Krieg im Inneren...

Ein Spiel? Eine Erfahrung. Es gibt relativ viele Spiele, die für sich in Anspruch nehmen anders zu sein. Wie vor einiger Zeit Papers, please! ist nun auch...

von - Gast - am: 16.11.2014

Ein Spiel? Eine Erfahrung.

Es gibt relativ viele Spiele, die für sich in Anspruch nehmen "anders" zu sein. Wie vor einiger Zeit "Papers, please!" ist nun auch "This War of Mine" eins, dass dieses Kunststück wirklich schafft. Was dieses Spiel aus meiner subjektiven Sicht von der Masse abhebt und womit man rechnen muss, erläutere ich in dieser Rezension.

Worum geht es?

Nun, in erster Linie ist es eine Art "Survival"-Abenteuer. Allerdings eins mit Tiefgang. Man spielt das Ganze in einer Umgebung, in der Krieg herrscht. Zerbombte Häuser, rauchende Autos, Plünderer, Soldaten, Zivilisten. Man sammelt Material und Essen, craftet Dies und Das und versucht, möglichst lange zu überleben.

Was TWoM von anderen Spielen dieser Art abhebt, ist die Tatsache, dass man keinen "Kämpfer" spielt. Man hat die Kontrolle über mehrere Zivilisten, die alle ihre kleinen Vor- und Nachteile besitzen. Vor allem aber ist es der moralische Aspekt, der Gewicht hat. Nachts zu plündern ist nicht unbedingt immer eine nette Sache. Man nimmt die Dinge teilweise anderen Zivilisten weg, seien es nun Familien, alten Leuten oder eben irgendwelche Menschen, die auf ihre Weise bedürftig sind, weil sie etwa verletzt sind oder Ähnliches.

Das Gameplay

Im Spiel angekommen spielt man das ganze von der Seite betrachtet, am Ehesten wäre der Stil mit "Deadlight" zu vergleichen. Man hat einen Stützpunkt, in dem man erst Mal Ordnung schafft, aufräumt und die Dinge sammelt, die hier verteilt sind. Mit der Zeit hat man genug Dinge zusammen, um verschiedene Gegenstände zu bauen. Neben Einrichtungsgegenständen wie Betten oder Stühlen gibt es auch die Möglichkeit einen Herd zu bauen, einen Radio oder eine Werkbank. Teilweise lassen diese Dinge sich auch upgraden und so effektiver nutzen. Es lassen sich auch Werkzeuge und Waffen herstellen, Nahrungsmittel zubereiten oder auch Schnaps oder Zigaretten sind im Programm. Ab und an klopft man ein Händler an der Tür und bietet Tauschgeschäfte an. Auch beim Plündern nachts trifft man auf Händler. Es gibt relativ viel zu erbeuten und zu bauen, da hat man also gut zu tun.

Auch Medikamente gibt es - und die sind wichtig. Die Protagonisten können sich verletzen oder erkranken. Dann braucht's Verbände, Pillen oder Ähnliches.

Die Figuren haben verschiedene Bedürfnisse. Neben Schlaf, Essen und Gesundheitszustand gibt es auch eine Art seelischen Zustand. Das geht von Trauer bis hin zur Depression. Stirbt ein Mitglied der Gruppe, kann das die Anderen schwer belasten - dann ist es sogar möglich, Trost zu spenden. Seelisch belastete Figuren sind teilweise nicht einsetzbar und sitzen in sich gekehrt irgendwo herum und leiden still vor sich hin.

Gelegentlich klopft neben den oben bereits erwähnten Händlern auch jemand an der Tür und bittet um Hilfe. Dann händigt man entweder Medikamente aus oder eine der Figuren verlässt die Basis, um (im Hintergrund) zu helfen. Dabei kann die Figur sich verletzen oder getötet werden. Ab und an klopft auch jemand an und bittet um Einlass - auf diese Weise kann man neue Mitglieder in die Gruppe aufnehmen.

Wenn der Tag "vorbei" ist, kommt es zum interessantesten Teil des Spiels: Das Plündern. Man sucht sich aus der Gruppe den Plünderer aus, teilt den Rest seiner Leute ein zum Schlafen oder zum Wache halten und entscheidet sich dann auf einer Karte für das Ziel, dass man in Augenschein nehmen will. Eine Anzeige gibt eine kleine Voraussicht, welche Beute zu erwarten ist und ob viel oder wenig Gefahr droht. Außerdem kann man noch Gegenstände wie Waffen oder Werkzeug einpacken oder andere Gegenstände, falls man handeln will unterwegs.

