Spiele ohne Gefühl
Wenn Erziehungsberechtigte oder Medien aus der Außenperspektive über Computergewalt berichten, spiegelt sich darin oft Entsetzen angesichts der Gefühllosigkeit, mit der die Spieler virtuelle Bluttaten ausführen. Was Zuschauer erschreckt, ist für Medienwissenschaftler wenig verwunderlich: Auf dem digitalen Schlachtfeld ist Einfühlungsvermögen weitgehend fehl am Platz. »Computerspiele sind Welten ohne Empathie«, beschreibt Jürgen Fritz, »sie ist weder notwendig noch sinnvoll; es geht um strategisch-taktische Entscheidungen, Regelmechanik, das Entwickeln von Handlungsmustern. « Aus dem gleichen Grund, aus dem Roger Federer für den Tennissieg kein Mitleid mit seinem Gegenüber haben darf, drücken auch Counterstrike-Spieler auf die Schusstaste. »Computerspiele fordern kein Mitleid mit dem Gegner, insofern fördern sie diese Fähigkeiten auch nicht«, erklärt Fritz. »Dies von den Computerspielen zu erwarten, würde an ihrem wesentlichen Gehalt vorbei gehen.« Andererseits erfordern vor allem Teamspiele wie Battlefield 1942 ein bestimmtes Maß an Einfühlungsgabe. »Empathie gegenüber menschlichen Gegnern bezieht sich auf das taktische Kalkül: Was plant mein Gegner? Wie kann ich mich sinnvoll darauf einstellen? Eine andere Form von Empathie wird gefordert, wenn ich in einem Clan gegen andere Clans antrete. Dann muss ich mich auch auf meine Clan-Mitglieder einstellen, um taktisch richtig handeln zu können. « Was in der echten Welt Leid und Tod zur Folge hat, verkehrt sich nach Meinung des Medienwissenschaftlers im abgeschotteten virtuellen Raum ins Positive: »Was nicht mehr Tod bringende, reale Welt ist, sondern als Virtualität inszeniert wird, erzeugt nicht mehr Angst, sondern Lust. Gewalt wird zur spannenden Unterhaltung, die in ihrer Verschränkung mit virtueller Macht, Herrschaft und Kontrolle gute Gefühle machen kann.«
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