Starcraft 2 - Der Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit

Wer Mitte September bei der Endrunde der World Championship Series Premier League in Krakau dabei war, bekam den Eindruck einer heilen Starcraft 2-eSports-Welt. Aber was bedeuten ein paar hundert Zuschauer in Krakau im Vergleich zu Zehntausenden bei CS:GO-, LoL- oder Dota-2-Turnieren?

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Starcraft 2: Noch immer ein Turnierspiel, noch immer umjubelte Sieger. Nur wie lange noch? Starcraft 2: Noch immer ein Turnierspiel, noch immer umjubelte Sieger. Nur wie lange noch?

Zwei Menschenschlangen bilden sich auf den Gehwegen vor den Toren des Stara Zajezdnia in Krakau. Auf der einen Seite stehen Fans, die sich ein Ticket für die WCS Season Premier League Saison 3 von Starcraft 2 gekauft haben, das garantierten Einlass in das Backsteingemäuer des alten Tramdepots bietet. Auf der anderen Seite sammeln sich die ohne Ticket. Niemand befürchtet, keinen Platz mehr zu bekommen.

Auf dem Weg zu einem der Sitzplätze zählt man schon gut eine Handvoll Filmkameras, während eines Matches wuseln mehr als zwölf verschiedene Kameramänner durch die Halle. Das Produktionsniveau und der betriebene Aufwand wollen nicht so recht zur eigentlichen Größe des Events passen. Dann wiederrum sind die Kosten für Miete, Equipment und Personal in Polen vergleichsweise niedrig. Blizzard bekommt für wenig Geld eine große Produktion mit sehr tollen Bildern, auch wenn nur einige hundert Zuschauer vor Ort sind und noch nicht einmal 100.000 gleichzeitig weltweit zu Hause vor dem Stream sitzen.

Beim CS:GO-Turnier »ESL One Cologne 2015« im August dieses Jahres waren es zu Spitzenzeiten hingegen 1,3 Millionen. Vor Ort in der Lanxess Arena erlebten das Event täglich ca. 11.000 Zuschauer. Nun gut, Starcraft war in Europa noch nie sonderlich groß, da dominierte stets eher Warcraft 3. Allerdings spielt das im Bereich eSports inzwischen eine kaum mehr wahrnehmbare Rolle.

Die jubelnde Menge im Stara Zajezdnia in Krakau. Die jubelnde Menge im Stara Zajezdnia in Krakau.

Die Zuschauer

Freunde, Fans, ganze Fanclubs, Pärchen und teilweise sogar komplette Familien finden sich in der Haupthalle ein. Einige haben bemalte Pappschilder dabei, andere Banner und Flaggen. Fast jeder favorisiert einen der professionellen Spieler. Jedoch sind durch die Bank weg alle Zuschauer vornehmlich da, weil sie Starcraft und Blizzard verehren und einfach spannende Matches erleben wollen. Und trotz des offensichtlichen Lokalpatriotismus - mit Grzegorz »MaNa« Komincz befindet sich ein Pole unter den letzten acht Kontrahenten - bejubelt das Publikum jeden Spieler, jeden guten Spielzug, jeden Gewinner und auch jeden Verlierer gleichermaßen. Die Stimmung im alten Tramdepot ist ausgelassen.

Doch scheint das Publikum zu einem kleinen, vom Aussterben bedrohten Fan-Klüngel zu gehören. Neuen Zuschauern fehlt der Zugang zu den sehr schnellen, komplexen und zu Beginn undurchsichtigen Abläufen eines Starcraft 2-Matches. Klar, auch ein Dota 2-Match versteht nicht jeder auf Anhieb, allerdings wird Dota 2 von deutlich mehr Leuten gespielt und deswegen auch von deutlich mehr Leuten verstanden. Dadurch macht das Zuschauen mehr Spaß, was sich an den im Vergleich zu Starcraft 2 wesentlich höheren Twitch-Views und Besucherzahlen bei Events bemerkbar macht.

Die Spieler

Die Kontrahenten des Halbfinals beim Einmarsch am Sonntag. Die Kontrahenten des Halbfinals beim Einmarsch am Sonntag.

Acht Kontrahenten aus sechs Nationen treten in Krakau an: eines der besten Verhältnisse der letzten Jahre. Alle Spieler sind an diesem sonnigen Septemberwochenende ruhig und konzentriert. Jeder ist darauf aus, den Sieg einzuheimsen. Doch für einige geht es zu diesem Zeitpunkt viel mehr um die Ranglistenpunkte, die sie in die Top-16 - und somit in die Global Finals - katapultieren würden. Die Dominanz südkoreanischer Starcraft 2-Spieler ist nicht mehr so stark wie früher, auch wenn nach Krakau mit dem Franzosen Lilbow nur ein einzelner Nicht-Südkoreaner in den Global Finals steht.

Teilweise routiniert, teilweise etwas hibbelig absolvieren die Pro-Gamer ihre Showläufe. Gemeinsamer Einmarsch in das Tramdepot, einzelnes Betreten der Bühne vor einem Match: All dies geschieht unter dem euphorischen Jubel der Menge. Alle Begegnungen an diesem Wochenende sind spannend mit teils unglaublichen Wendungen. Favoriten fliegen vorzeitig aus dem Rennen, kein Aufeinandertreffen ist im Vorhinein schon entschieden. Es geht um 30.000 US-Dollar Preisgeld für den Gewinner der WCS Season Premier League Saison 3, der Sieger der Global Finals sackt sogar 100.000 Dollar ein.

Der Südkoreaner Hydra in seiner Spielerkabine. Der Südkoreaner Hydra in seiner Spielerkabine.

Sogar? Zum Vergleich: Beim Dota 2-Event »The International 2015« ging es Anfang August um 6,6 Millionen US-Dollar für das Siegerteam. Heruntergebrochen sind das immer noch über eine Million Dollar pro Spieler. Starcraft 2 verliert weiterhin an Wichtigkeit bei Spielern, Teams und Sponsoren, denn vorbei sind die Zeiten, in denen das Spiel beziehungsweise sein Vorgänger ein schillernder, nahezu konkurrenzloser Stern am eSports-Himmel war. Die Rivalen sind mächtig, sie sprechen deutlich mehr Menschen an.

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