Intro zum Sterben
Im ersten von drei Akten wechselt Call of Duty 4 nach jeweils einer Mission den Protagonisten. Doch noch sind wir nicht im ersten Akt, noch befinden wir uns im Prolog. Und zwar an der Stelle, an der das eigentliche Intro einsetzt. Darin schlüpfen wir einmalig in die Haut einer vierten Person, nämlich in die des Staatschefs des fiktiven arabischen Landes. Man wirft uns auf die Rückbank eines alten Mercedes, man schlägt uns einen Gewehrkolben ins Gesicht. Man fährt uns durch eine Stadt, in der das Chaos herrscht. Überall sehen wir, wie Schergen Al-Asads die Bevölkerung einschüchtern, unterwerfen, exekutieren.
Wo die Reise endet, möchten wir an dieser Stelle nicht verraten, aber wir können mit Sicherheit sagen, dass wir seit Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay keine so eindringliche Eingangssequenz erlebt haben. Übrigens: Achten Sie unbedingt auf den fiesen Typen in dem nicht minder fiesen Trainingsanzug, der Sie vom Beifahrersitz aus mit einer Maschinenpistole bedroht. Den treffen Sie später wieder. Wenn auch nicht so, wie ursprünglich vom SAS geplant.
Pläne zum Fluchen
Überhaupt klappt in Call of Duty 4 selten etwas so, wie es geplant war. Das merken wir spätestens in der ersten Mission, die wir als US-Marine Paul Jackson bestreiten. Mit riesigem Aufgebot geht es in Black Hawks ins Zentrum des Putsches im Nahen Osten. Ziel ist es, Al-Asad aufzustöbern. Unseren Quellen zufolge hat sich der Mann in einem Haus nahe einer Fernsehstation verschanzt.
Schon der Anflug bereitet uns Sorge: Die Hubschrauber stehen unter massivem Beschuss. Das kann kein Spaziergang werden. Auf dem Boden sehen wir zunächst, wie unsere KI-Kameraden mit Stacheldraht eine Straßensperre errichten, dann werden unsere Befürchtungen bestätigt: Es wimmelt nur so von Al-Asads Anhängern. Manche preschen wild schießend auf uns zu, andere haben sich hinter Mauern und auf Dächern verschanzt. Kugeln zischen und durchschlagen Wände. Raketen und Granaten fliegen. Und natürlich ist Al-Asad nicht im Zielgebäude.
Ein neuer Befehl schickt uns zu einer Fernsehstation. Von dort aus sendet der Putschist seine markigen Propagandabotschaften ins Land. Weiter geht es durch die staubige Stadt, in der Autos unter Beschuss explodieren, in der Terroristen in schlecht einzusehenden Seitenstraßen auf uns lauern, in der Freunde wie Feinde reihenweise fallen.
Am Ende des nervenaufreibenden Einsatzes stellt sich heraus, dass die Filme vom Band kommen; der Bandenchef ist längst ausgeflogen. Als »Soap« müssen wir erleben, wie die Rettung eines Spitzels bei den Ultranationalisten fast an einer Stinger-Rakete scheitert. Und in der Mission »Demoralisierung « passiert gar etwas, das selbst abgebrühte Redakteure gehörig schlucken lässt. Gerade noch haben wir als Jackson die hübsche Pilotin eines abgeschossenen Apache gerettet (Sie wissen schon: Keine Frau bleibt zurück!), sitzen schnaufend in unserem Chinook, als die gesamte Spielhandlung durch etwas entsetzlich Unvorhergesehenes auf den Kopf gestellt wird.
