Die Besten der Besten der Besten

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer der Söldnereinheit Star Wolves, die tief im imperialen Raum aktiv ist, um fremde Technologien zu...

von Belethil am: 04.10.2015

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer der Söldnereinheit Star Wolves, die tief im imperialen Raum aktiv ist, um fremde Technologien zu erobern, unzähliche Piratenbasen einzustampfen und die beste Einheit der Galaxis zu werden...

Jahre bevor Relics Dawn of War 2 das Licht der Welt erblickt, zu einer Zeit, als Spellforce noch jung und frisch ist, wagen die russischen Entwickler von X-bow ebenfalls einen Vorstoß in die weitgehend unerforschte Region zwischen Rollenspiel und Echtzeitstrategie. Aus diesem Vorstoß entstand Star Wolves, ein packender und anspruchsvoller Titel mit dem besten aus beiden Genres. Aber worum geht es in dem Spiel eigentlich?

Vom Straßendieb zur imperialen Eliteeinheit, und noch viel Weiter!
Die Geschichte von Star Wolves ist vom Grundaufbau simpel: Wir beginnen mit unserem eigens erstellten und benannten Charakter und seinem besten Kumpel Ace, die über ein paar Drinks entschieden haben, eine eigene Söldnereinheit aufzubauen und ordentlich Kohle zu scheffeln. Dazu haben wir uns ein paar billige Kampfschiffe und einen umgebauten und bewaffneten Frachter als mobile Basis besorgt, und machen uns auf die Jagd nach Aufträgen. Anfangs sind wir dabei lediglich verbessertes Kanonenfutter, das mal für die Patroullie (quasi die imperiale Polizei), mal für die drei Großkonzerne InoCo, USS und Triad Routineaufgaben erledigt - Transporter eskortieren, Piraten beseitigen etc. Schnell bekommen wir es aber mit größeren Problemen zu tun, als die Berserker, ein Robotervolk unter der Kontrolle einer entlaufenen KI, ihre Angriffe auf das Imperium verstärken. Mit neuen Mitstreitern, die wir während bestimmter Missionen aufsammeln können, helfen wir der imperialen Navy beim Kampf gegen die Berserker aus - und ab diesem Zeitpunkt treten wir unseren Siegeszug zur besten Söldnereinheit an, die das Imperium jemals gesehen hat. Ab hier warten lukrative Aufträge und jede Menge Entscheidungsmöglichkeiten auf uns, wir können oft völlig frei wählen auf wessen Seite wir in einem bestimmten Auftrag stehen, und uns zwischen verschiedensten Haupt- und Nebenaufgaben entscheiden. Natürlich folgt bald die obligatorische Alieninvasion, in der uns das Imperium um Unterstützung bittet, und kurz danach bricht auch noch ein Bürgerkrieg aus, in dem wir eine Seite wählen müssen - die eigentlich flache Geschichte bietet mit vielen Wendungen, aufregenden Momenten und vor allem dank der gut geschriebenen Charaktere eine Menge Spannung und Spaß und unterhält durchgehend. Hinzu kommt das herausragende Missionsdesign, das uns innerhalb der Einsätze immer wieder mit Entscheidungen, Überraschungen, abwechselnden Aufgaben und lukrativen Nebenmissionen konfrontiert.

Die ultimative Spezialtruppe
Moment, Mitstreiter? Charaktere? Die Rede ist natürlich von den Mitgliedern unserer Söldnereinheit, die nach und nach auf sechs Personen anwächst (wobei es durchaus vorkommt, dass ein Mitglied die Einheit verlässt und ein anderes dafür hinzukommt).  Die Charaktere geben jedoch nicht nur in den Missionen und Dialogen ihren Senf dazu, wir können sie auch noch individuell anpassen - und dazu steht uns ein beeindruckender Skilltree mit unzähligen Spezialisierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Unseren Anfangscharakter dürfen wir übrigens völlig frei erstellen und so einer bestimmten Präferenz zuordnen, die seinen Skilltree bestimmt - etwa Kanonier oder Techniker. Andere Charaktere, die dem Team beitreten, haben schon eine bestimmte Präferenz, so ist unser Kumpel Ace ein meisterhafter Scharfschütze, der besonders gerne mit Laserwaffen in die Schlacht zieht, während Abenteurerin Astra nicht nur gut mit Bordsystemen wie Reperaturanlagen und Raketenabwehr umzugehen weiß, sondern sich auch in der Rolle als schnellfeuernder Flügelmann formidabel schlägt. In jeder Mission erhalten wir Erfahrungspunkte, die wir zwischen den Einsätzen in den Skilltrees verteilen können, um neue Perks freizuschalten oder alte weiter auszubauen. Dieses Rollenspielelement motiviert ungemein - und zwar sowohl dazu, in den Missionen möglichst alle Gegner und Nebenaufträge mitzunehmen, wie auch insgesamt mit dem Spiel weiterzumachen - der "Nur noch ein Einsatz bis ich Ace zum Meistertaktiker leveln kann"- Effekt ist nicht zu unterschätzen. Umso mehr verstärkt wird dies dadurch, dass wir die Ausrüstung unserer Piloten genau auf deren Rolle zuschneiden können.

