Oldie but Goldie?

Es gab eine Zeit, da schienen Point & Click - Adventures ihre Zeit gehabt zu haben. Kein Markt vorhanden, vor allem nicht in den USA, meinte damals etwa die...

von marioworld2013 am: 17.09.2014

Es gab eine Zeit, da schienen Point & Click - Adventures ihre Zeit gehabt zu haben. Kein Markt vorhanden, vor allem nicht in den USA, meinte damals etwa die bedeutendste alle Adventureschmieden - LucasArts - und stampfte aus diesem Grunde mal eben die beiden von Fans heiß erwarteten Sam & Max 2 und Vollgas 2 kurzerhand ein.

Umso erfreuter staunten Fans des Genres, wenn doch mal ein akzeptbaler Titel erschien. Einer davon soll im nächsten Jahr nach langer Pause den dritten Teil erleben - Syberia!

Grund genug, den ersten Teil nochmal zu installieren und auszuprobieren. Ich hatte das Spiel zwar vor etlichen Jahren mal gespielt, konnte mich aber nicht mehr an allzu viel erinnern. Einzig: Eine skurile Atmosphäre, schöne Grafik, tolle Musikuntermalung und elende Lauferei.

Wir spielen die junge Anwältin Kate Walker aus New York, die ein kleines Kaff namens Valadilene geschickt wird, um eine Erbangelegenheit zu klären. Anna Vorarlberg, Inhaberin einer Fabrik vor Ort für alle möglichen skurilen Automaten, ist verstorben und eine amerikanische Firma möchte die Fabrik kaufen.

Da es offenbar keinen Erben gibt, erscheint das alles kein Problem zu sein. Doch wie so oft kommt alles anders: Es verdichten sich die Anzeichen, dass der Bruder von Anna Vorarlberg und Genie des Automatenbaus - Hans Vorarlberg - der schon seit etlichen Jahren als tot gilt, noch lebt und möglicherweise heute in Sibirien weilt. Sollte das stimmen, wäre er natürlich der Erbe der Fabrik und müsste zu dem Verkauf seine Zustimmung erteilen.

Also versuchen wir in der Person von Kate Walker der skurilen, zum Teil traurigen Geschichte um Hans Vorarlberg und dessen Schicksal auf den Grund zu gehen...

An allen Punkten unserer Reise treffen stoßen wir auf die genialen Automaten des Hans Vorarlberg - ein Zeichen, dass wir auf einem guten Weg sind. Nicht selten bringt uns das Ingangsetzen der Apparaturen der Lösung des Spiels ein Stück näher. Das alles passiert in klassischer Point and Click-Steuerung. Fährt man über Gegenstände oder Personen, mit denen man interagieren kann, verändert sich der Mauszeiger. Dabei gehört Syberia nicht zu den Adventures, bei denen man jeden Bildschirmpixel untersuchen muss, um nichts zu übersehen. Die Gegenstände sind normal gut sichtbar.

Syberia überzeugte einst zunächst mit beeindruckender Grafik: In wunderschönen gerenderten Hintergründen bewegten sich 3D-Charaktere. Die Hintergründe sind auch heute noch ansehnlich, die Charaktere wirken etwas matschig und Kantenglättung war auch nicht in Sicht - immerhin ist das Spiel 12 Jahre alt. Dazu kommen auch heute noch schöne gerenderte Zwischensequenzen untermalt von teilweise wunderschöner orchestraler Musik.

Die Rätsel sind nicht übermäßig anspruchsvoll. Mitunter brauchen wir beispielsweise einen Schlüssel, der gleich im nächsten Raum liegt - das schafft man. Viel wichtiger ist in Syberia die Geschichte, die erzählt wird. Lebt Hans Vorarlberg wirklich? Wenn ja, warum wurde er dann für tot erklärt und begraben? Und was haben Mammuts mit dem ganzen zu tun? Im Laufe des Spiels erfahren wir nach und nach immer mehr von Hans Vorarlberg und die Wissenslücken werden nach und nach geschlossen und genau das ist es auch, was einen in diesem Spiel gefangen hält.

Die Rätsel sind es - wie schon erwähnt - nicht wirklich. Zudem hat das Spiel zwei Schwächen: Zum einen sind die Locations erschreckend leer, es gibt kaum NPCs, mit denen man sich unterhalten könnte, alles wirkt - sicher auch ein Stück weit gewollt - steril, mechanisch. Zum anderen, und das ist der größte Schwachpunkt im Spiel - müssen wir jede Menge laufen. Der Weg aus dem Ort Valadilene zum Bahnhof etwa ist relativ weit. Wir müssen uns durch etliche Bildschirme klicken, um ans Ziel zu kommen. Dort angekommen werden wir, um etwas zu holen, wieder in den Ort zurückgeschickt. Also laufen wir wieder, holen den Gegenstand und laufen erneut zurück zum Bahnhof. Das wird sich mindestens noch ein weiteres Mal wiederholen... das hätte man fraglos besser lösen können, etwa mit einer Schnellreisefunktion.

Unsere Verbindung nach New York ist unser Handy, aber oft wären wir froh gewesen, wenn wir es nicht mitgenommen hätten: Unser Chef ruft ständig an und übt Druck aus, unser Freund akzeptiert so gar nicht, dass wir nun schon seit Tagen weg sind, unsere Kollegin und beste Freundin langweilt sich ohne uns im Büro zu Tode und unsere Mutter nimmt auch wenig Rücksicht...immerhin erfahren wir so von unseren Mitmenschen, dass wir im Lauf des Spiels eine Wandlung vornehmen...von der pragmatischen Karriereanwältin hin zur faszinierten Abenteurerin, die nicht mehr in erster Linie einen Kaufvertrag unterschrieben haben möchte, sondern das Rätsel um Hans Vorarlberg lösen will. Eine charakterlich wachsende, stärker werdende Frau, die sich nicht mehr alles gefallen lässt.

Fazit: Betrachtet man die Wertungen für Syberia aus dem Jahr 2002, dann erlebt man eine enorme Bandbreite: Von niedrigen 50ern bis zu hohen 80ern ist alles zu finden. Naja, die Rennerei nervt, die Rätsel fordern meist nicht wirklich, die Welt wirkt leer. Da ist aber auch die liebevoll gemachte Grafik, der bemerkenswerte Soundtrack und vor allem: Die Geschichte. Je nachdem, was einem in so einem Spiel wichtiger ist, kann man seine persönliche Wertung finden. Mir hat die skurile, größtenteils schenkelklopferhumorfreie Geschichte sehr gut gefallen, teilweise war sie fast schon bewegend und ich bin gespannt, wie es in Teil 2, der 2004 erschien, mit Kate Walker weitergeht. Die Macken verhindern aber dennoch eine Topwertung.

Wer nun Lust bekommen hat, das Spiel Syberia von Benoit Sokal selbst auszuprobieren: Es ist beispielsweise bei Steam für regulär 9,99 €, bei GOG für 7,49 € erhältlich. Achtet man auf die häufigen Sonderangebote, kann man auch regelmäßig für unter 3 € zuschlagen. Das Spiel läuft problemlos auch unter Windows 7 oder 8.

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Stimmungsvolle Grafik
  • Wunderbarer Soundtrack
  • Skurile Atmosphäre
  • Bewegende Geschichte
  • Rätsel zumeist nicht sehr anspruchsvoll
  • Ewige Rennerei
  • Charaktermodelle grafisch veraltet

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(3)
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