Actionspektakel á la beziehungsweise von und mit John Woo

Wer die 'Hard Boiled'-Filme von John Woo kennt, sollte im Ungefähren schon erahnen können, wie es im Actionspiel 'John Woo´s Stranglehold' zur Sache geht. Für...

von Capo am: 19.08.2008

Wer die 'Hard Boiled'-Filme von John Woo kennt, sollte im Ungefähren schon erahnen können, wie es im Actionspiel 'John Woo´s Stranglehold' zur Sache geht. Für die, die Streifen nicht gesehen haben, eine kurze Zusammenfassung: in 'Hard Boiled 1&2' geht es grundlegend nur um eines: Officer Tequila (gespielt von Chow Yun-Fat) ballert sich durch chinesische Tee - oder Krankenhäuser, um berüchtigte Drogen - und Waffenhändler aus den Stiefeln zu heben. Dabei gehen so viele Widersacher, aber auch befreundete Begleiter drauf, dass man gezwungen ist, das Zählen aufzugeben. Regisseur John Woo legte großen Wert auf eine brachiale, explosive Inszenierung, die vergleichbare Kinofilme in den Schatten stellt, wenn es um pure Zerstörungsorgien geht: Cop Tequila rutscht wild feuernd über Tische, bringt Säulen und ganze Behausungen zum Einsturz und zeigt gegen die etlichen Widersacher keine Gnade, die sich scheinbar recht gleichgültig abschlachten lassen.

Und genau so funktioniert auch das PC-Spiel 'Stranglehold': wilde Schießereien gegen unendlich viele Gegner, kinoreife Physikeffekte und Chow Yun-Fat als Inspector Tequila bringen eine typische John Woo-Atmosphäre auf den Bildschirm. Quasi ist 'Stranglehold' eine Fortsetzung der 'Hard Boiled'-Filme. Bei Actionspielen mit nonstop Action erwartet man generell keine großartig erzählte Story, allerdings erzählt das Spiel eine wirklich solide Geschichte rund um den Inspector und das von einer Übernahme gefährdete Hongkong. Alles beginnt auf der Polizeistation und einer eingehenden Meldung: Ein Cop wird vermisst. Anstatt einer ganzen Einheit, macht sich Tequila gegen den Willen seines Chefs selber auf, um den vermissten Kameraden aufzuspüren. Die anstehende Suche quer durch dreckige Hinterhöfe fungiert zudem als Tutorial, in dem man sich mit allen Spezialitäten des Protagonisten vertraut machen kann. Aus der Verfolgeransicht hat Tequila nämlich einiges mehr zu bieten, als nur konventionell gegen die Feinde vorzugehen, die sich bereits nach kurzer Zeit anhäufen. Denn wie in der Max Payne-Reihe ist eine Bullet-, pardon Tequila-Time mit von der Partie. So besteht die Möglichkeit in alle 4 Richtungen zu springen, die Gegner in Zeitlupe unter Beschuss zu nehmen oder aber die Zeitlupenfunktion manuell zu aktivieren. Doch das war lange noch nicht alles. Zum grundlegenden Repertoire summieren sich noch viele weitere Specialmoves, die die Schießereien erst wirklich kurzweilig gestalten. So kann Tequila über Tische rutschen, auf Geländern entlang laufen, an Lampen hin und her schwingen, Wände als Sprungbrett missbrauchen oder auf Servierwagen liegend auf Gegnerhorden feuern. Objekte, mit denen man interagieren kann, werden deutlich hervorgehoben, danach reicht ein Druck auf die Leertaste und schon führt Tequila die vorberechnete Aktion aus (zum Beispiel wie erwähnt auf das Geländer springen). Setzt man diese Bewegungsmöglichkeiten gezielt ein und reiht Move an Move aneinander, zeigen Sterne an, wie gut die entstandene Kombo ausgefallen ist. Je nach Anzahl der Sterne verbessert man so die Lebensenergie und die Dauer der Tequila-Time oder erntet einfach Stylepunkte, die am Ende zusammengezählt werden und zum Vergleich mit anderen Spielern taugen.

