Ein Mann mit Überzeugungen - ein Spiel, das überzeugt

Sam Fisher ist immer noch da. Nur arbeitet er nicht mehr für Third Echelon, sondern zieht auf eigene Faust los. Im mittlerweile fünften Teil der Splinter...

von - Gast - am: 06.08.2010

Sam Fisher ist immer noch da. Nur arbeitet er nicht mehr für Third Echelon, sondern zieht auf eigene Faust los. Im mittlerweile fünften Teil der Splinter Cell-Reihe arbeitet der Ex-Agent seine eigene Vergangenheit auf - und wird dennoch mit etwas ganz großem konfrontiert.

Kurzer Einblick in die Story

Splinter Cell: Conviction ist drei Jahre nach dem Tod von Sams Tochter Sarah angesiedelt. Sam hat der NSA und Third Echelon den Rücken gekehrt und ist nun ein Agent im Ruhestand - zumindest auf dem Papier. Denn der alte Schleichkönig ist nach wie vor in bester physischer Verfassung und deswegen kann er auch noch spielend den Auftragskillern entkommen, die ihn auf einem belebten Marktplatz in Malta aufgespürt haben. Doch Sam ist kein Hellseher, vielmehr hilft ihm eine alte Bekannte mit der Information, schleunigst seine momentane Position zu verlassen - Anna Grimsdóttir, ehemals taktische Feldunterstützung von Third Echelon, die Sam bei seinen früheren Einsätzen mit allerlei wichtigen Informationen versorgt hat.
So lässt sie ihm auch diesmal Hinweise zukommen, wer die Killer auf seinen Hals gehetzt hat. Sam zögert nicht lange und macht sich auf die Suche nach dem Bösewicht und findet ihn (Top Agenten haben da ein gewisses Händchen für) auch schnell. Als er ihn zur Rede stellt erfährt er einiges, was seine vergangen Jahre bei der NSA ganz schön in Frage stellt, sowie eine Gefahr erkennbar macht, die keineswegs nur Sam bedroht - und zudem noch eng mit seiner verstorbenen Tochter Sarah zusammenhängt.

Das Spielprinzip

Der fünfte Teil der Splinter Cell-Reihe ändert am Spielprinzip auf den ersten Blick nicht viel - doch einige Veränderungen lenken das Spiel in eine andere Richtung. Nach wie vor ist einer von Sams stärksten Verbündeten der Schatten. Er sollte die Lichtverhältnisse in den gut designten (aber recht linearen) Levels genau analysieren, um möglichst selten in direkte Feuergefechte mit seinen Gegnern zu geraten - denn da ist der agile Schleicher nach wie vor eher schwach auf der Brust.

Wo vor allem in den ersten drei Teilen der Reihe das Licht-und-Schatten-Versteckspiel ganz klar im Vordergrund stand, kommt es in Conviction häufiger zu knackigen Schusswechseln, in denen viele Gegner ihr Leben lassen - ein großer Unterschied gegenüber Teil eins, zwei und drei, die - wenn man sich geschickt anstellte - komplett ohne Leichen durchspielen konnte. Das ist in Conviction nicht mehr möglich, weil zwar nach wie vor Gegner gepackt werden können, aber diese Begegnung letztendlich für diese stets tödlich verläuft. Dies wird vielen Fans der Reihe sauer aufstoßen, dient aber vermutlich auch teilweise der Darstellung von Sams Situation, in der es nicht mehr darum geht, Aufträge für Third Echelon zu erledigen, sondern seine eigene Vergangenheit aufzuarbeiten.

Um dieser Mission gerecht zu werden, stellt Ubisoft Montreal dem Ex-Agenten einen weiteren Verbündeten zur Seite - die Mark and Execute-Funktion. Diese funktioniert folgendermaßen: Schafft es Sam im Nahkampf einen Gegner niederzustrecken, leuchten am Bildschirmrand kleine rote Pfeilel auf, die es Sam erlauben, Gegner zu markieren und danach auf Knopfdruck per Kopfschuss niederzustrecken, ohne, dass diese sich dagegen wehren können. Wieviele dieser Markierungen ihm dabei zur Verfügung stehen, hängt von seiner Ausrüstung ab, die er im Verlauf der Missionen an herumstehenden Munitionskisten aufrüsten oder auswechseln darf. So kann er beispielsweise Schalldämpfer auf Pistolen aufschrauben oder Sturmgewehre mit stärkeren Patronen ausrüsten - eine interessante Idee für einen Taktikwechsel innerhalb der Missionen. Zudem können an den Waffenselbstbedienungsläden auch die Gimmicks wie die ferngesteuerte Kamera oder Blendgranaten wieder aufgestockt werden. Dies ist nur dort möglich, Waffen und dazugehörige Munition können auch von erledigten Gegnern erhalten werden.

