Um euch direkt mal die Butter vom Brot zu nehmen: Natürlich ist es affig, Star Wars als realistisch zu bezeichnen. Schließlich reden wir hier von einem Universum, in dem Raumschiffe im Vakuum des Alls in Flammen aufgehen, Superhelden-Mönche Dinge mithilfe ihrer Gedanken bewegen, in einer riesigen Galaxie wirklich jeder mit jedem verwandt ist und das Gute stets über das Böse triumphiert.
Unrealistisch, ich weiß. Für die Fortsetzung von Star Wars Jedi: Fallen Order würde ich mir trotzdem mehr Realismus. Nur eben nicht im Hinblick auf futuristische Sci-Fi-Technologien, der »Logik« hinter der Macht-Mythologie oder sonstige Story-Aspekte, die nun mal Bestandteil eines klassischen Star-Wars-Abenteuers sind. Die Macht darf gerne die Macht bleiben.
Was mich stört, ist vielmehr das unplausible Leveldesign eines Fallen Order sowie der Metroidvania-Aufbau der Spielwelten. Um das kurz zu illustrieren: Dauernd ende ich im Spiel in einer Sackgasse, reise auf einen anderen Planeten, um dort eine neue Machtfähigkeit lernen und damit wiederum die Sackgasse zu überwinden.
Also mache ich mich von all meinen Kompetenzen als Jedi-Ritter und der Macht Gebrauch, absolviere Hüpfpassagen und den obligatorischen Spießrutenlauf des Todes, nur um darauf festzustellen, dass mir irgendein 08/15-Sturmtruppler zuvor gekommen ist - und dann nicht einmal in der Lage ist, mich mit seinem Blasterfeuer zu treffen.
Der Autor: Die Macht ist mit Vali - das behauptet er zumindest immer. Seine Versuche, Kaffeetassen mit der Macht zu seinem Schreibtisch schweben zu lassen, enden regelmäßig in einer Sauerei. Deswegen ist die Redaktion recht froh darüber, dass Vali verboten wurde, im Büro mit seinem Lichtschwert zu »arbeiten«. Jetzt nervt er seine Kollegen nur noch im Zuge von 20-Minuten-Monologen damit, inwiefern aktuelle Star-Wars-Filme zur dunklen, aber -Comics und TV-Serien zur hellen Seite gehören.
Wie Fallen Order seiner eigenen Immersion schadet
Das Level-Design, die Platzierung von Gegnern und NPCs und der auf Metroidvania ausgerichtete Aufbau der Level biegt die Immersion von Jedi: Fallen Order für mich bis kurz zur Schmerzgrenze. Respawns Star Wars fühlt sich zu sehr wie ein Spiel an - und zu wenig wie ein plausibles Krieg-der-Sterne-Abenteuer.
Das führt dann eben dazu, dass ich das Abenteuer des Nachwuchs-Jedi Cal Kestis nicht mehr als plausible Geschichte wahrnehmen kann, sondern »nur« als Videospiel - mit Gegnern, die an willkürlichen und eigentlich unerreichbaren Orten spawnen, um darauf zu warten, vermöbelt zu werden. Wie sind sie dort hingekommen? Wie lang warten sie schon dort? Und vor allem: Wie kommen sie wieder nach Hause?
Natürlich: In der Lore von Star Wars kommen Personen und Alien-Getier nicht nur durch Rumgehüpfe voran. Es gibt mehr als genug Flug- und Fahrzeuge oder anderweitige Hilfsmittel, um an unerreichbar erscheinende Orte zu kommen. Schade finde ich jedoch, dass sich Jedi: Fallen Order nicht die Zeit nimmt, mir diese zu zeigen. Respawn Entertainment hätte es sich in dieser Hinsicht eigentlich recht einfach machen können: Zeigt mir einen Truppentransporter, der stetig neue Sturmtruppen ausspuckt oder Merryn, die auf Dathomir ihre Nachtbrüder durch Portale schubst.
Wo kommt die Alien-Ziege her?
Teilweise versucht sich Jedi: Fallen Order auch an einer Erklärung, wenn beispielsweise das Galaktische Imperium auf Zeffo beginnt, Bergbau zu betreiben und es unter der Führung der Zweiten Schwester schafft, Cal Kestis stets einen Schritt voraus zu sein. Und auch die verwinkelte Level-Architektur ergibt in großen Teilen Sinn, wenn man bedenkt, dass die uralten Bauten auf Zeffo teilweise ins sich selbst eingestürzt sind oder der Urwald von Kashyyyk so wächst, wie ein Urwald nun mal so wächst: wild.
Dass sich an beiden Orten das lokale Wildleben beziehungsweise Bewohner rumtummeln, kreide ich dem Spiel gar nicht an. Wundern muss ich mich allerdings, wenn ich eine Tausende von Jahren versiegelte Wand einreiße, hinter der ein quicklebendiger Alien-Bock nur darauf wartet, mich auf die Hörner zu nehmen.
Und auch beim Anblick der imperialen Fabriken und Konstruktionen beginne ich mich zu fragen, wer diese Architektur in Auftrag gegeben hat. Würde ich dort arbeiten, fände ich wahrscheinlich nie wieder den Ausgang, selbst mit der mäßig übersichtlichen Karte, die BD-1 mit sich rumschleppt.
Jedi: Fallen Order 2 muss konsequenter werden
Ja, ich jammere hier auf hohem Niveau und spreche aus der Perspektive eines Detail-Nerds. Aber die Spielerfahrung wurde mir durch diese unplausible Umgebungsgestaltung tatsächlich etwas vermiest.
Spiele haben sich in den letzten 30 Jahren schließlich weiterentwickelt. In einem Super Mario hat niemand nach der Logik einer 2D-Unterwasserwelt gefragt - doch 20 Jahre später kann ich solche Fragen an ein Fallen Order formulieren. Gerade weil das Spiel sich so sehr wie eine »realistische« Geschichte anfühlen könnte. Gerade weil es an so vielen Stellen so gut ist!
Star Wars Jedi illustriert in seiner Story und Inszenierung, dass Spiele heutzutage interaktive Erlebnisse sind, die sich hinter keinem anderen Erzählmedium verstecken müssen. Für Fallen Order 2 wünsche ich mir nur, dass Respawn diesen Ansatz noch konsequenter durchdenkt. Auch im Leveldesign.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.