Blizzard sperrt Hearthstone-Profi, der "Freiheit für Hongkong" fordert und löst gigantischen Shitstorm aus

Blizzard hat einen E-Sportler aus Hongkong für ein Jahr von allen Hearthstone-Turnieren ausgeschlossen, nachdem er in einem Livestream Freiheit für seine Heimat gefordert hatte. Unter dem Hashtag #BoycottBlizzard formt sich nun massiver Protest gegen den Publisher.

Der E-Sportler Blitzchung (rechts im Bild) protestiert mit Gasmaske, Skibrille und 8 chinesischen Worten für die Freiheit von Hongkong und wird dafür von Blizzard bestraft. Der E-Sportler Blitzchung (rechts im Bild) protestiert mit Gasmaske, Skibrille und 8 chinesischen Worten für die Freiheit von Hongkong und wird dafür von Blizzard bestraft.

Activision Blizzard ist aktuell Ziel eines gigantischen Shitstorms von wütenden Fans. Unter dem Hashtag #BoycottBlizzard rufen Hunderttausende Videospieler via Twitter und Reddit zum Protest gegen den Publisher von Spielen wie World of Warcraft, Overwatch oder Diablo 3 auf. Ausgelöst wurde diese Kritikwelle durch eine Sperre, die Blizzard gegen einen E-Sportler aus Hongkong verhängt hat, weil dieser in einem Livestream Freiheit für seine Heimat gefordert hatte.

Was genau ist passiert und warum wurde der E-Sportler gesperrt? Im Zentrum der aktuellen Diskussion steht der Heathstone-Profi Chung "Blitzchung" Ng Wai. Nach einem Sieg in bei den Asia Pacific Hearthstone Grandmasters am vergangenen Sonntag, dem 6. Oktober, wurde er in einem taiwanesischen Livestream von zwei Moderatoren interviewt und nutzte die Gelegenheit, um sich am Protest in seiner Heimat Hongkong zu beteiligen.

Hier gewinnt Blitzchung (unten links im Bild) gerade das Match 5 der Asia Pacific Hearthstone Grandmasters. Hier gewinnt Blitzchung (unten links im Bild) gerade das Match 5 der Asia Pacific Hearthstone Grandmasters.

Zum einen trug er während des Interviews eine Skibrille und eine Gasmaske, beides Symbole der Hongkong-Proteste, nachdem dort erst vor Kurzem das Tragen von Masken verboten wurde.

Noch entscheidender sind aber acht chinesische Worte, die Blitzchung im Livestream ausruft. Ins Deutsche übersetzt lauten sie: "Befreit Hongkong, die Revolution unserer Zeit!" Dieser Ausruf gilt als einer der Slogans der Proteste in der chinesischen Sonderverwaltungszone.

Worum geht es bei den Protesten in Hongkong?
Hongkong ist seit 1997 eine chinesische Sonderverwaltungszone. Das heißt, die Metropole mit 7,5 Millionen Einwohnern steht zwar unter der Staatshoheit der Volksrepublik China, aber anders als im Rest Chinas gelten dort immer noch Rechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Überbleibsel aus der Zeit als britische Kronkolonie. Seit Juni 2019 gibt es nun aber Massenproteste in Hongkong, bei denen regelmäßig Millionen von Menschen gegen die wachsende Einflussnahme der chinesischen Regierung auf die Straßen gehen. Aktuell kommt es täglich zu neuen Meldungen über Krawalle, Festnahmen und immer strengeren Maßnahmen der Polizei.

Während Blitzchung spricht, ducken sich die beiden Moderatoren unter ihren Tisch (warum, erklären wir gleich). Direkt danach wird der E-Sportler ausgeblendet. Der Livestream mit dem Interview wurde inzwischen offline genommen. Die E-Sport-Seite Inven Global hat den entsprechenden Clip allerdings via Twitter geteilt.

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Blizzard sperrt Blitzchung für ein Jahr

Das Problem an der Sache: Die offiziellen Regeln der Grandmasters verbieten solche Aktionen, deshalb hat Blizzard nun reagiert und gegenüber dem E-Sportler sowie den beiden Castern des Livestreams eine entsprechende Strafe ausgesprochen.

In einer Erklärung auf der offiziellen Hearthstone-Webseite verkündet Blizzard, dass Blitzchung ab dem 5. Oktober 2019 für 12 Monate von allen E-Sport-Turnieren in Hearthstone ausgeschlossen wird. Dementsprechend nimmt er auch nicht länger an den aktuellen Grandmasters teil und bekommt kein Preisgeld für seine bisherigen Erfolge (angeblich knapp 14.500 Euro).