Leveln und Looten
Apropos Ausrüstung: nicht nur können wir unsere Söldner mit immer neuen und besseren Kampfschiffen ausstatten, die zudem in mehrere Klassen mit besonderen Vorteilen á la raketenstrotzendes Kanonenboot, schneller Aufklärungsflitzer oder schwerer Abfangjäger unterteilt sind. Wir können die Ausstattung unserer Schiffe komplett anpassen, mit verschiedenen Kanonen, Raketen, Verteidiungssystemen, Schildverstärkern, Antriebsboostern und mehr. Neue Ausrüstungsteile finden wir sowohl im Handelsposten zwischen den Einsätzen, als auch kostengünstig im 100%-Rabatt bei zerstörten Feindschiffen. Im Handelsposten (oder im sündhaft teuren Schwarzmarkt) können wir auch neue Kampfschiffe erwerben und unsere alte Ausrüstung verscherbeln. Die Tüftelei an der richten Ausstattung für die Kampfflieger zusammen mit den verschiedenen Skills unserer Piloten lassen uns stundenlang nach der perfekten Konfiguration für unser Team und unsere Spielweise suchen - vorbildlich.

Zwischen Triumph und Verzweiflung
Doch wenden wir uns dem wesentlichen zu: den Kämpfen. Und die sind in Star Wolves wirklich knackig und verlangen uns oft alles ab. Ein Kampf beginnt, sobald feindliche Schiffe auf unseren Sensoren auftauchen. Dann gilt es, unsere Piloten in die Schlacht zu schicken, ihnen Ziele zuzuweisen und sich bereitzuhalten, auf alle möglichen Situationen zu reagieren. Mit besonderen Bordsystemen und Spezialfähigkeiten stehen uns allerlei Optionen zur Verfügung, das Schlachtenglück zu unseren Gunsten zu wenden. Darüber hinaus können wir unsere Piloten in Geschwader einteilen und ihnen bestimmte Rollen zuweisen - ein Verteidiger schützt beispielsweise unser Team, indem er Angreifer abdrängt und verlangsamt, ein Raketenabwehrspezialist hält uns die lästigen Sprengkörper vom Hals, und mit einem Reparatursystem können Schiffe mitten in der Schlacht wiederhergestellt werden - allerdings kann ein reparierender Pilot seine Waffen nicht abfeuern. Dazu kommt die aus Spielen wie Baldurs Gate und späteren BioWare-Titeln bekannte intelligente Pause, in der wir Kommandos verteilen, Aufgaben wechseln und die Kamera anpassen können. Das alles spielt sich sehr schön dynamisch, und wir verlieren selten total den Überblick, besonders weil eine kleine Leiste an der Seite uns die Kamera jederzeit auf einzelne Feindeinheiten fokussieren lässt. Stichwort Kamera: Wir können zwischen verschiedenen Kameramodi wählen, was nach kurzer Eingewöhnphase gut funktioniert und uns immer das ganze Schlachtgeschen wahrnehmen lässt.

Doch Vorsicht: Wie eingangs erwähnt, fordern die Kämpfe teilweise sehr, manche sind fast schon an der Grenze zu unfair - wir müssen stets all unsere Piloten im Blick behalten, Spezialfähigkeiten klug einsetzen, unser Geschwader sinnvoll einteilen und auch mal einen taktischen Rückzug in Betracht ziehen. Ein Verlust eines einzelnen Kampfschiffes ist oft schon ein großer Schlag in den Geldbeutel - wird unser ganzes Geschwader oder unser Mutterschiff vernichtet, so starten wir von einem beliebigen Speicherstand aus wieder. Speichern ist übrigens jederzeit über das Menü möglich, auch mitten im Kampf - was teilweise bitter nötig ist, um mit überraschenden Massengefechten und Großkampfschiffen zumindest im zweiten Anlauf klarzukommen.  Autosaves erfolgen größtenteils zwischen den Einsätzen im Übersichtsbildschirm, wo wir auch auf die Charaktertrees und Kampfschiffe unseres Teams und den Handelsbildschirm sowie die Missionsauswahl zugreifen. Außerdem gibt es hier immer wieder Nachrichten von unseren Heldentaten und anderen Ereignissen im Imperium - allerdings, wie auch sämtlicher Dialog, lediglich als passabel vertonter Text.

