Seite 2: Es musste klar sein, was passiert - Vermeidbares Chaos bei SimCity

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Exklusive Keys für die Beta: vielleicht zu exklusiv?

Selbst von außen betrachtet war relativ deutlich zu sehen, dass EA nur hier und da ein paar hundert Keys verlosen ließ. Ein klares Zeichen, dass man nicht die Massen an Spielern suchte, die für einen ernstzunehmenden Stress-Test notwendig sind. Auch würde dadurch verständlicher, wieso der offizielle Origin-Twitter-Account so leichtfertig einen problemfreien EU-Start versprach: Dort hatte man von den viel schwererwiegenden Serverproblemen des Spiels vielleicht schlicht keine Ahnung.

Schon während der Beta hatte das Spiel mit Serverproblemen zu kämpfen. Einen echten Last-Test gab es scheinbar nie. Schon während der Beta hatte das Spiel mit Serverproblemen zu kämpfen. Einen echten Last-Test gab es scheinbar nie.

Das SimCity so eine hohe Last produziert, wurde von EA und Maxis im Vorfeld insbesondere mit der Auslagerung bestimmter Berechnungen auf die Spielserver begründet. Angeblich wollte man damit sowohl die Endkunden-PCs entlasten, als auch das Spiel kopiersicher machen. In den letzten Tagen häufen sich jedoch die Indizien, dass SimCity lange nicht so viele Berechnungen auf seinen Servern durchführt, wie behauptet. Trennt man die Internetverbindung des Spiels, sind über mehrere Minuten keine Funktionseinschränkungen erkennbar. Selbst Indie-Entwickler Markus Persson (MineCraft) wunderte sich auf Twitter, warum denn das Spiel ohne die unbedingt erforderliche Onlineverbindung lauffähig bleibe. Derweil zitiert RockPaperShotgun einen anonymen Insider mit den Worten: "Die Server übernehmen keine der Berechnungen hinter der Simulation der Stadt die man spielt. […] Ich habe keine Idee, warum etwas anderes behauptet wird".

Glaubt den vom Magazin Forbes zitierten Behauptungen eines anonymen Posters auf Reddit, sind diese Aussagen nur Augenwischerei. Tatsächlich sei dem Team bei Maxis ein sehr aufwändiger Kopierschutz aufgezwungen worden, der nun einen Großteil der Probleme verursacht. Das Originalposting ist inzwischen verschwunden, sein Inhalt wurde aber natürlich längst von anderen Besuchern der Seite wieder ausgegraben. In seinem Schreiben fordert der angebliche Maxis-Mitarbeiter seinen Publisher auf, dem Team endlich zu gestatten, einen Offline-Modus einzubauen.

SimCity - Test-Video zum Aufbauspiel Video starten 9:46 SimCity - Test-Video zum Aufbauspiel

Ungeachtet dieser Spekulationen steht eines jedoch fest: Nach dem katastrophalen US-Start des Spiels, musste EA wissen, das auch seine Kunden in Europa betroffen sein würden. Warum also wurde hier nur beschwichtigt und nicht wenigstens zart vorgewarnt? Die Erklärung ist vermutlich im Geschäft mit der klassischen Verkaufsversion des Spiels zu finden. Während sich ein Onlinestart möglicher Weise noch zwei Tage vorher verschieben lässt, war EA vermutlich gar nicht mehr in der Lage, bei der Packungsversion von SimCity die Notbremse zu ziehen.