Als Begründung für diese Entscheidung zitiert Blizzard die offiziellen Regeln der Hearthstone Grandmasters. Dort heißt es im Abschnitt 6.1:

"Die Beteiligung an einer Aktion, die einen nach Blizzards Ansicht, in öffentlichen Verruf bringt, Teile oder einzelne Gruppen der Öffentlichkeit beleidigt, oder in irgendeiner anderen Art und Weise dem Image von Blizzard schadet, führt zum Ausschluss von den Grandmasters und zur Kürzung der Preisgelder auf 0 US-Dollar."

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Von den beiden Castern, die Blitzchung in dem Livestream interviewt haben, trennt sich Blizzard ebenfalls mit sofortiger Wirkung. Offenbar haben die beiden gewusst, was der E-Sportler sagen würde. Denn bevor sie ihre Gesichter unter dem Tisch versteckt haben, hätten sie ihn aufgefordert, den Protestruf auf Mandarin auszusprechen: "Sag die acht Worte, dann beenden wir das Interview."

Blitzchung steht weiterhin zum Protest in Hongkong

In einem Statement gegenüber Inven Global erklärte Blitzchung am 7. Oktober (also noch vor seiner offiziellen Sperre), dass er sich mit der Aktion an den Protesten in Hongkong beteiligen wollte:

"Mein Ausruf im Stream war eine andere Form der Beteiligung an den Protesten, für die ich mehr Aufmerksamkeit generieren möchte. Ich habe in den letzten Monaten so viel Zeit und Mühe in diese Protestbewegung gesteckt, dass ich mich manchmal gar nicht auf die Vorbereitung für die Grandmasters-Matches konzentrieren konnte. Ich weiß, was meine Aktion im Stream bedeutet. Sie könnte mir eine Menge Ärger einhandeln, sogar für meine eigene Sicherheit im echten Leben. Aber ich denke, dass es meine Pflicht ist, etwas zu diesem Thema zu sagen."

Wenige Tage später wurde Blitzchung nun also tatsächlich bestraft und gesperrt. Eine Reaktion auf die Sperre hat der E-Sportler bislang noch nicht veröffentlicht. Dafür gibt es aber mehr als genug Feedback von der Blizzard-Community.

Fans protestieren mit #BoycottBlizzard

Auf Twitter und Reddit äußern Videospieler heftige Kritik an der Entscheidung von Blizzard, Blitzchung zu sperren und rufen sogar zum Boykott von Spielen wie WoW Classic und Overwatch auf.

In den Subreddits von Blizzard und Hearthstone sammelt sich ein ganzer Shitstorm und Threads zu dem Thema ernten zigtausende Likes für Kritik und Häme gegen den Spiele-Publisher. Auch in anderen Subreddits wie news, pcgaming, classicwow, Hongkong, technology, agedlikemilk, wird haufenweise Kritik geäußert und mit Daumen nach oben belohnt. Hier ein paar Beispiele:

Viele Kritiker wollen ihre Blizzard-Accounts kündigen und kritisieren den Publisher dafür, dass er den politischen Protest gegen China so hart sanktioniert. Activision Blizzard würde mit der Sperre vor allem wirtschaftlichen Interessen folgen, weil der chinesische Megakonzern Tencent immerhin fünf Prozent der Anteile des Publishers besitzt.

Die Gaming-Industrie ist übrigens nicht als einzige von derartigen Diskussionen betroffen. Vor Kurzem hat Daryl Morey, der Manager des NBA-Teams der Houston Rockets, via Twitter seine Solidarität für die Hongkong-Proteste ausgedrückt. Daraufhin hat Tencent die Übertragung der Basketball-Spiele der Rockets in China ausgesetzt.

Auch auf Twitter trendet der Hashtag #BlizzardBoycott selbst hier in Deutschland auf Platz drei der Twitter-Trends. Zum Thema Blizzard wurden in den letzten Tagen über 274.000 Tweets gesendet. Auch hier eine kleine Auswahl aus den kritischen Stimmen:

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Wir haben bei Blizzard auch nochmal ein Statement zur aktuellen Situation und zu ihrer Sperre gegen Blitzchung angefragt, wurden aber nur noch einmal auf die oben erwähnte Erklärung aus dem Hearthstone-Blog verwiesen. Wir behalten die Situation weiterhin im Auge und berichten, sobald sich etwas an der aktuellen Lage ändert.

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