Am Ort des Geschehens angekommen schleicht man sich voran, schaut durch Schlüssellöcher, achtet auf Geräusche bzw. Anzeigen, die Bewegung verraten. Manchmal sind es nur Ratten, manchmal Zivilisten oder andere Plünderer. Wenn man Pech hat trifft man auf Soldaten oder Verbrecher, die fackeln für gewöhnlich nicht lange. Aber man trifft eben auch auf Verletzte, alte Menschen, Kinder, Familien...dann muss man sich entscheiden: Leidet die eigene Gruppe Hunger oder nimmt man den "Fremden" ihr Hab und Gut weg? Egal was man tut, der Plünderer sinniert nach der Rückkehr in die Basis über sein Tun, macht sich Vorwürfe oder begründet sein Vorgehen vor sich selbst, um sein Gewissen zu beruhigen.

Ich selbst habe durchs Schlüsselloch ein altes Ehepaar beobachtet, welches sich unterhalten hat. "Wir haben schon mehr als einen Krieg überlebt, wir schaffen auch das noch". Leider hat der Mann mich entdeckt, ist mir nachgegangen und hat die ganze Zeit an mein Gewissen appelliert. Eine Gefahr wäre er zu keinem Zeitpunkt gewesen - das wusste ich aber leider nicht. Deswegen hab' ich ihn im Keller zusammengeschlagen, weil ich dachte, er will mich angreifen...seine Frau ist ins Badezimmer geflohen, und ich habe die Bude ausgeräumt, soweit ich das Zeug halt tragen konnte. Gut ging es uns nicht damit, weder meiner Spielfigur noch mir selbst...

Die Technik

Das Spiel ist technisch kein Meilenstein, fängt die Stimmung aber genial ein. Alles ist in dunklen Tönen gehalten, der Stil ist dem Kriegsszenario absolut würdig und vermittelt gut die bedrückende, ständig Gefahr verströmende Situation. Alles in Allem ist die Grafik wirklich sehr passend. Auch beim Sound hat man keine Fehler gemacht, die Musik passt sich je nach Situation an, außerdem ist immer der Lärm des in der Gegend tobenden Krieges gegenwärtig. Man hört Schüsse und den Donner von Geschützen.

Negativ bewerten könnte man die Tatsache, dass es keine Sprachausgabe gibt. Die Figuren "sprechen" in Blasen, was ich allerdings als absolut passend empfinde. Für mich persönlich ist es kein Nachteil, dass es keine Sprecher gibt. Ich konnte mich so einfach besser auf die Sache einlassen.

Ein "Fazit"

Wie schon damals bei "Papers, please!" ist es auch hier nicht so ganz einfach, ein Fazit zu ziehen. In jedem Fall ist TWoM ein "Antikriegsspiel", dass diesem Namen gerecht wird. Und zwar auf eine Weise, die weder langweilig noch übertrieben moralistisch ist. Es überlässt dem Spieler selbst, seine Schlüsse zu ziehen aus dem, was da vor ihm abläuft - und dem, was er tut und so zur Sache beiträgt.

Ich habe als ehemaliger Soldat mit Einsatzerfahrung eine ganz eigene Haltung zum Krieg, und natürlich fließt dieses "Wissen" in meine Bewertung des Ganzen mit ein. Ich habe zerschossene Häuser und leidende Zivilisten am eigenen Leib erfahren "dürfen", und vielleicht ist das Spiel deswegen für mich besonders bewegend und belastend. Aber auch normale Spieler ohne diese prägenden Erlebnisse dürfen sich auf eine einschneidende Erfahrung einstellen, die sie mit diesem Spiel erwartet. Schon deswegen, weil die Entwickler es gut verstehen, dem Spieler den Spiegel vors Gesicht zu halten, ihn zu Entscheidungen zu zwingen, die in jedem Fall belastend sind. Und spätestens wenn ein Mitglied der Gruppe stirbt, zu dem man inzwischen eine gewisse Bindung aufgebaut hat...spätestens dann merkt man, dass dieses Spiel einem in den Kopf gekrochen ist.

Von mir gibt es neben einer klaren Kaufempfehlung auch noch ein Sonderlob für die Entwickler dieses Spiels. Den Jungs ist was ganz Besonderes gelungen: ein Spiel, das zu bewegen versteht, auf eine wirklich unerwartete und außergewöhnliche Art und Weise. Nur "Spaß" im eigentlichen Sinne des Wortes sollte man hier nicht erwarten.


Wertung
Pro und Kontra
  • Toller, dunkler Grafikstil
  • Umfangreiche Möglichkeiten
  • Erzählweise des Ganzen glaubwürdig
  • Bewegende Entscheidungen
  • Guter Preis (unter 20€)
  • Ziemlich schwer - nicht jedermanns Sache
  • Keine Sprachausgabe (wer's braucht)
  • 1 Absturz während der Testphase (ca. 12 Stunden bisher)
  • Kein wirkliches Tutorial

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(1)
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