Die Mark-and-Execute-Funktion wird im Verlauf des Spiels zur Routine, da häufig größere Gegnermengen anzutreffen sind, die auf konventionelle Art und Weise nur schwierig zu bewältigen wären - zumal die KI-Schergen recht intelligent agieren und auf Veränderungen in der Umgebung reagiern, zum Beispiel auf ausgeschaltete Lichter, die zuvor noch brannten. Zudem teilen sich die gegnerischen Soldaten clever im Raum auf, decken einander und registrieren die Position, an der Sam zuletzt gesichtet wurde - sich zu verschanzen fällt in Conviction somit nicht mehr so leicht aus. Nach einer Weile des geschickten Versteckens schalten die Gegner schließlich wieder auf ihren normalen Suchmodus um, was ein bisschen Zeit zum verschnaufen gibt.

Die Besonderheiten

Die Mark-and-Execute-Funktion ist bestimmt eine der revolutionärsten Neuerungen in der Splinter Cell-Reihe, macht sie doch das Spiel um einiges schneller und actionreicher.

Desweiteren hat Ubisoft Montreal stylishe Elemente implementiert, die Conviction ein ganz besonderes Flair verleihen. So werden zum Beispiel aktuelle Missionsziele nicht in einem schnöden Textfenster angezeigt, sondern ins Level eingebaut und dort an Häuserwände, Autos und alles weitere, was die Umgebung hergibt, projiziert. Das ist nicht nur einmalig, sondern sieht auch verdammt gut aus. Neben diesen Missions-Projektionen können immer wieder kleine Filmchen, ebenfalls an die Umgebung gebeamt, verfolgt werden, die bestimmte, handlungstragende Elemente des Spiels zeigen, oft Ereignisse aus Sams Vergangenheit. Hierbei werden auch oft kurze Zwischensequenzen abgespielt, in denen sich Sam zwar umsehen kann, aber sonst passiv bleiben muss. Zwar gibt es Gespräche, diese laufen allerdings nicht dynamisch ab.

Im Zeitalter der Achievements dürfen diese natürlich auch nicht in Splinter Cell: Conviction fehlen. Besondere Spieler-Handlungen, wie zum Beispiel das Ausschalten von fünf Gegnern hintereinander ohne dabei einmal gesehen zu werden, geben dem Spieler kleine Erfolge, die dann auf seinem Profil sichtbar sind.
A propos Profil: Splinter Cell: Conviction ist ein Ubisoft-Spiel, das bereits mit der neuen Technologie der Firma verbunden ist, dem Ubisoft Gamelauncher. Diese Technik, seit ihrer Einführung von Spielern immens kritisiert, verlangt nicht nur eine Internet-Registrierung mit dazugehöriger Datenweitergabe und Kontenbindung (was es unmöglich macht, das Spiel später weiterzuverkaufen), sondern auch noch während des Spielens dauerhaft mit dem Internet verbunden zu sein. Bricht die Connection ab, gibt auch das Spiel den Geist auf, egal, wo man sich gerade befindet. Dies ist besonders ärgerlich, wenn für einen Verbindungsabbruch nicht der eigene Router, sondern die Ubisoft-Server verantwortlich sind - im Worst Case genau zwischen zwei (fair in den Leveln verteilten) Speicherpunkten und stellenweise für mehrere Stunden. Ade, Conviction auf der Zugfahrt!

Neben diesem Ärgernis, welches stark an Ubisofts Reputation gezehrt hat, sind noch als Besonderheiten die eingeschränkte Interaktivität (Sam kann nur an vorgegeben Punkten im Level gewisse Aktionen wie klettern, springen, etc. ausführen), sowie die kurze Spielzeit von Conviction zu nennen - geübte Spieler sehen den (dramatischen) Abspann des Spiels nach nicht einmal fünf Stunden, können sich aber dann an einem anderen Schwierigkeitsgrad versuchen.
Zuletzt möchte ich noch auf den Co-op-Modus hinweisen, zu dem ich aber leider nichts sagen kann, da ich ihn selber nie gespielt habe. Laut Aussagen von renommierten Fachmagazinen liegt dieser aber an vorderster Spielspaßfront ;)

Die Missionen

Zwar ist Splinter Cell: Conviction nicht gerade ein Paradebeispiel was die Spieldauer anbelangt, dafür wird man in dieser Zeit (welche immerhin derer von ca. drei Kinofilmen entspricht) blendend unterhalten. Dies liegt am geschickten Levelaufbau, der mehr Freiheit suggeriert als er letztendlich bieten, an der spannenden Handlung in der viele Lücken geschlossen werden und neue, aufregende Ereignisse geschehen, sowie an der packenden Inszenierung genau dieses Plots.

