anwählen oder dass Ihre Begleiter bei einer Teleportation nicht mit teleportiert werden.

Fazit

Silverfall ist kein Spiel für Einsteiger, weil es teilweise umständlich ist, andererseits bietet es auch viel mehr als so mancher Konkurrent, wie z.B. Begleiter oder ein Handwerkssystem und es ist viel zu umfangreich um alles zu erklären. Wer schon andere Action-Rollenspiele gespielt hat und wer mit der umständlichen Bedienung zurecht kommt, kann sich das Spiel mal anschauen. Mich persönlich enttäuscht aber die verbuggte Hauptmission.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: stimmiger Comicstil; hübsche Charaktere
  • Sound: passende Hintergrundmusik; ordentliche Sprecher
  • Balance: stetig ansteigender Schwiergkeitsgrad; Tutorial
  • Atmosphäre: Begleiter geben Kommentare; Technik-Natur-Konflikt
  • Bedienung: Mischung aus Point&Click und WASD-Steuerung
  • Umfang: sehr lange Kampagne; viele Nebenquests
  • Quests/Handlung: meist spannende Handlung; Natur und Technik
  • Charaktere: flexible, umfangreiche Charakterentwicklung
  • Kampfsystem: Begleiter; Fähigkeiten müssen eingesetzt werden
  • Items: Handwerkssystem; viele brauchbare Gegenstände...
  • Grafik: matschige Umgebungen; teils farbarm
  • Sound: wenig Sprachausgabe
  • Balance: für Anfänger schwierig
  • Atmosphäre: Bugs fallen negativ auf
  • Bedienung: Inventar; Kamerasteuerung; Bedienungsprobleme
  • Umfang: durch Bug nicht im vollem Umfang spielbar
  • Quests/Handlung: selten brauchbare Belohnungen; Standardquests
  • Charaktere: Aussehen nur rudimentär einstellbar
  • Kampfsystem: Bedienungsprobleme; KI-Macken
  • Items: ...erst im späteren Spielverlauf

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(9)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.