Wenn Fußballinteressierte niederschmetternde Nationalelf-Tiefpunkte vergleichen, ist die Auswahl groß. Stuft man Uli Hoeneß' Elfmeter-Fehlschuss im EM-Finale 1976 höher ein als die Schmach von Cordoba zwei Jahre später? War bei der WM 1982 der Nichtangriffspakt von Gijon peinlicher oder das Jacketkronen-Zitat von Torwart-Rüpel Toni Schuhmacher, nachdem er im Halbfinale Patrick Battiston umgemäht hatte?
Doch das sind alles Kinkerlitzchen im Vergleich zu den Dreistigkeiten und Nullnummern, die Computerfußballspieler über die Jahrzehnte hinweg erdulden mussten.
In der Gegenwart übertrumpfen sich die Serien FIFA und Pro Evolution Soccer mit ständigen Verbesserungen ihrer ohnehin schon hohen Qualitätsstandards - gähn! Fußballsimulationen sind so berechenbar geworden wie das Meisterschafts-Abonnement des FC Bayern, doch einst war der Sportspielemarkt voller Überraschungen … wenn auch nicht unbedingt der angenehmen Art.
In der Heimcomputer-Ära vertraute mancher Publisher darauf, dass vom Fußballfieber übermannte Computerbesitzer allem nachlaufen, was kurze Hosen und einen Ball hat. Nahte ein WM-Turnier, sah die Marketingstrategie häufig so aus: Beim Programmierer um die Ecke schnell was zusammenschustern lassen und dann vielleicht einen klanghaften Namen draufklatschen. Reicht das Budget nicht für Lothar Matthäus, dann tut's auch Sean Dundee.
Willkommen in der goldenen Ära der Grottenkicks, als vernünftige Steuerung, plausibler Spielablauf und ansehnliche Grafik als überflüssiger Luxus angesehen wurden: GameStar präsentiert historische Blutgrätschen gegen den Spielspaß.
Report: Mit Hand und Fuß - Die Geschichte der (guten) Fußball-Videospiele
Der Autor
Heinrich Lenhardt berichtet seit 1984 über Computerspiele und hat neben legendären Klassikern auch so manches merkwürdige Machwerk erlebt. Seine Fußballlaufbahn begann in den Pixelstadien von Atari 2600 und Intellivision, bevor er seiner ersten großen C64-Liebe International Soccer begegnete. Heinrichs Heimatverein ist Eintracht Frankfurt (aber dafür kann er nichts).
Mit Lizenz, ohne Spiel
World Cup Carnival hat eigentlich alles: Die offizielle Lizenz für die Fußball-WM 1986. Eine hübsche große Schachtel, von der die Trophäe funkelt und Maskottchen Pique grinst. Einen Turnierfaltplan samt Fähnchenaufklebern, um Ergebnisse und KO-Runden-Paarungen einzutragen. Ein Poster mit allerlei WM-Trivia. Aber halt, haben wir da nicht etwas vergessen? Gehört in diese wirklich wunderschöne Schachtel nicht auch ein neues Computerspiel? Ein solches zu organisieren erweist sich für einen englischen Publisher als enormes Problem.
Bereits 1985 sichert sich U.S. Gold die Rechte, das erste offizielle Computerspiel zu einer Fußball-WM herauszubringen. Dummerweise wird daraus auch das schlechteste offizielle Computerspiel zu einer Fußball-WM. Nach den Kosten für Lizenz, Marketing und Packungsbeigaben bleibt ein überschaubares Budget übrig. Mit der Entwicklung werden Hinterhofprogrammierer beauftragt, die man sich wohl aus den Gelben Seiten herausgepickt hat.
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