Drakensang: Am Fluss der Zeit - Diskussion zur Regeltreue: Leser vs. Entwickler

Wie regeltreu ist Drakensang? Wie ernst nehmen die Entwickler die Vorgaben des Pen & Paper-Rollenspiels und welche Freiheiten erlauben sie sich? Wir haben einen spannenden Leserbrief zur Regeldiskussion erhalten. Was Radon Labs auf die Kritik entgegnet, lesen Sie in diesem Artikel.

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In der aktuellen Ausgabe von GameStar, die seit Mittwoch (25. März) am Kiosk ist, enthüllen wir exklusiv Drakensang: Am Fluss der Zeit, den Nachfolger zum erfolgreichsten deutschen Rollenspiel des letzten Jahres. Und schon entbrennt die erste Kontroverse: In einem Leserbrief kritisiert der GameStar-Leser Sebastian Vosloh die mangelnde Regeltreue von Drakensang, das auf dem Rollenspiel-System Das Schwarze Auge basiert.

Wir haben den Drakensang-Projektleiter um eine Stellungnahme gebeten. Die aufschlussreiche Debatte lesen Sie hier. Natürlich können Sie mitdiskutieren: Nutzen Sie dabei bitte Kommentierfunktion am Ende des Artikels.

Der Leserbrief, von Sebastian Vosloh:

Verschiedene Editionen der Das Schwarze Auge-Regelbücher (von 1984 bis heute) Verschiedene Editionen der Das Schwarze Auge-Regelbücher (von 1984 bis heute)

»Hallo, liebes GameStar-Team!

In eurem Bericht über Drakensang: Am Fluss der Zeit nahm ich besonders interessiert die Liste der Kritikpunkte am ersten Teil zur Kenntnis. Dabei vermisste ich sofort meinen persönlichen Hauptgrund, Drakensang im Händlerregal verstauben zu lassen, der unverständlicherweise bisher nicht einmal in Ansätzen zur Sprache gekommen ist: Die in Wahrheit kaum existente Umsetzung des lizenzierten Rollenspielsystems!

Stattdessen die Ankündigung, man wolle der 4. Edition des Regelwerks treu bleiben. Wie das, frage ich mich? Die grundlegendste Neuerung eben dieser Regeledition war die Einführung eines modularen Charaktergenerierungssystems, bei dem sich das Alter Ego aus Rasse, Kultur, Profession(en), Vor- und Nachteilen sowie Sonderfertigkeiten individuell zusammenbasteln lässt. Davon findet sich in Drakensang keine Spur, stattdessen wird man mit vorgefertigten Archetypen abgespeist, deren Ähnlichkeiten mit ihren papiernen Vorbildern überdies rein zufällig sind.

Beispiele gefällig? Der als Meisterhandwerker gehandelte Sappeur ist im Original eine Variante der Grundprofession »Soldat« und erhält eigentlich keine nennenswerte Boni auf handwerkliche Talente. Dafür gibt es aber sehr wohl die Profession des Hügelzwergischen Bastlers, von dem dieser Archetyp offenbar inspiriert ist, warum also hat man den dann nicht einfach verwendet?

Noch offensichtlicher der Metamagier: Nicht genug, dass dieser von seinen Zaubern her eigentlich besser »Totenbeschwörer« heißen müsste, in der Liste der in Drakensang implementierten Zauber taucht obendrein nur ein einziger metamagischer Spruch auf.

Von insgesamt über 200 Sonderfertigkeiten schafften es schließlich nicht einmal 40 ins Spiel, wovon sogar nur 25 wenigstens dem Namen nach der Vorlage entsprechen. Deren Wirkungsweise gleicht allerdings nur in wenigen Fällen zumindest ansatzweise dem Originalsystem, an das die (Kampf)Regeln in Drakensang ohnehin nur höchst rudimentär erinnern. Vor- und Nachteile sind sogar komplett der Schere zum Opfer gefallen.

Der Charakterbildschirm aus Das Schwarze Auge: Drakensang. Der Charakterbildschirm aus Das Schwarze Auge: Drakensang.

Tatsächliche Umsetzungen des Regelsystems von DSA kann man also mit der Lupe suchen. Und wie es aussieht, wird sich daran auch beim Nachfolger nichts ändern. Dabei hoffe ich etwa bei den angekündigten Mirakeln wenigstens auf einen bloßen Zitierfehler, denn was in der Preview unter diesem Namen erwähnt wird, sind Lithurgien. Mirakel hingegen sind kurzfristige »Talent-Buffs«. Leider traue ich es den Designern aufgrund der bisherigen Erfahrung durchaus zu, den Namen des einen Spielelements unbefangen für ein anderes zu verwenden, das zu allem Überfluss im Original nicht einmal existieren muss.

Ich gebe zu, das mag kleinlich und trotzig wirken, und ich bin mir auch durchaus der Tatsache bewusst, dass es bei der Umsetzung eines P&P-Systems in einem Computerspiel Anpassungen und Kürzungen geben muss (gerade bei einem eher sperrigen System, wie es DSA nun einmal ist). Trotzdem wage ich die Behauptung, dass Spiele wie Baldur's Gate oder Neverwinter Nights nicht einmal die Konzeptionsphase überdauert hätten, wenn sich Bioware als Lizenznehmer getraut hätte, Wizards of the Coast einen derart verstümmelten Rumpf ihres D&D-Regelwerks zu präsentieren.

Tut mir leid, Radon Labs, aber die Simulation eines W20-Wurfs lasse ich schlichtweg nicht als »Regelumsetzung« durchgehen, auch und gerade nicht beim zweiten Anlauf.«

Auf der zweiten Seite lesen Sie, wie Radon Labs auf diesen Brief geantwortet hat.

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