Minecraft im Test - Eine Hymne auf die Kreativität

Ein Indie-Spiel zeigt den Branchengrößen, wie man klotzt, ohne zu kleckern: Der geniale Kreativbaukasten Minecraft ist 2010 der wahre Block-Buster. Wir haben uns die Alpha-Version angesehen.

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Wenn jedes Jahr seinen überraschenden Indie-Hit hat, 2008 sein Braid, 2009 sein Plants vs. Zombies, dann steht 2010 im Zeichen von Minecraft; und man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass dieses Download-Päckchen zwischen all den Call of Dutys, Gothics, Starcrafts das beste Spiel des Jahres ist. Das Kleinprojekt des Schweden Markus Persson wuchs durch Mundpropaganda zu einem respektablen Untergrund-Erfolg an, 750.000 Menschen haben für die unfertige Alpha-Version von Minecraft bislang 10 Euro ausgegeben. Die meisten, die den krude anmutende Klötzchen-Sandkasten ausprobieren, werden zu Missionaren: Sie tragen die Botschaft »Das müsst ihr ausprobieren!« in Foren, Blogs und Gespräche. Die Begeisterung entspringt der Freude darüber, etwas Wundervolles entdeckt zu haben. Und zwar nicht nur im Spiel, sondern durch das Spiel in einem selbst.

Minecraft - Screenshots ansehen

Computerspielen wird gewöhnlich abgesprochen, etwas zur Erkenntnis der Welt beizutragen, und man darf sich die Frage stellen: Was soll ich auch aus einem Call of Duty mitnehmen, wo meine Aufgabe ist, hundertfach Menschen zu erschießen? Aus einem Arcania, in dem ich mich durch Orkhorden schneide? Aus einem Starcraft 2, in dem ich Heere am Feind aufreibe?

Die Welt von Minecraft besteht ausschließlich aus quadratischen Blöcken, die das Spiel zu vielfältigen Landschaften auftürmt. Die Welt von Minecraft besteht ausschließlich aus quadratischen Blöcken, die das Spiel zu vielfältigen Landschaften auftürmt.

Computerspiele sind ein aktives Medium, anders als Bücher oder Filme, sie erfordern die Mitwirkung des Spielers. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Ein Film spult sich auch ohne meine Hirnleistung ab, ein Buch kann ich geistlos herunterlesen, aber Computerspiele setzen Mitdenken und Verstehen voraus, sonst gehen sie nicht weiter. Jedes Spiel ist in jeder Sekunde eine Lektion im Problemlösen. Was verlangen all die Top-Hits des Jahres vom Menschen vor dem Bildschirm? Ein Fadenkreuz auszurichten. Mit rhythmischen Mausklicks ein Schwert zu schwingen. Autos auszuweichen - es ist zum Heulen, wie jeden Tag Millionen Spieler ihren Geist öffnen, um dann damit beschäftigt zu werden, die Maus von links nach rechts zu schieben. Dabei sind gerade die Programme, die ihren Spielern etwas mehr zu trauen, als von A nach B zu laufen, die erfolgreichsten der Welt: Die Sims, das zum Gestalten anregt; Grand Theft Auto, in dem man in der offenen Welt experimentieren kann; World of Warcraft, das die Selbstorganisation von Gruppen fördert.

Robinson Crusoe im Legoland

Minecraft ist ein solches Spiel, und es ist von allen Aufgezählten das Kreativste, weil es seinen Spielern die wenigsten Vorgaben macht. Um genau zu sein: überhaupt keine. Minecraft ist geradezu frech wortkarg, es setzt einen allein und erklärungslos mitten in eine klobige Klötzchen-Landschaft. Kein Tutorial, keine Hilfetexte. Dann steht man da so rum und fragt sich, was man hier soll. Ziemlich schnell findet man heraus, dass man die dicken Quader, aus denen das Terrain besteht, kaputtmachen kann. Also buddelt man eine Schneise ins Terrain und ein Loch in den Boden, in das man hineinfällt und nicht mehr herauskommt. Bis einem einfällt, dass man sich ja eine Treppe aus dem Boden brechen kann, um wieder an die Oberfläche zu steigen. Die abgebauten Blöcke verschwinden nicht, sondern landen im Inventar, und sie lassen sich zurück ins Gelände stellen. So türmt man probeweise ein Podest auf, springt darauf und schaut sich um.

Aus seinen Blockbausteinen türmt Minecraft eine durchaus hübsche, überraschend vielfältige Landschaft auf: klobige Berge ragen in den Himmel (in dem, augenzwinkernd konsequent, eckige Wolken treiben und eine viereckige Sonne strahlt), Wälder säumen die Hügelketten, in den Wänden führen Höhlen hinab in dunkle Tiefen, denn der gesamte Boden ist durchzogen von Höhlen, durch die unterirdische Flüsse plätschern und Lavaströme wälzen. Über die Oberfläche ziehen Tierherden, in der Ferne locken neue Regionen: riesige Meere, Savannen, verschneite Bergkuppen, Sandwüsten mit Kakteen. Man fühlt sich wie Robinson Crusoe auf der einsamen Insel: Was mag hinter dem nächsten Hügel liegen? Welche Geheimnisse birgt diese farbenfrohe Welt? Genau wie in Robinson Crusoe geht es auch in Minecraft ums Überleben, denn nachts tauchen Monster in der Welt auf, die schutzlose Abenteurer zerfleischen. Wer überleben will, muss Vorkehrungen treffen, neugierig sein und lernen.

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