Zum Zeitpunkt des US-Starts waren Hunderttausende von Spiele-DVDs gepresst, Verpackungen gefertigt und ausgeliefert worden. Rein logistisch war die Unternehmung damit bereits viel zu weit fortgeschritten. Die einzige Möglichkeit wäre vermutlich eine Warnung vor den Serverproblemen gewesen. Doch selbst wenn sich der Hersteller dazu durchgerungen hätte, sich diese Blöße zu geben, stünden dem rechtliche Probleme im Weg: "Eine große Firma wie EA geht massive Verkaufsverpflichtungen mit riesigen Ketten wie MediaMarkt ein. Die können dann nicht einfach sagen: 'Hey, wir bringen das vier Wochen später raus!'", erklärt Teut Weidemann. "Das geht gar nicht mehr. Da gibt es schon zig Verträge, vielleicht sogar mit dicken Vertragsstrafen, die dich dann zwingen, lieber eine Version zu veröffentlichen, die nicht richtig läuft."

Selbst wenn man endlich spielen kann, sorgen Serverfehler mitunter dafür, dass die mühsam aufgebaute Stadt über den Jordan geht. Selbst wenn man endlich spielen kann, sorgen Serverfehler mitunter dafür, dass die mühsam aufgebaute Stadt über den Jordan geht.

Für diejenigen, die SimCity bereits gekauft haben, beginnt damit nun eine Zeit des Wartens. Die Masse an unterschiedlichen Fehlern und Notmaßnahmen wie die Deaktivierung der höchsten Spielgeschwindigkeit lässt erahnen, dass es keine triviale Angelegenheit sein wird, SimCity zum Laufen zu bringen. "Dass man die höchste Spielgeschwindigkeit rausgenommen hat, ist glaube ich erst mal nur eine Maßnahme, um die Datenbank zu entlasten. Danach fängt man überhaupt erst an, die Fehler zu beheben. Bei derart komplexen Systemen nimmt das in der Regel viel Zeit in Anspruch. Da repariert man eine Komponente und dadurch fallen zwei neue aus", so Weidemann. Er glaubt, die Teams bei EA könnten bis zu drei Monate brauchen, um alle Fehler zu beheben.

Jeder neue Patch bringe dabei einen erheblichen Arbeitsaufwand mit sich. Immerhin muss der auch vor Veröffentlichung getestet werden und im Anschluss einen komplizierten Prozess durchlaufen, bis er endlich digital ausgeliefert werden kann. Fatal für Maxis, die eigentlich am Spiel selbst arbeiten müssten. Dort kommen nämlich auch jeden Tag neue Details ans Licht, die Zweifel an am tatsächlichen Umfang der Simulation wecken. Beispielsweise sucht sich scheinbar jeder Sim täglich nach Belieben eine neue Arbeitsstelle und geht Abends in die erstbeste Wohnung zurück, anstatt einem festen Tagesablauf zu folgen.

Wenn es denn mal läuft, ist SimCity ein schönes Spiel. Wurde der Titel einfach nur Opfer mangelhafter Kommunikation bei EA? Wenn es denn mal läuft, ist SimCity ein schönes Spiel. Wurde der Titel einfach nur Opfer mangelhafter Kommunikation bei EA?

Einen Vorteil mag man in diesem Katastrophenstart von SimCity erkennen: In Zukunft wird EA sicher zwei Mal darüber nachdenken, dem Spieler eine permanente Online-Verbindung aufzuzwingen. Vielleicht, mag mancher denken, sind sie von dieser Schnapsidee sogar völlig kuriert? Vermutlich nicht, wenn man Teut Weidemann glaubt. Er sagt: "Der Trend, dass auch Singleplayer-Spiele in Zukunft eine irgendwie geartete Online-Verbindung erfordern, wird nicht mehr aufzuhalten sein." Die Technik, findet er, habe für beide Seiten - Spieler und Publisher - im Grunde nur Vorteile: Der eine ist sicherer vor Cheatern und Raubkopierern, der andere profitiert von Komfort-Features wie überall verfügbaren Spielständen. Eine Einschränkung macht er aber dennoch: "Man muss natürlich eine Lösung vorsehen, dass der Titel zumindest für eine gewisse Zeit auch ohne Online-Verbindung läuft. Es kann nicht sein, dass ich als Kunde nicht spielen kann, weil der Anbieter seine Technik am anderen Ende nicht im Griff hat."

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