Seite 8: Kopierschutz oder Tod - Industrie versus Spieler

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Knackpunkt Komfort

So weit ist es noch nicht. Für den Moment wünscht sich die Branche weiterhin, dass sich vor allem einer ändert: der Nutzer. »Meine Wunschvorstellung wäre, dass die Gamer erkennen, dass wir mit unheimlich viel Arbeit und Aufwand etwas erstellen, das letztendlich auch bezahlt werden muss«, plädiert der EA-Geschäftsführer Olaf Coenen. Und stellt fest: »Bei Raubkopierern gibt es kein Unrechtsbewusstsein.« »Den Leuten muss klar sein: Wenn keiner für ein Produkt zahlt, wird es das Produkt bald nicht mehr geben«, sagt Dirk Hassinger von Zuxxez. Solche Argumente sind sachlich richtig und einleuchtend. Aber sie gehen fundamental am Kern des Problems vorbei. Die Branche, so scheint es zuweilen, ignoriert, was Raubkopien so attraktiv macht: Sie sind bequem.

»Tauschbörsennutzer haben sich daran gewöhnt, dass sie dort alles finden, von jedem Hersteller, ohne großen Suchaufwand«, erklärt Christine Ehler von der GVU. »Dabei ist ihnen die Illegalität der Quelle oftmals egal.« Dass die Downloads zudem kostenlos sind, dürfte für viele eher zweitrangig bleiben. Was zählt, sind Komfort-Vorteile: Die Software in Tauschbörsen ist von Nutzungseinschränkungen befreit, die Netzwerke sind bestens bestückt, schnell, aktuell – und deshalb eine zentrale Anlaufstelle, deren Stärken man bald nicht mehr missen möchte. »Wenn sich die Leute erst einmal an eine Tauschbörse als Bezugskanal gewöhnt haben«, sagt Christine Ehlers, »dann ist es für die Wirtschaft ausgesprochen schwer, sie als zahlende Kunden zurückzugewinnen.«

Von der Musik lernen

Zweifellos ist illegales Kopieren kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Und unbestritten bleibt, dass Raubkopierer abgeschreckt und zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Aber die Spielefirmen müssen sich vorwerfen lassen, dass ihre eskalierende Kopierschutz-Politik vor allem einen Effekt hat: raubkopierte Versionen umso attraktiver erscheinen zu lassen.

Eine verwandte Branche, die Musikindustrie, hat diese Lektion vor einigen Jahren auf die harte Tour gelernt. Im Kampf gegen Raubkopierer setzte sie für ihre CDs auf komplizierte, störanfällige und restriktive Kopierschutz-Mechanismen, die einerseits unter den zahlenden Kunden gewaltige Proteste auslösten. Auf den Schwarzhandel andererseits hatte das Ganze nicht die geringste Auswirkung. Das änderte sich erst mit dem Erfolg von Apples Musikportal iTunes. Dessen Konzept: eine große Auswahl von Musikstücken in sauberer Tonqualität günstig, schnell und problemlos anzubieten. Als Resultat ist es für viele ehemalige Raubkopierer mittlerweile einfacher, einen Song mal eben bei iTunes herunterzuladen, als ihn mühsam in einer Tauschbörse zu suchen. Dabei mutet auch Apples Musikladen seinen Kunden einen restriktiven Kopierschutz zu – den aber viele leichter akzeptieren, weil sie die Vorteile des Online-Shops schätzen gelernt haben. Bei Konkurrenz-Plattformen bieten die vier weltgrößten Musikverlage ihre Lieder seit 2007 auch ohne Kopierschutz an.

Belohnen statt bestrafen

Es ist dieser Weg, sagen Experten, den die Spielebranche gehen müsste: Schranken abzubauen statt Stolperfallen auszulegen. »Das Ziel sollte sein, ehrliche Kunden zu belohnen«, sagt der Valve-Chef Gabe Newell (Half-Life 2). Das kann auf vielfältige Art und Weise funktionieren. Valves Online-Plattform Steam zum Beispiel gilt mittlerweile als Musterbeleg dafür, wie man Kunden durch ein reichhaltiges Angebot und bequeme Bedienung ködert – und das bezeichnenderweise trotz der Tatsache, dass die Rechtsgültigkeit der Kontenbindung in Deutschland hochgradig umstritten bleibt. Auf den Konsolen florieren Shopping-Kanäle wie Xbox Live Arcade oder der Playstation 3 Store, weil sie gut zugänglich sind und spannende Spiele enthalten. Die ersten Firmen gehen dazu über, registrierte Käufer ihrer Spiele durch regelmäßige Zusatz-Downloads zu belohnen. In manchen DVD-Boxen liegen exklusive Zugangscodes für die Betatests kommender Spiele-Hits. »Wir glauben fest an die Kraft des Bonus in der Verpackung, wie ihn zum Beispiel Limited Editions bieten. Mehr in der Hülle als nur eine DVD – so macht es Spaß, ein Spiel selbst zu besitzen, und zwar als Original«, sagt Claas Wolter von Drakensang-Publisher Dtp.

Spieler fühlen sich da am wohlsten, wo ihre Bedürfnisse ernst genommen werden. »Der Kunde hat immer Recht«, sagt der Crytek-Mann Bernd Diemer. »Das System, das es ihm am einfachsten macht, wird sich durchsetzen.«

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