Gut gealtert
Die Technik von Star Wolves riss schon zum release 2004 niemanden vom Hocker - die Effekte sind schön anzusehen, der Sound klingt okay, die Vertonung nicht ganz so, und die Texturen der Schiffe etc. sind etwas matschig. Insgesamt sieht das Spiel aber auch im Jahre 2015 (trotz fehlender Full HD- Unterstützung) recht gut aus, die 3D Modelle wirken nicht übermäßig kantig, die Effekte haben wenig von ihrem Reiz verloren, und Explosionen sind immerhin deutlich als solche zu erkennen und wirken nicht nur wie kleine bunte Wölkchen. Die mäßigen Modelltexturen nehmen wir die meiste Zeit sowieso nicht zu sehr wahr, weil wir viel Zeit auf der Übersichtskarte oder mit weit herausgezoomter freier Kamera verbringen, um die Schlachten zu überblicken. Und ein fantastischer, actionreicher Soundtrack lässt uns andere Soundmängel wohlwollend übersehen.  Zusammen mit den wunderschönen, bunten Weltraumhintergründen und den sehr sauberen, übersichtlichen und aufgeräumten Menüs (die übrigens in anderen Kritiken oft als zu einfach und schmucklos bezeichnet wurden, für mich jedoch ein Paradebeispiel guter Menügestaltung sind) sorgt dies für einen angenehmen grafischen Gesamteindruck, bei dem man auch heute und in der nahen Zukunft keine Augenschmerzen erwarten muss.

Probleme
Natürlich hat jedes Spiel so seine Probleme, und auch Star Wolves kommt mit einigen davon daher: Zum einen führt einen das Spiel niemals richtig in seine Mechaniken ein. Das anfängliche Tutorial gibt allenfalls einen groben Überblick über die wichtigsten Funktionen, viele Taktische Optionen und Spielereien müssen wir uns im Laufe des Spiels mühsam und mit vielen Rückschlägen erarbeiten. Zweitens sind die Balancing-Angaben in der Missionsbeschreibung (unter Widerstand einzuordnen) nicht mal Ansatzweise als Hinweis zu gebrauchen, gerade die Berserkermissionen, die teils mit "mittlerem" Widerstand angegeben werden, sind anfangs bockschwer, weil wir kaum eine Möglichkeit haben, gegen deren Großkampfschiffe Marke Chimera vorzugehen. Auch die Möglichkeit des freien Speicherns regelmäßig zu nutzen wird uns durch einige knackige Einsätze sowie zwei Zwischensequenzen, die einfach nicht laden und so die Mission unlösbar machen und uns zum Neustart zwingen, nach und nach eingeprügelt. Das größte Problem ist womöglich die Wegfindungs-KI, die manchmal unsere Schiffe in Raumstationen oder - besonders das Mutterschiff - in Asteroiden parkt, wo wir sie wenn überhaupt nur in minutenlanger Frickelarbeit und Herumklickerei wieder herausbekommen.

Fazit
Trotz einiger kleiner Macken, einer recht langen Einspielphase von mehreren Stunden (die so manche Casualgamer abschrecken wird) und dem durchgehend hohen Schwierigkeitsgrad punktet Star Wolves in allen relevanten Punkten, sowohl bei der Story und den Charaktere, wie auch beim Missionsdesign, den taktischen Kämpfen und den Rollenspielelementen. Das Spiel motiviert extrem und zieht uns in eine rollenspieltypische Suchtspiralte, verlangt uns gleichzeitig unmengen taktisches Können ab und verpackt das ganze auch noch so, dass wir uns irgendwann wirklich selbst als der Anführer einer Eliteeinheit von Söldnern mit gehörigem Einfluss auf die Zukunft der Menschheit identifizieren. Auch wenn Star Wolves in keinem seiner Teilgebiete ein Meilenstein ist, ist es für mich doch der beste Mix von Strategie und Rollenspiel, den ich jemals gespielt habe - gerade auch im Vergleich zu Dawn of War 2 oder Spellforce. Wer Taktikspiele und Science Fiction mag, muss dieses Spiel gespielt haben. Für Strategie- und Rollenspielfans mit einer gewissen Frustresistenz im Allgemeinen gibt es ebenfalls eine klare Empfehlung. Wer keine Lust hat, sich erst einige Stunden auf ein Spiel einzulassen bevor es so richtig in die Vollen geht, oder grundsätzlich ältere Titel scheut selbst wenn die gar nicht mal so mies aussehen, der ist mit einem anderen Spiel wohl besser bedient.


Wertung
Pro und Kontra
  • - Tolles Missionsdesign
  • - Anpassungsmöglichkeiten für Schiffe und Charaktere
  • - Rollenspieltypische Suchtspirale
  • - Starke Story
  • - Fordernde Taktikkämpfe
  • - Mittelmäßige Technik
  • - Teils unfair hoher Schwierigkeitsgrad
  • - Lange Einspielphase
  • - Gelegentliche Bugs mit Wegfindung und Zwischensequenzen

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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