Conviction bietet viele Momente, in denen der Spieler angespannt in einer Ecke sitzen, den Finger am Abzug (beziehungsweise der entsprechenden Taste) und verzweifelt darauf hoffen, dass sich gleich eine Gelegenheit bietet, die aktuelle Position zu verlassen, um sich in eine taktisch bessere zu bringen. Hierbei geht es oft rasant und derbe zur Sache, wenn quasi im Aufstehen fix drei Gegner markiert (Mark) und auf Knopfdruck ausgeschaltet (Execute) werden, man sich dann hinter einem Mauervorsprung verschanzt und versucht, die restlichen Gegner kurz vor Eintreffen am momentanen Standort (den sie ja mitbekommen haben und daher ansteuern) mit einer Blendgranate einsatzunfähig zu machen, um sie schließlich auf konventionelle Art und Weise ins Nirvana zu befördern.

So hektisch, wie der letzte Absatz ausfällt gestalten sich auch viele Missionen, wirklicher Stress kommt dabei aber selten auf, beherrscht der Spieler einmal die wichtigsten Grundfunktionen des Spiels. Was die Steuerung anbelangt kann man bei Splinter Cell eigentlich nichts falsch machen, es werden nur wenige Tasten und Mausknöpfe benötigt, um das Spiel zu meistern.

Neben oben genannten Gefechtsmissionen, in denen das Ausschalten von Gegnern im Vordergrund steht, gibt es auch Aufträge, die anders gestaltet sind. So muss Sam beispielsweise in Washington einen flüchtenden Polizisten jagen, der ihm alles andere als wohlgesinnt ist. In einer anderen Mission, die ebenfalls in Washington spielt, ist Sam komplett unbewaffnet, muss aber drei Zielpersonen nach Informationen befragen - hier kommt das bekannte Versteck-Spiel der Splinter Cell-Reihe am ehesten zum Vorschein - ebenso wie bei einer Einlage, in der aufgepasst werden muss, keine Selbstschussanlagen durch Berühren von Sensoren (die nur durch die spät im Spiel erhaltene Infrarotbrille, dem berühmten 'Dreiauge', erkannt werden können) anzuwerfen. Solche Geschicklichkeits- und Reflexübungen werden vielen Spielern noch von Teil 1 in Erinnerung geblieben sein.

Die Grafik

Die Grafik von Splinter Cell ist gut bis sehr gut - aber nicht überragend. Zwar sind nicht alle Texturen im Spiel besonders gut aufgelöst, was vor allem auffällt, wenn Sam sich nahe an Wänden oder ähnlichem befindet, dennoch wirken Inenn- und Außenräume (auch wenn es von letzteren nur wenige gibt) wie aus einem Guss und sehen sehr realistisch aus.

Durchgehend gefallen haben allerdings die Animationen der Figuren. Am besten fällt dies natürlich bei Sam selbst auf, der zwar weniger Akrobatik als in den älteren Splinter Cell-Teilen aufführt, sich aber dennoch geschmeidig durch die Levels bugsiert. Überhaupt sind die Figuren als Ganzes äußerst detailreich geraten, die Mimik klärt stets über das momentane Befinden auf und kleine Details tragen zur Lebhaftigkeit der Figuren bei. So nimmt Sam sogar im Spielverlauf Narben mit, die er sich bei seinen oft heftig auffallenden Einsätzen zugezogen hat und somit auch rüberbringen, dass er diese wirklich erlebt hat und nicht in jeder neuen Mission wie frisch aus dem Ei gepellt wieder auf der Matte steht.

Schatten werden, wie es in der Splinter Cell-Reihe Tradition ist, sehr detailliert berechnet und angezeigt, auch wenn sie nicht mehr eine ganz so große Rolle spielen wie bei den älteren Teilen der Serie.
Ebenfalls sehr stilvoll, wie die bereits erwähnten Projektionen an die Umgebung, ist der Effekt, der Eintritt, wenn Sam sich komplett im Schatten befindet und ergo für die Gegner unsichtbar ist. Hierbei wird das komplette Bild schwarz-weiß eingefärbt, was einem stets verrät, dass man momentan selbt ein Schatten ist, dabei aber ohne Spezialanzeigen auskommt - ebenfalls ein Indiz für den durchgängigen Grafikstil des Spiel, der aus einem Guss wirkt. Somit kann auch eine Technik, die nicht an ein Crysis heranreicht, verschmerzt werden.

