Das folgende Szenario kennen sicherlich einige Leser: Vor dem Ende der Vertragslaufzeit mit dem Internetprovider will oder muss man umziehen - und am neuen Wohnort ist der bisherige Provider gar nicht verfügbar. Es besteht also ein Sonderkündigungsrecht für unseren Vertrag mit einer Frist von drei Monaten. Aber ab wann gilt dieses Recht? Wie das Oberlandesgericht München kürzlich urteilte, erst ab dem Tag des Umzugs.
Telekommunikations-Gesetz nicht eindeutig
Wie Heise und die Süddeutsche Zeitung berichten, hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) zunächst vor dem Landgericht München gegen Vodafone Klage erhoben, weil man an der vertraglich festgelegten Sonderkündigungsfrist im Fall eines Umzugs Anstoß genommen hatte.
Kunden, die aufgrund eines Umzugs an ihrem neuen Wohnort nicht mehr die Möglichkeit haben, die Leistungen ihres Vodafone-Vertrags zu nutzen, müssen demnach trotzdem drei Monate nach dem Umzug weiter zahlen. Auf der Webseite von Vodafone heißt es zu diesem Thema, dass Kunden »mit einer Frist von 3 Monaten ab Umzugstermin den Vertrag außerordentlich [...] kündigen [können]. Die Frist beträgt 3 Monate (§ 46 Abs. 8 Satz 3 TKG) und beginnt mit [dem] Umzugstermin.«
Der vzbv hatte demgegenüber argumentiert, dass die Regelung im Telekommunikationsgesetz (TKG) zugunsten des Kunden interpretiert werden müsse: Dementsprechend habe die Frist nicht erst am Tag des Umzugs zu beginnen, sondern ab dem Datum des Zugangs der Kündigung bei Vodafone. Auch die Stiftung Warentest teilt die Auffassung des vzbv und schreibt auf der hauseigenen Webseite:
"Die Frist läuft ab Zugang der Kündigung beim Unternehmen. Kündigungsfristen sind dazu da, dass sich der Vertragspartner auf das Ende des Vertrags einstellen kann. Dafür kommt es auf die Kündigung und nicht den Umzug an."
In erster Instanz hatte der vzbv vor dem LG München Recht bekommen: Die Richter teilten die Auffassung der Verbraucherschützer und verurteilten Vodafone zur Unterlassung der genannten Klausel. Sie interpretierten den entsprechenden Paragraphen des TKGs zugunsten der Verbraucher. Vodafone ging gegen die Entscheidung in Berufung mit der Begründung, dass bislang nicht eindeutig geklärt sei, wie die entsprechende Vorschrift im Gesetz auszulegen sei.
Zur Information: § 46 Abs. 8 Satz 3 TKG besagt lediglich, dass der Verbraucher ein Recht hat, den Vertrag »mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats« zu kündigen, wenn die entsprechende »Leistung am neuen Wohnsitz nicht angeboten« wird - nicht aber, wann diese Frist beginnt.
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OLG München: Frist beginnt erst ab Tag des Umzugs
In zweiter Instanz hob das Oberlandesgericht München das Urteil allerdings wieder auf und gab Vodafone Recht: Der vorsitzende Richter Andreas Müller bezog sich bei der Urteilsbegründung auf die tatsächliche Gesetzesbegründung. Diese sieht vor, dass der genannte Paragraph einen »angemessenen und unbürokratischen Interessensausgleich« garantieren solle. Oder, wie es die Redaktion der Süddeutschen Zeitung formuliert: »Der Bürger hat ein Interesse, seinen unnütz gewordenen Vertrag loszuwerden, der Anbieter hat das Interesse, dass die vereinbarte Vertragsdauer eingehalten wird«.
Der Richter folgte außerdem der Argumentation seitens Vodafones, dass ein früherer Beginn der Kündigungsfrist eine Missbrauchsgefahr berge. Kunden könnten dann nämlich jederzeit, wenn sie nur an einen Umzug dächten, sich dieser aber noch nicht einmal in der tatsächlichen Planung befinde, eine Kündigung des Vertrags aussprechen. Der Anbieter, in diesem Fall also Vodafone, bliebe dann auf den Kosten sitzen.
Demzufolge urteilte das Gericht im Sinne Vodafones und erklärte den Fristbeginn erst ab dem Tag des Umzugs für zulässig. Eine Revision wurde nicht zugelassen, damit ist das Urteil rechtskräftig - einzig eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre noch möglich. Kunden müssen also künftig im Falle eines Wohnortwechsels ab dem Tag ihres Umzugs weitere drei Monate ihren Vertrag bezahlen, auch wenn sie die Leistungen des Vertrags gar nicht mehr beanspruchen können.
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