20 Jahre GameStar: Christian Schmidt - »Die Grande Dame des deutschen Spielejournalismus«

Die GameStar hat sich im Laufe der Zeit gewandelt, findet Ex-Redakteur Christian Schmidt, ist dabei aber vital und alterslos geblieben.

Auch nach 20 Jahren ist die GameStar für Christian Schmidt noch immer die »Grande Dame des deutschen Spielejournalismus«. Auch nach 20 Jahren ist die GameStar für Christian Schmidt noch immer die »Grande Dame des deutschen Spielejournalismus«.

20 Jahre sind für ein Medium, das es so recht erst seit 40 Jahren gibt, eine halbe Ewigkeit. Die Gründung der GameStar fiel in eine Zeit, in der die Redaktion kein Internet hatte, Pressemitteilungen als Fax kamen und Komplettlösungen auf Disketten eingesandt wurden; wo Flugsimulationen eine eigene Sektion im Heft besaßen, Rollenspiele siechten und Strategiespiele boomten.

GameStar begleitet seit damals nicht nur den Wandel der Computerspiele, sondern überlebt bis heute durch eigene Anpassungsfähigkeit. Das alte Flaggschiff mit seiner rigiden Form und strengen Sachlichkeit hat sich über die Jahrzehnte als manövrierfähiger erwiesen, als manche gedacht hätten, und erhält sich dennoch einen Teil der früheren Grandezza. Vor dieser Leistung ziehe ich den Hut.

Eine trockene Chronik seiner Epoche

Allein, bei aller schönen Erinnerung - die Zeit ist nicht gnädig mit der frühen GameStar. Wir waren damals überzeugt davon, Spitzenqualität zu produzieren, und im Kontext der deutschen Spielemagazine mag das sogar gestimmt haben. Aber GameStar war in seinen ersten Jahren kein Heft der Analyse und Einordnung, sondern der Beschreibung und Nacherzählung. Es ist eine trockene Chronik seiner Epoche. Wenn ich in den alten Heften blättere, finde ich kaum pointierte Urteile oder zeitgeschichtliche Erkenntnis. GameStar ist notorisch schlecht zitierbar, die Meinungskästen von damals dröge, die Kolumnen der Anfangsjahre oft lachhaft, meine eigenen eingeschlossen.


Über den Autoren:
Christian stieß im Mai 1998 zur GameStar und stieg im Laufe der Jahre zum stellvertretenden Chefredakteur auf. 2011 verließ er die Redaktion Richtung Spieleindustrie. Seit 2011 führt er mit Gunnar Lott Fachgespräche über alte Computerspiele im Podcast "Stay Forever".

Das GameStar-Modell des gründlichen Ratgebers hat sich seitdem überlebt. In den 20 Jahren seit 1997 ist die Spielebranche explodiert, und der Versuch, dieser auseinanderstrebenden Partikelwolke als Ganzes Form und Ordnung zu geben, ist irrsinnig geworden. Wir zogen damals als Redaktion Stärke aus der Klarheit unserer Aufgabe, einmal im Monat "die ganze Welt der PC-Spiele" zusammenzufassen. Es waren simplere Zeiten.

Heute braucht es den Spielejournalisten nicht mehr als Chronisten, sondern als Kommentator, Geschichtenerzähler und Reiseführer in einem unendlich komplexen Medium, dessen Sehenswürdigkeiten oft abseits der Hauptstraßen liegen. Es braucht ihn mehr denn je als sorgfältigen, geduldigen und unbestechlichen Sinnstifter, der in der Lage ist, Verbindungen zu ziehen, die Erkenntnis schaffen. Was er nicht sein muss, ist Entertainer. Das machen genügend Andere.

Eine journalistische Tragödie

Ich wünschte, ich könnte sagen, dass die GameStar diese Rolle erfüllt. Aber dazu lese ich sie - leider! - inzwischen zu wenig, denn meine Interaktion mit GameStar-Content hat sich auf den häppchenweisen Konsum reduziert, den die Social-Media-Posts, gifs, Clickbait-News, Kurzvideos und fragmentierten Textstrecken einem antrainieren. Dass alle Reports hinter der Paywall stecken, mag eine ökonomische Notwendigkeit sein, aber zugleich ist es eine journalistische Tragödie, denn es entzieht ausgerechnet die bedeutsamen, recherchierten Themen dem Diskurs.

Nichtsdestotrotz: GameStar, die Grande Dame des deutschen Spielejournalismus, erweist sich von eindrucksvoller Vitalität und Alterslosigkeit, und alle, die für sie arbeiten, dürfen sich glücklich schätzen; ich jedenfalls war es und bin es. GameStar hat mich bereichert und mich reifen lassen, und ich wünsche GameStar und ihrer Redaktion von Herzen das Gleiche.

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