Das Fazit

Splinter Cell: Conviction ist, um es in einem Satz zusammenzufassen, ein kurzes, intensives Spiel.
Sams neuestes Abenteuer lebt von zwei Elementen: der Präsentation und der Story. Es hat sich, vor allem im Vergleich mit Teil 1-3, einiges geändert, was stellenweise sehr weit weg führt von der ehemaligen Spielidee des Urspiels. Sam ist nicht mehr der Top Agent, der einst für das Elite-Projekt der NSA, Third Echelon, gearbeitet hat, er ist nun ein Mann auf eigener Mission, die nicht mehr von oben diktiert wird, sondern deren Weg er sich selbst bahnt. Hierin liegt, meiner Meinung nach, begründet, warum es in diesem Spiel so viele Leichen gibt, auf die im ersten Teil, in Pandora Tomorrow und in Chaos Theory noch verzichtet werden kann. Sam ist von Rache und von seinen Überzeugungen getrieben, die ihn dazu bringen, seine Gegner nicht nur kurz, sondern dauerhaft kampfunfähig zu machen. Moralisch ist dies natürlich äußerst fragwürdig, lässt aber auch einigen Raum für Interpretationen, wie man Sam Fisher bewerten und beurteilen mag, den man früher (Ausnahme: Splinter Cell: Double Agent) nur als smarten Top Agenten kannte, der ab und zu mal einen kessen Spruch auf den Lippen hatte, über dessen Figur selbst aber außer der Tod seiner Tochter wenig bekannt war. Diese Möglichkeit der Interpretation durch die neue Spielausrichtung verleiht Sam Fisher eine bisher nicht dagewesene Tiefe und beweist, dass Computerspielfiguren nicht nur klischeehafte Abziehbildchen von irgendwelchen Stereotypen sein müssen, sondern durchauch Ecken und Kanten aufweisen können - was sie weiter in die Nähe von Filmcharakteren rückt.

Gestützt wird diese Mission Sam Fishers, die innerhalb von knapp fünf Stunden sehr abwechslungs- und wendungsreich ist, von der bereits beschriebenen Präsentation, die zugegebenermaßen stellenweise sehr drastisch und brutal ausfällt, aber die Brisanz und Dramatik der Handlung perfekt unterstreicht - zumal im Endeffekt nicht nur Sams Schicksal und Vergangenheit in Splinter Cell: Conviction im Vordergrund stehen, sondern 'something bigger', wie gleich zu Anfang des Spiels erkennbar wird.

Unterm Strich bleibt zu sagen, dass Splinter Cell: Conviction zwar spielzeittechnisch Fast Food ist, aber die wenigen Stunden perfekt genutzt werden um ein stylishes, packendes, wunderbar präsentiertes Agenten-Drama darzustellen, das in vielen Punkten zwar vom ursprünglichen Konzept der Serie abweicht, aber dennoch beste Unterhaltung bietet. Kleine Makel können dabei getrost übersehen werden.

ANMERKUNG: Leider klappt das mit den Fotos nicht, über Ratschläge wäre ich sehr dankbar...


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: Passender Stil, gute Animationen, schicke Levels
  • Sound: Passend zur Spielsituation, treibend, dramatisch
  • Balance: Mark & Execute hilft bei größeren Gegnergruppen...
  • Atmosphäre: spannende Handlung, dramatische Ereignisse
  • Bedienung: erfordert kaum Einarbeitung, wenige Befehle
  • Umfang: Co-op Modus
  • Leveldesign: realistische Areale, viele Deckungsmöglichkeiten
  • KI: kooperiert, nutzt Lampen, reagiert auf Veränderung
  • Waffen & Extras: Waffenwechsel während Missionen möglich, Gimmicks
  • Handlung: dramatisch, packend inszeniert, Rückblicke
  • Grafik: teils matschige Texturen, Grafikfehler
  • Sound: -
  • Balance: ... macht aber Gefechte teils zu einfach
  • Atmosphäre: keine dynamischen Gespräche, vorgegebene Aktionen
  • Bedienung: stellenweise etwas ungenau
  • Umfang: viel zu kurzer Solomodus
  • Leveldesign: recht linear aufgebaut
  • KI: stellenweise Aussetzer, manchmal zu passiv
  • Waffen & Extras: Standard-Repertoire, kaum Unterschiede
  • Handlung: -

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Weniger als 5 Stunden



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