Deutschland soll als Standort für Videospiele nicht länger hinterherhinken. Hiesige Entwickler wie auch Politiker sind sich zumindest bei diesem Thema einig. Anlässlich der Games Week Berlin stellte game, der Verband der deutschen Games-Branche, ein Förderkonzept vor, das den Startschuss für eine Aufholjagd einläuten könnte. Mit einem geplanten Fonds von zunächst 50 Millionen Euro soll die Entwicklerszene fit gespritzt werden und in den nächsten Jahren nachhaltig wachsen. Mittelfristig soll der Fonds sogar auf 100 Millionen Euro wachsen.
GameStar kontaktierte in den letzten Wochen die medienpolitischen Sprecher aller Bundestagsfraktionen und sammelte einige Stimmen zum Förderkonzept.
Hier findet ihr das komplette Förderkonzept des Deutschen Games-Fonds
Konkreterer Kulturtest gefordert
Ein Sprecher der Kulturstaatsministerin Monika Grütters von der CDU konnte unsere Fragen nicht beantworten. Aktuell befinde man sich in der Bundesregierung noch in Gesprächen darüber, welches Ressort die Zuständigkeit beim Thema Games-Förderung übernimmt. Dafür erklärte Simone Barrientos, für Die Linke Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien, dass ihre Partei Videospiele als Kultur-und Fördergut anerkenne.
Den Vorschlag einer automatisierten Förderung ohne einer ständigen Jury steht sie jedoch kritisch gegenüber und stört sich am lasch formulierten Kulturtest.
"Es sollten die angeführten kulturellen Bezüge deutlicher hervorgehoben und herausgearbeitet werden. Eine Andeutung wie beispielsweise der Bezug zu Persönlichkeiten der deutschen Geschichte reichen hier nicht aus."
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Die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Margit Stumpp, lässt ähnliche Töne anklingen. Spiele sind Kunst und sollten gefördert werden, dem 50-Millionen-Euro-Förderkonzept stimme sie in der derzeitigen Fassung jedoch nicht zu.
"Diskussionsbedarf besteht zum einen in der Höhe der Gesamtförderung als auch bei der Ausgestaltung der Förderhöhen einzelner Projekte und beim Kriterienkatalog zur Überprüfung der Förderfähigkeit. Denkbar wäre unter anderem auch die Höhe der Förderung von der Erfüllung der Kriterien abhängig zu machen."
EU-Formalien
Im Konzept des Deutschen Games-Fonds (DGF) ist, im Gegensatz zu lokalen Förderinstitutionen wie FFF Bayern oder dem Medienboard Berlin-Brandenburg, eine Jury nur bei Grenzfällen vorgesehen. Sie entscheidet dann darüber, ob das Fördergeld fließen darf. Wer die Voraussetzungen, etwa mindestens 17 von 32 Punkte im Kulturtest zu erreichen, erfüllt, soll automatisch Anspruch auf die Subvention erhalten. Dadurch sollen Entwickler ohne viel Bürokratiearbeit schnell auf die Gelder zugreifen können.
Dieser Kulturtest orientiert sich an bereits erprobten Fördermodellen aus Frankreich und Großbritannien. EU-Länder benötigen bei Fördertöpfen, die eine bestimmte Summe übersteigen, eine Genehmigung. Die Entscheidungsträger in Brüssel ließen sich in der Vergangenheit mit dem Kulturargument überzeugen. So müssen auch britische Entwickler, um von einer Steuergutschrift zu profitieren, einen »culture test« bestehen. Der Kulturtest im DGF würde es daher wohl leicht haben, den Segen der EU zu erhalten.
In der aktuellen Form ist der Kulturtest auch recht moderat gestaltet. Punkte gibt es sowohl dafür, wenn die Geschichte und die Charaktere die deutsche oder europäische Kultur wiederspiegeln. Um die Mindestpunktzahl zu erreichen, sind jedoch die inhaltlichen Kategorien gar nicht nötig. Sobald das Spiel mit deutschen Texten erscheint, sich der Entwicklersitz in Deutschland befindet und der Großteil der Mitarbeiter hier arbeitet, gilt der Kulturtest als bestanden.
FDP lehnt staatlichen Fond ab
FDP-Politiker Thomas Hacker sieht Videospiele ebenso als »Kulturgut, Bildungswerkzeug und Innovationstreiber«. Deutschland habe in den vergangenen Jahren als Produktionsstandort nur eine untergeordnete Rolle gespielt, die Liberalen wollen sich deswegen für verbesserte Rahmenbedingungen einsetzen.
Ein Games-Fonds ist ihrer Meinung nach aber nicht der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Man wolle stattdessen über »ein Venture-Capital-Gesetz und verbesserte Möglichkeiten zum Crowdfunding« eine Marktsituation schaffen, die es deutschen Entwicklern erlaubt, sich weiterzuentwickeln, ohne einer allzu umfassenden staatlichen Zuwendung.
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Die SPD betonte im Interview wiederum, dass ein Fonds genau der richtige Weg ist, um Deutschland wettbewerbsfähig zu machen. »An der genauen Ausgestaltung des Förderweges muss aber noch gearbeitet werden«, sagt Helge Lindh, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien. Die Förderrichtlinien müssten spezifiziert sowie die positiven Effekte für die Wirtschaft und den Bundeshaushalt benannt werden.
Im Kulturtest sieht Lindh bereits einen sehr guten Ansatz, um die Förderfähigkeit festzustellen. Die inhaltliche Ebene der Spiele dürfe aber nicht alleinig ausschlaggebend sein. »Wichtig ist aber, dass es nicht darum gehen kann, Kunden zu einer bestimmten Art von Spielen zu erziehen.«
Staat könnte finanziell von der Förderung profitieren
Im Förderkonzept wird auf die positive Hebelwirkung für den deutschen Fiskus eingegangen. Dazu übertrug der game-Verband Zahlen aus einer Studie zur Wirkung der französischen Videospielförderung auf Deutschland.
Laut der Studie setzte jeder Euro Fördergeld rund acht Euro an zusätzlichen Investitionen frei und generierte 1,80 Euro an Steuergeldern in Frankreich. Bei einem Förderfonds von 50 Millionen Euro würde das bedeuten: 400 Millionen zusätzliche Investitionen im Games-Sektor und 90 Millionen Steuer- und Sozialabgaben.
Um mehr Bedenkzeit hat die AfD geboten. Zum Thema Spieleförderung hat die Partei öffentlich bisher keine Stellung bezogen, möchte aber in absehbarer Zeit ein Statement folgen lassen.
Hinweis an alle Plus-Abonnenten: Wir arbeiten im Moment auch an einem zusätzlichen Bericht über Spieleförderung in Deutschland mit mehr Hintergrundinformationen. Dort werden weitere Politiker, aber auch Entwickler, Publisher und auch Förderinstitutionen zu Wort kommen und ihre Einschätzung abgeben.
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