Seite 5: Kopierschutz oder Tod - Industrie versus Spieler

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Die Gesetzeslage

Wie sich Raubkopien verbreiten: Geknackt von einigen Spezialisten, verbreitet über Erstverteiler, heruntergeladen von der breiten Masse. Wie sich Raubkopien verbreiten: Geknackt von einigen Spezialisten, verbreitet über Erstverteiler, heruntergeladen von der breiten Masse.

Wann Verbraucher Produkte kopieren dürfen und wann nicht, regelt in Deutschland das Gesetz über das Urheberrecht (UrhG). Computerprogramme werden darin in den sieben Abschnitten des§69 behandelt. Das Gesetz ist sperrig. Zwar regelt§69c, dass ausschließlich die Rechteinhaber (also zum Beispiel Spielefirmen) gestatten oder verbieten können, ob ihr Programm vervielfältigt werden darf. Allerdings räumt§69d ein, dass eine Sicherungskopie zulässig ist – aber nur, wenn die »für die Sicherung der künftigen Benutzung erforderlich ist.«§95a des UrhG verbietet, einen Kopierschutz zu umgehen, für Computerprogramme ist der Paragraph aber explizit außer Kraft gesetzt. Deshalb könnte das Knacken des Kopierschutzes für eine Sicherungskopie legitim sein – unter Rechtsexperten ist das umstritten. Klar ist, dass eine Sicherungskopie weder an einem zweiten PC verwendet noch weitergegeben werden darf. Weil die Sicherungskopie die einzige für Privatkunden relevante Ausnahme ist, die das Gesetz erwähnt, halten die Herstellerfirmen naturgemäß alles andere für verboten. Wer etwa einen No-CD-Crack benutzt, um ohne DVD im Laufwerk spielen zu können, macht sich strafbar. Wer Aktivierungseinschränkungen umgeht, ebenfalls. Weil§69f den Rechteinhabern die Handhabe gibt, alle rechtswidrigen Kopien vernichten zu lassen, rät der Medienrechtler Hoeren dringend von Cracks und Umgehungstricks ab: »Als Kunde nie zur Selbsthilfe greifen!«

Konsequenzen für Kopierer

Wer gar beim Raubkopieren erwischt wird, der muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Am 24. November verurteilte das Amtsgericht Würzburg etwa einen 32jährigen Aschaffenburger zu einer Strafe in Höhe von mehr als der Hälfte seines Jahresnettoeinkommens oder alternativ 200 Tagen Haft. Bei ihm waren unter anderem 74 kopierte Spiele gefunden worden. Auch in anderen europäischen Ländern verhängen Gerichte mitunter drakonische Maßnahmen; im August 2008 wurde die Engländerin Isabela Berwinska zu 16.000 Pfund (rund 20.000 Euro) Schadenersatz verurteilt, weil sie das Topware-Spiel Dream Pinball illegal heruntergeladen hatte.

697 Verfahren haben die Mitglieder der Gesellschaft für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) im Jahr 2007 wegen Software-Piraterie eingeleitet, 53% davon wurden gegen Bezahlung eines Bußgelds eingestellt. Die Zahl der Anklagen ist gering; das Risiko, als Nutzer von Raubkopien erwischt und verurteilt zu werden, bleibt für die Masse überschaubar, der Großteil der Strafen ist wenig schmerzhaft. Dennoch legen die Hersteller wert auf Musterprozesse, denn zu den Säulen im Kampf gegen die Raubkopien gehört die Abschreckung. »Finger weg von den Raubkopien unserer Titel, denn wir schauen dem nicht tatenlos zu!« – das sei das Signal, erklärt der Schweizer Logistep-Geschäftsführer Richard Schneider. Seine Firma hilft Spieleunternehmen dabei, die IP-Adressen von Schwarzkopierern in Tauschnetzwerken wie Bittorrent oder Emule ausfindig zu machen. Weil Internet-Provider seit dem 1. August 2008 Auskunft über ihre Nutzer geben müssen, lässt sich diese Zahlenkette auf diesem Weg einer Person zuordnen. Die geprellte Spielefirma kann dann Anzeige erstatten und Schadenersatz fordern – zusammen mit den Anwalts- und Gerichtskosten kommen so selbst in einfachen Fällen leicht mehrere hundert Euro zusammen, für Massenkopierer fallen die Strafen noch wesentlich höher aus. Zudem müssen ertappte Raubspieler damit rechnen, dass ihr Computer oder zumindest die Festplatte einbehalten werden.

Zu den Logistep-Kunden zählen offiziell Atari, The Games Company, Zuxxez und Deadalic; tatsächlich würden noch wesentlich mehr Spielefirmen die Dienste der Schweizer nutzen, sagt ein Insider. Praktisch alle großen Firmen gehen mit Abmahnungen und Schadensersatzklagen gegen Raubkopierer vor – nur sprechen mag darüber kaum einer. »Viele Firmen befürchten, dass das Verfolgen von Raubkopierern mit dem Stigma verbunden ist, man würde gegen die eigenen Verbraucher vorgehen«, vermutet der Logistep-Mann Schneider. Ein solches Stigma sei haltlos: »Raubkopierer sind keine Kunden, und es ist auch nicht zu erwarten, dass sie welche werden.«

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