Überall in den Levels findet man Objekte wie Neonschilder, morsche Bauten oder andere Dinge, die sich nach Beschuss lösen und bestenfalls auf ahnungslose Gegner hinabstürzen. Natürlich kommt das auch dem Style-Konto zu Gute, welches sich nach erfolgreichen Aktionen weiter auffüllt. Um die Gefechte noch spektakulärer und unterhaltsamer zu aufzuziehen, baute Entwickler Midway gleich noch 3 Supermoves ein, die man punktuell einsetzen sollte. Zum Beispiel steht eine brutale Projektilkamera bereit, wenn man die Option 'Precision Aim' wählt. Dabei zoomt das Fadenkreuz näher ans Spielgeschehen, damit auch weiter entfernte Gegner getroffen werden können. Drückt man den Abzug, begleitet die Kamera das fliegende Projektil, welches letztlich ziemlich blutig (zumindest in der unzensierten Fassung) einschlägt und normale Gegner umgehend aus den Socken haut. Je nach Körperstelle, krümmen sich die Opfer nach dem Treffer ziemlich übertrieben und stöhnen noch ein letztes Mal. Die exzessive Brutalität lässt sich 'Stranglehold' somit schnell anmerken. Trotzdem stört es, dass die deutsche Version gänzlich kein Blut beinhaltet. Supermove Nummer 2 setzt ungeahnte Kräfte in Tequila frei, sodass er kurzzeitig aus allen Rohren ballern kann, ohne sich Sorgen zu machen, dass die Munition ausgeht. Darüber hinaus wird die Schussrate erhöht und Tequila ist kurzfristig unsterblich. Die Sequenz wird zu Beginn cineastisch mit einer Nahaufnahme eingeläutet, in der Tequila die ausgewählte Waffe noch einmal mit todernster Miene nachlädt - schick. Aus Max Payne bekannt ist der Spin-Move, bei dem sich Tequila 360° Grad um die eigene Achse dreht und dabei alle Feinde in der Nähe auf einmal ausschaltet, inklusive umherfliegender Tauben – John Woo lässt grüßen.So wirkt „Stranglehold“ packend inszeniert, was zudem auch an der Unreal Engine 3 liegt. Das Spiel geizt nicht mit effektvollen Physikspielerein, scharfen Texturen und grandiosen Effekten. Die nötige Abwechslung erhält das Spiel durch Schauplatzwechsel. So besucht Tequila ein klassisches, chinesisches Teehaus, ein Casino, ein Museum, ein Penthouse oder einen chinesischen Garten. Passend dabei sind stets bestimmte Objekte, die zum Ambiente passen. Im Museum zum Beispiel Unmengen an Ausstellungsstücken sowie ein Saurierskelett, die nach Wunsch auch der Physik zum Opfer fallen können. Zwischendurch stellt sich der ein oder andere Oberbösewicht in den Weg, der besonders schwer zu knacken ist. Mittels klugem Einsatz der Spezialmanöver erledigt man allerdings auch diese Kämpfe erfolgreich. Neben normalen Duellen Mann-gegen-Mann, fahren die feindlich gesinnten Bösewichte zuweilen schwerere Geschütze wie einen Helikopter auf. Gegen den scheint kein Kraut gewachsen, mit ein wenig Taktik löst man aber auch dieses Problem. Denn mit Hilfe der STRG-Taste ist es möglich Tequila beispielsweise hinter einer Säule kauern zu lassen und aus der Deckung zu schießen. Jede Deckung gibt jedoch mit der Zeit nach oder bricht zusammen, also sollte man aufpassen, hinter welchem Objekt man sich versteckt. Wenn Gegner ganze Etagen zusammenstürzen lassen freut man sich insgeheim wie ein kleines Kind, obwohl man Schaden davon trägt.

Masse statt Klasse lautet das Motto der KI. Ein paar Drogenhändler stellen kein Problem dar, es wird nur haarig, sobald Heerscharen von Gegnern auf einen einstürmen oder explosive Waffen im Spiel sind. Folglich erleidet man den ein oder anderen Tod. Nichtsdestotrotz sind die Speicherpunkte fair verteilt, ein Quicksave-Knopf bietet „Stranglehold“ aber nicht.

Überrascht gut gelungen ist die Vertonung der Charaktere, insbesondere der Hauptpersonen. Zugleich überzeugt die Musikuntermalung mit passenden, ruhigeren oder schnellen, treibenden Klängen.

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Erstveröffentlichung auf gamezone.de


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: UE3-Engine 3 = schicke Texturen, Gesichter&Effekte
  • Sound: top Synchronsprecher, passende Musikstücke
  • Balance: kontinuierlich schwieriger, stets fair
  • Atmosphäre: original Schauspieler, interessante Charaktere
  • Bedienung: sehr simpel, schnell erlernbar
  • Umfang: viele Locations, Special-Moves, MP-Modus
  • Leveldesign: passende Gegenstände entsprechend der Location
  • KI: Endgegner agieren eingermaßen schlau
  • Waffen & Extras: konventionelle Waffen, etliche ausführbare Moves
  • Handlung: nette Story, der man Beachtung schenken sollte
  • Grafik: einige verwaschene Texturen
  • Sound: zu wenig Abwechslung in puncto Musikauswahl
  • Balance: -
  • Atmosphäre: wüste, unrealistische Ballereien
  • Bedienung: zuweilen ungenau
  • Umfang: schnell durchgespielt
  • Leveldesign: wirkt oft für Schießereien kontruiert
  • KI: Masse statt Klasse, stürmen zu wüst vor
  • Waffen & Extras: mehr Schießprügel wären lobenswert gewesen
  • Handlung: nicht innovativ

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(1)
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