Der Weg zum Finale
Was Call of Duty 4 von seinen Vorgängern unterscheidet, ist nicht nur der Sprung in die Neuzeit, sondern auch, dass das Spiel überhaupt eine Geschichte erzählt, samt mehrerer Handlungsstränge und einer gewaltigen Portion Abwechslung. Wo der Engländer McTavish und seine drei Begleiter im ersten Akt (acht Missionen) nächtens über Felder und Dörfer schleichen, Gegner aus schallgedämpften Waffen umnieten und nur dann laut werden, wenn befreundete russische Soldaten zu Hilfe eilen, holzt sich US-Soldat Jackson stets mit mehreren Squads brachial durch den Nahen Osten.
Ab dem zweiten Akt (fünf Missionen) lenken wir auch Captain Price in einer Rückblende durch einen der intensivsten Schleicheinsätze der Spielegeschichte. Im Tarnanzug geht es zusammen mit Captain McMillan durchs verstrahlte Umland von Tschernobyl. Wenn Sie im dreckig grünen Anzug im dreckig grünen Gras liegen und mehrere gepanzerte Fahrzeuge und Soldaten nur Zentimeter neben Ihnen passieren, wird Ihnen garantiert ähnlich flau in der Magengrube wie uns. Im dritten Akt (vier Missionen) schließlich bleiben wir in der Haut von »Soap« und kämpfen uns durch Aserbaidschan zum besten Finale seit sehr langer Zeit. Nach dem Abspann gibt es noch den Epilog, eine Mission, die eigentlich nichts mit dem Rest zu tun hat, aber trotzdem sehr gelungen ist.
Der Weg der KI
Obwohl Call of Duty 4 eigentlich ein reinrassiger Ego-Shooter ist, stellt sich das Ein-Mann-gegenalle- Gefühl zu keiner Zeit ein. Wir haben immer den Eindruck, nur ein Teil ? wenn auch ein sehr wichtiger ? eines Ganzen zu sein. Das liegt am brillanten Einsatz der Begleitsoldaten. Die Burschen verhalten sich die meiste Zeit enorm schlau. Sie suchen Deckung, sie werfen Granaten, sie schließen sich uns an, wenn wir vorrücken, geben Feuerschutz und rufen Hinweise, etwa wenn sie Gegner entdecken. Teilweise arbeitet Call of Duty 4 mit vorgefertigten Skripts, um die Männer noch echter wirken zu lassen. So schieben etwa zwei Marines einen Müllcontainer als Deckung vor sich her, um nicht Opfer von MG-Nestern zu werden. Oder Captain Price schleicht sich von hinten an eine einsame Wache heran und erledigt sie lautlos mit dem Messer. Und alle naselang hören wir Befehle wie »Jackson, schnapp dir einen Raketenwerfer und hol? die Helikopter runter!« oder »Soap, ein paar Claymores vor der Tür platzieren und dann den Lockvogel spielen! «.
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Dass vor allem in Jacksons Einsätzen viele Kameraden fallen, hat allerdings keine Konsequenzen ? die Burschen werden fast augenblicklich ersetzt. Wichtige Personen wie Captain Price sind gleich ganz unsterblich. Ihre Feinde bleiben schnell zu erlegendes Kanonenfutter, gleichen das aber durch clevere Manöver und schiere Masse aus. Ähnlich wie in Call of Duty 2 schickt das Spiel immer neue Angriffswellen los, wenn wir an einer Position verharren. Anders als im Vorgänger versiegen die aber nach einer Weile. Wer sich an einer Stelle verschanzt, dem präsentiert sich Call of Duty 4 als Schießbuden-Spiel. Denn bestimmte Positionen (etwa an Fenstern) besetzt das Programm immer wieder neu, solange der Nachschub ausreicht. Allerdings funktioniert das Einigeln längst nicht immer, denn die Feinde sind an vielen Stellen clever genug, den Levelraum zu nutzen. Sie bewegen sich in unseren Rücken, suchen Deckung, suchen den Nahkampf mit Gewehrkolbenhieben, feuern gezielt auf Sprengfässer und werfen Granaten wie Marktfrauen Blumensträuße ? auch gerne mal durch nur spaltbreit geöffnete Türen.
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